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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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ich will mich nicht darum kümmern.«
    Er sieht mich ernst an, und ich weiß, dass er meint, was er sagt. Die Musik ist verstummt, das einzige Geräusch, was noch zu hören ist, stammt von den Zweigen, die gegen das Wohnzimmerfenster schlagen. Ich stehe von meinem Stuhl auf und gehe um den Tisch herum, ohne seine Hand loszulassen. Als er mich umarmt, frage ich mich, wieso wir uns so lange zurückgehalten haben.

     
    Später, als sein verschwitzter Körper auf mir liegt, kommen mir ganz andere Gedanken. Dunklere Gedanken. Ich denke, dass ich diesen jungen Körper verdient habe, diese festen Muskeln auf dem Rücken und am Po und die niemals versiegende Energie. Ich habe seine Anziehung verdient, seinen keuchenden Atem in meinem Ohr und seine Fürsorge für mich. So miserabel ist mein Leben in den letzten Jahren gewesen, dass ich ihn wirklich verdient habe, genau wie ein hart schuftender Arbeiter seinen Lohn oder ein Sportler seine Medaille verdient hat.
    Es ist früher Morgen, und das Schlafzimmer ist vom warmen Licht der Dämmerung erfüllt, ganz anders als die kalten, blauschwarzen Morgenstrahlen, die sonst durch die Gardinen hindurchzusickern pflegen. Ohne aus dem Fenster zu schauen, weiß ich, dass es geschneit hat. Nur Schnee kann die Farbe der Morgendämmerung im Spätherbst so verändern. Das Haus ist ganz still. Markus liegt neben mir im Bett. Er atmet fast lautlos, liegt reglos da. Ich kann sein Gesicht im klaren Licht erkennen. Da, wo das Kopfkissen sich an seine blasse Wange gedrückt hat, laufen hellrosa Linien quer übers Gesicht. Er sieht so ruhig aus, so anders, fast wie ein Kind.
    Mein Zimmer hat sich verändert. Ich habe seit mehr als einem Jahr hier allein gelebt. Niemand hat seitdem in meinem Bett mit mir geschlafen. Es war ein Zimmer, das ich mit meinen Erinnerungen an Stefan geteilt habe. Jetzt gibt es hier einen anderen Mann, der in meinem Bett schläft.
    Markus ist grundverschieden von Stefan, ein ganz anderer
Mann, aber nicht unbedingt der falsche Mann. Es gab eine Zeit, da glaubte ich, ich würde niemals wieder lieben können. Dass meine Liebe aufgebraucht wäre und ich jemand anderem nichts mehr zu geben hätte. Ich glaubte, meine Gefühle seien mit Stefan gestorben, zusammen mit seiner Asche im Gedächtnishain verstreut worden.
    Wir machen einen Spaziergang um die Bucht herum. Die ganze Zeit fallen große Schneeflocken auf uns herab. Die Bucht liegt offen da, das Wasser ist ruhig und schwarz. Die Bäume werden vom weißen Schnee bedeckt. Das ist schön, aber vergänglich. Wahrscheinlich wird der Schnee schon morgen fort sein. Ich gehe schweigend neben Markus her, denn ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich denke an Sara und die Tatsache, dass ihr Tod Markus in mein Leben geführt hat. Ist es erlaubt, sein Glück auf dem Tod eines anderen Menschen zu bauen? Ich weiß, dass der Gedanke irrational ist, trotzdem ist er da. Kann aus diesen schrecklichen Geschehnissen etwas Gutes entstehen – darf es das überhaupt? Markus scheint mein Gefühl wahrzunehmen, er schaut mich fragend an. Ich entscheide mich, nichts zu sagen, und er akzeptiert es.
    Der Gedanke, wie es wohl für einen Außenstehenden aussehen mag, kommt mir, ein verliebtes Paar, Hand in Hand, im Schneetreiben spazieren gehend. Ich spüre plötzlich ein heftiges Unbehagen, als würde uns jemand beobachten, und schaue mich suchend um, ob sich jemand versteckt und unsere Schritte verfolgt. Natürlich bemerkt Markus meinen Gefühlswandel, trotzdem wundere ich mich über seine Frage.
    »Spürst du das auch?«
    Sein Blick folgt den Silhouetten der Nadelbäume.
    »Ja. Da ist jemand.«
    Meine Antwort kommt unmittelbar, und plötzlich bin ich mir sicher, dass es stimmt. Keine Ahnung, was mich so sicher
macht, aber die Natur erscheint nicht länger unberührt. Vielleicht sind es die schwarzen Vögel, die plötzlich zwischen den Bäumen an meinem Haus auffliegen. Vielleicht ist es die Stille, die mit einem Mal weniger kompakt erscheint. Mir ist unheimlich zumute.
    »Wollen wir zurückgehen?«
    Ich drücke Markus’ Hand und spüre einen Druck als Antwort. Es ist fast ein Kilometer Fußweg zurück zu meinem Haus, und der Weg ist glatt vom Schnee. Es dauert länger als üblich. Wir gehen, so schnell wir können; ohne etwas zu sagen, helfen wir uns gegenseitig über Wurzeln und Eispfützen.
    Als wir an der Lichtung ankommen, auf der mein Haus liegt, werden wir langsamer. Ich betrachte das Haus, das aussieht, als hätte es Winterkleider angezogen;

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