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Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Therapie: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Insel gab es außer ihm keinen Arzt. Bei der Windstärke, die jetzt über das Meer fegte, würde selbst ein Helikopter der Bundeswehr nur im äußersten Notfall kommen. Und Viktor wusste nicht einmal, ob er tatsächlich ein Notfall war. Hatte Anna die Wahrheit gesagt? Oder hatte sie gelogen und ihn die letzten Tage schleichend vergiftet?
    So wie Charlotte? Oder Josy?
    Hätte sie dazu überhaupt die Gelegenheit gehabt? Viktor beschloss, die nächsten Stunden abzuwarten. Auf gar keinen Fall wollte er das Leben der Notärzte bei diesem Jahrhundertsturm riskieren. Vermutlich fanden die später heraus, dass sie nur wegen einer simplen Erkältung durch einen Orkan geflogen waren. Und zum Glück hatte er genug Kohle- und andere Entgiftungstabletten dabei, die er zusammen mit starken Antibiotika vorsorglich einnahm.

    Später dachte Viktor, dass sein körperlicher Ausnahmezustand vielleicht genau die richtige Verfassung gewesen war, um die schreckliche Nachricht von Halberstaedt entgegenzunehmen. Die Krankheit und die Nebenwirkungen der Medikamente hatten seinen Verstand so sehr vernebelt, dass er gar nicht in der Lage gewesen war, angemessen auf das Bild des Todes zu reagieren, das er auf seiner Veranda zu sehen bekam.
    »Tut mir Leid, Doktor«, sagte der Bürgermeister. Er hielt eine schwarze Schiebermütze mit beiden Händen fest und ließ sie im Kreis herum durch seine Finger wandern.
    Viktor stolperte leicht, als er sich nach unten zu seinem toten Hund beugte.
    »Ich hab Sindbad hinter dem ›Ankerhof‹ neben einer Mülltonne gefunden.«
    Die Worte hörte Viktor gedämpft wie durch einen schweren Theatervorhang. Er bückte sich, streichelte sanft die Überreste seines Golden Retrievers. Auch für einen Laien war sofort zu erkennen, dass jemand das Tier zu Tode gequält hatte. Zwei Läufe, der Kiefer und wahrscheinlich auch das Rückgrat waren gebrochen.
    »Sie wissen, wer dort wohnt?«
    »Was?« Viktor wischte sich die Tränen aus den Augen, während er zum Bürgermeister hochblickte. Sindbad war außerdem stranguliert worden. Eine Angelschnur hatte sich tief durch sein Fell in Hals und Nacken gegraben.
    »Sie. Die Frau. Sie wohnt im ›Ankerhof‹. Und wenn Sie mich fragen, hat sie das auch getan.«
    Im ersten Impuls wollte Viktor ihm zustimmen. Ihn bitten zu warten, damit er die Waffe holen konnte, um sie zu erschießen. Doch sofort zwang er sich wieder zur Vernunft.
    »Hören Sie, ich kann jetzt nicht reden. Schon gar nicht über das Verhalten meiner Patientin.«
    Die ist nicht koscher. Angelschnur.
    »Ist sie denn noch Ihre Patientin? Wie ich gesehen habe, lief sie völlig aufgebracht und weinend aus Ihrem Haus zum Ort zurück.«
    »Auch das geht Sie gar nichts an«, regte sich Viktor mit immer brüchiger werdender Stimme auf.
    Halberstaedt hob die Hände.
    »Alles klar, Doktor. Immer mit der Ruhe. Übrigens, Sie sehen gar nicht gut aus.«
    »Ach? Wundert Sie das?«
    »Ich mein ja nur. Selbst für einen, dessen Hund ermordet wurde. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Nein.« Viktor wandte sich wieder dem geschundenen Tier zu. Erst jetzt sah er die Einstiche in der Bauchdecke. Sie waren tief.
    Wie mit einem Tranchiermesser.
    »Das heißt, ja. Sie können doch etwas tun.« Viktor stand auf. »Könnten Sie Sindbad begraben? Ich schaff das nicht.« Weder psychisch noch physisch.
    »Kein Problem.« Halberstaedt setzte sich seine Schiebermütze auf und tippte mit seinem Zeigefinger an die Krempe. »Ich weiß ja, wo die Schaufel steht, Doktor.« Er sah nach hinten zum Geräteschuppen.
    »Aber bevor ich das tue, gibt es noch etwas, das ich Ihnen zeigen muss. Vielleicht begreifen Sie ja dann den Ernst der Lage.«
    »Was denn?«
    »Hier.« Halberstaedt gab Viktor einen blutverschmierten grünlichen Zettel. »Das steckte in Sindbads Maul, als ich ihn fand.«
    Viktor strich das Papier glatt.
    »Ist das etwa ein …?«
    »Ja. Ein Kontoauszug. Wenn ich mich nicht irre, gehört der Ihnen.«
    Viktor rieb in der rechten oberen Ecke etwas Blut weg und sah tatsächlich den Namen seiner Hausbank. Das hier war ein Auszug seines Festgeldkontos, auf dem er mit Isabell die Familienersparnisse deponierte.
    »Werfen Sie mal einen Blick darauf«, riet ihm Halberstaedt.
    Links oben standen das Datum und die Nummer des Auszugs.
    »Das ist ja heute!«
    »So ist es.«
    »Wie kann das sein«?, fragte sich Viktor. Von dieser Bank gab es auf der Insel keinen Kontoauszugsdrucker. Aber wirkliche Panik packte ihn erst, als er sich den Kontostand

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