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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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erkennen, dass auch sie ein erhebliches Tempo an den Tag legte. Sie rannte, als wenn ihr der Teufel im Nacken saß.
    Mittlerweile war es dunkel geworden, und es hatte wieder leicht zu regnen begonnen. James hatte nicht wirklich Lust, in einer wildfremden Stadt bei Nacht und Nebel einer ebenso wildfremden Frau nach zu hasten. Doch erstens gebot ihm das seine gute Erziehung und zweitens war da erneut das Gefühl, sie besser kennenlernen zu wollen. Trotz oder gerade deswegen, was er eben unfreiwillig über sie erfahren hatte.
    Amelie lief in Richtung Stadtmitte, hatte aber scheinbar Mühe, auf dem mittelalterlichen Kopfsteinpflaster in den Ballerinas, die sie trug, das Tempo zu halten. Mehrfach kam sie ins Stolpern und konnte sich nur mit Ach und Krach wieder auffangen. Noch vor dem Ende der Straße hatte James sie eingeholt, fasste sie am Arm und riss sie herum.
    »Großer Gott, Amelie, bleiben Sie doch endlich stehen!« keuchte er und rang nach Luft.
    Ihre Blicke trafen sich und er zuckte zusammen. Darauf war er nicht gefasst gewesen. In ihren Augen, in ihrem Gesicht spiegelte sich ein unsagbarer Schmerz. Kalte Schauer erfassten ihn. Ihre Angst, ihre Verzweiflung war beinahe mit den Händen greifbar. Tränen kullerten unaufhörlich über ihre bleichen und jetzt hohl wirkenden Wangen, und aus ihrer Kehle drangen erstickte Schluchzer. Ein Bild vollkommenden Elends, das sich ihm hier bot. Instinktiv zog James das Mädchen in seine Arme, drückte sie an seine Brust und ließ sie weinen. Nach einer Weile, als sie sich ein wenig beruhigt hatte, nahm er ihre Hand und zog sie in eine Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe. Das grelle Licht einer Straßenlaterne strahlte sie an und machte die Szenerie noch ein bisschen gespenstischer, als sie sowieso schon war.
    Der Amerikaner setzte sich auf eine Bank und zog die junge Frau neben sich. »Alles wieder gut?«, wollte er leise wissen. Amelie schniefte und zog aus ihrer Hosentasche ein zerknittertes Taschentuch.
    »Ja, danke«, antwortete sie mit zittriger Stimme und schnäuzte lautstark in das Tempo.
    Die nächsten, quälend langen Minuten schwiegen die beiden, einzig das bedächtige Plätschern der Regentropfen auf dem Dach der Bushaltestelle und einige wenige vorbeifahrende Autos störten die Stille.
    »Wollen Sie darüber reden?«, fragte James schließlich.
    »Nein!«, erwiderte Amelie knapp.
    »Warum haben Sie das getan?«, bohrte der dunkelhaarige Mann weiter nach und tat so, als wenn er ihre Antwort überhört hätte.
    »Das geht sie einen feuchten Dreck an, und außerdem habe ich gesagt, dass ich nicht darüber reden will!«, schnauzte ihn das Mädchen aufgebracht an.
    Dem Himmel sei Dank, Miss Nervensäge is back!
    James konnte nicht anders und grinste sie provozierend an, worauf sie ihn mit giftigen Blicken traktierte. Des lieben Friedens wegen hob er seine Hände. »Ist ja gut, junges Fräulein, ich ergebe mich. Was halten Sie davon, wenn wir uns ein gemütliches Etablissement suchen und einen kleinen Umtrunk zu uns nehmen? Wir könnten reden, ….äääh, also nicht darüber. Über irgendetwas, wozu Sie Lust haben, wir wäre das?«
    Die Rothaarige, die trotz ihres ruppigen Auftretens noch immer ein wenig mitgenommen wirkte, schüttelte ungläubig mit dem Kopf. »Etablissement? Umtrunk? Herrje, Prescott, ziehen Sie sich endlich mal den Stock aus dem Arsch. So redet doch heute kein Mensch mehr. Sie wollen ein Bier trinken? Also gut, kommen Sie!«
    Die Kleine sprang auf, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte davon. Irritiert folgte James ihr. Zum einen, weil es scheinbar schon wieder Verständigungsschwierigkeiten zwischen ihnen gab, dabei war er der Meinung, dass er die deutsche Sprache eigentlich perfekt beherrschte. Was dann doch wohl ein Irrtum war, denn er hatte keine Ahnung, warum sie auf die Idee kam, dass er einen Stock in seinem…. 
    Äääh, also wirklich!
    Er musste dringend mit seiner Mutter sprechen, soviel war klar. Was ihn aber weit mehr verdutzte, war ihr erneuter Stimmungsumschwung, der radikaler gar nicht hätte sein können. Noch vor fünf Minuten war sie ein wimmerndes Häufchen Elend in seinen Armen gewesen, eine nachvollziehbare Reaktion auf den Umstand, dass ihr schreckliches Geheimnis gelüftet worden war. Doch dann drückte sie einfach so einen imaginären Schalter, und im Handumdrehen stand wieder die kampflustige und rotzfreche Amelie Johannson vor ihm. Nicht mit mir! , schwor James sich insgeheim und trabte hurtig hinter ihr her. Er

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