Die Tiefe einer Seele
Dich daran, mein lieber Ruben, dass unser Vater damals um ein Haar gestorben wäre? Weil er sich wegen Liam so sehr gegrämt hat, aber auch vor lauter Sorge um PP? Deine neuerdings so heißgeliebte Anabel hat in dieser Zeit nur Hass und Zwietracht gesät. Einer Zeit, in der eine Familie in allergrößter Not und Trauer war. In Trauer um ein kleines, unschuldiges Kind, das auf schreckliche Weise sterben musste. Wenn so etwas geschieht, dann sollte man doch näher zusammenrücken, zusammenhalten, sich den Rücken stärken. Nichts davon hat sie getan, im Gegenteil, und das Ruben Mortimer Prescott kann und will ich ihr nicht verzeihen. Niemals!«
»Es war damals eine Ausnahmesituation, auch für sie«, verteidigte Ruben seine große Liebe. »Sie hatte ihren Sohn verloren, ihr Vater den Enkel. Sie konnten ihre Trauer eben nicht anders in den Griff bekommen, als sie in Wut und Hass umzumünzen.«
»Pah!«, erwiderte seine Schwester bissig. »Hat diese Schlange Dir das erzählt? Sie hat ihre angebliche Trauer nicht nur in Wut und Hass umgemünzt, zugleich hat sie sie praktischerweise noch vergoldet. Mit fünf Millionen Dollar, einem ganz beträchtlichen Teil von James‘ Erbe. Und jetzt will sie scheinbar auch an Deines. Ist das immer noch eine Art von Trauer? Falls ja, ist das immerhin eine lukrative, das muss man ihr lassen.«
»Erin, komm, hör endlich auf«, kam James seinem Bruder zu Hilfe. »Wenn überhaupt, dann hätte ich ja wohl die meisten Gründe, Anabel zu verdammen. Aber das möchte ich nicht, denn was nutzt es, diese negativen Gedanken ständig mit sich herumzutragen. Richtig, nichts! Erst recht nicht, wo es so aussieht, dass meine Exfrau wieder ein Teil unserer Familie werden könnte. Wollen wir uns jetzt deswegen auf alle Zeit zerstreiten? Nein, bitte nicht. Wir sind doch eine Einheit, und so soll und muss es auch bleiben.«
Erin seufzte. »Ich hab’s gesagt, dieser Typ ist einfach zu gut für diese Welt. Nun gut, ich gebe ja schon Ruhe, zumindest im Moment, aber ich kann nicht garantieren, dass sich meine Gefühle dieser Frau gegenüber jemals in gesellschaftsfähige verwandeln werden. Zu viel hat sie durcheinandergebracht, zu viel zerstört. Ich bewundere Dich James, dass Du das mittlerweile so entspannt siehst. Muss wohl an diesem Mädchen liegen…..« Peinlich berührt verstummte sie.
»Mädchen?«, fragte Silvia Prescott verdutzt, aber hocherfreut nach und dimmte ihre körpereigene Weihnachtsbeleuchtung wieder hoch. »Was für ein Mädchen?«
»Doch nicht die, die sich umbringen wollte?«, warf Bill voller Skepsis ein.
»Umbringen?«, rief Ruben entsetzt aus.
»Umbringen?«, echote seine Mutter nicht minder erschüttert.
James schenkte seiner Schwester einen Blick, der durchaus signalisierte, dass hier jemand den Wunsch verspürte, die Haut des anderen bei lebendigem Leibe abzuziehen. Selbigen fing sich William B. Prescott V. ein. Der schwule Bill, sonst die Sensibilität in Person, heute hingegen eher als Orkan im Wasserglas unterwegs.
»Antworte James, was hat es mit diesem Mädchen auf sich?« Silvia Prescott ließ wenig Zweifel daran, dass sie ein Ausweichen seinerseits unter keinen Umständen dulden würde.
Nervös fuhr er sich durch die Haare. »Ja, ist ja schon gut, Mom! Reg Dich nicht auf! Erin hat recht, ich habe in Deutschland eine junge Frau kennengelernt und ich, …..nun, ich habe mich in sie verliebt. Genauso stimmt es, was Bill sagt. Sie hatte Probleme in der Vergangenheit, aber nichts, was man nicht in den Griff bekommen könnte. Das heißt, wenn sie jemals wieder mit mir redet. Ich bin nämlich nicht, wie meine kleine Schwester Erin behauptet, zu gut für diese Welt, sondern ab und an ein regelrechter Stinkstiefel. Ohne es zu wollen, verletzte ich Amelie, so heißt sie. Habe ihr weh getan, obwohl ich versprochen hatte, genau das nicht zu tun. Sie hat mir wegen PP ins Gewissen geredet, und ich bestand weiterhin stur auf meine Entscheidung gegen die Firma, warf ihr schreckliche Dinge an den Kopf. Jetzt ignoriert sie mich, und das macht mich ehrlich gesagt wahnsinnig. Tja, und da bin ich auch schon bei dem, was ich Euch heute noch mitteilen möchte. Wie gesagt, ich werde in die Konzernführung einsteigen. Doch vorher fliege ich zurück nach Deutschland. Weil ich mit Amy reden muss. Persönlich und unter vier Augen. Ich hoffe inständig, dass sie mir verzeiht und genauso wünsche ich mir, dass sie sich entschließen könnte, ihr Studium in den Staaten weiterzuführen. Hier, bei
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