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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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ein Stoßgebet zu seinem Herrn, dass er die richtigen Antworten parat haben würde. Für sein Mädchen. Für seine Amelie.
    »Aber nur, wenn ich Dich nicht störe, ja?« Ihrer zittrigen Stimme entnahm er, dass dieser Schritt, nämlich den Vater um Hilfe zu bitten, auch für sie beinahe unfassbar war. Vor allem unfassbar schwer. Als hätte sie die Arktis zu durchqueren, als müsste sie die Niagarafälle hinunter und das in einem harten, unerbittlichen Holzfass, in dem ihr jeden Moment die Zertrümmerung aller Gliedmaßen drohte.
    »Jetzt komm schon rein, Liebes«, sagte der Pastor und musste sich wundern, wie selbstbewusst und in sich ruhend er klang, obwohl sein Innerstes doch augenblicklich eher einem Minenfeld glich, so aufgewühlt war er.
    Tatsächlich kam sie näher, wenn auch zögernd und äußerst wachsam. Sie machte keinen Anschein, sich setzen zu wollen, blieb einfach vor dem Schreibtisch des Vaters stehen. Knetete nervös ihre Hände, starrte angestrengt an ihm vorbei durch das Fenster hinaus in die Ferne. Auf die Weite der Nordsee, die gemächlich der Ebbe entsagte und sich zurückmeldete aus ihrem kurzen Schlaf.
    »Was hast Du denn auf dem Herzen, Amelie?«, machte Egidius einen neuen Ansatz und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, den sie nach einem erneuten Zögern schließlich doch nahm.
    »Papa…..«, begann sie stockend. »Es ist so……also…..ich habe da jemand kennengelernt.«
    Ihrem Vater stockte der Atem, und mit großen Augen sah er sie an. Wenn sie das so sagte, auf diese Art und Weise, dann konnte das doch nur eins bedeuten.
    »Mmm, Du meinst, Du hast einen Mann kennengelernt«, stellte er heiser fest.
    Amelie nickte stumm und schaute verlegen zu Boden. Egidius entgegen versuchte gerade ziemlich erfolglos jenes Gefühl zu unterdrücken, das wohl jeden Vater durchströmte, wenn ein anderer Mann im Leben der Tochter eine Rolle zu spielen begann. Doch er zwang sich, das Gute daran zu sehen. Vielleicht würde Amelie durch diese Bekanntschaft….? Nein, er erlaubte es sich nicht, hier jetzt schon mehr hineinzuinterpretieren. Am Ende war es möglicherweise nur ein Strohfeuer, das schneller aufgebrannt war, als man gucken konnte. Und überhaupt, falls dieser Mann der Grund für ihre düstere Stimmung war, war es dann nicht doch besser….?«
    »Ja, ich habe einen Mann kennengelernt«, unterbrach Amelie seine Gedanken. »Er ist Deutsch-Amerikaner und er heißt James.«
    »Also James!«, wiederholte ihr Vater und ignorierte das nagende Gefühl der Eifersucht. »Bist Du verliebt in ihn?«
    Seine Tochter blickte ihn mit aufgerissenen Augen an. Ihre rote Mähne, die durch das raue Wetter am heutigen Tage noch etwas wilder geworden war, rahmte ihr zartes, weißes Gesicht ein und ließ es im fahlen Licht des Arbeitszimmers ein Stück weit gespenstisch aussehen, aber auch wunderschön.
    »Ja«, flüsterte sie atemlos. »Ich habe mich in ihn verliebt.«
    Egidius brauchte einen kurzen Moment um das zu verdauen, doch flugs hatte er sich wieder im Griff. »Und er? Empfindet er dasselbe?«
    Seine Tochter nickte schüchtern, und ihre Antwort wurde durch das Aufleuchten ihrer grünen Augen nochmals untermauert.
    »Er ist also auch verliebt in Dich. Und warum kommst Du dann zu mir? Gibt es ein Problem?«
    Wieder nickte Amelie.
    »Hat es, ……hat es etwas mit Deiner Krankheit zu tun?«
    Diesmal schüttelte sie energisch mit dem Kopf, senkte aber den Blick zu Boden.
    »Amelie, schau mich an!«, forderte Egidius sie scharf auf. »Er kennt Deine Probleme doch, oder?«
    »Äääh, ja«, antworte sie verhalten. »Er weiß, dass ich nicht mehr leben wollte.«
    »Und deswegen hat er einen Rückzieher gemacht?«
    »Nein, das hat er nicht, Papa. James ist nicht so, wirklich nicht.«
    »Ach ja? Wie ist er dann? Irgendetwas muss er doch verbrochen haben, dass meine Tochter heute wie »Sieben-Tage-Regenwetter« durch das Haus wandelt. Also, heraus mit der Sprache!«
    Amelie seufzte tief. Dann aber begann sie, zu sprechen. Sie sagte ihrem Vater alles. Wie James und sie sich kennengelernt hatten, ihre gemeinsamen Interessen entdeckt, und wie sie kurzfristig eine Zusammenarbeit vereinbart hatten. Sie erzählte ihm von der Zeit in Berlin. Von der gegenseitigen Zuneigung, und dass James sie, bevor er überstürzt abreisen musste, geküsst hatte, was Egidius erneut ein Zwicken in Bauchgegend bescherte. Dann berichtete sie, was sie in der Nacht über James und seine Familie herausgefunden hatte und auch, dass sein Sohn

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