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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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die qualvolle Stille der letzten Tage gebracht. Genauso wenig wie ich gut für Dich wäre, bist Du es für mich. Dieses Wissen geht so weit in die Tiefe, dass mein Körper sich vehement gegen eine Kontaktaufnahme mit Dir gesträubt hat. Vorgestern, als ich Dich zum ersten Mal nach unserem Streit angerufen habe, glaubte ich vor Schmerz zu vergehen. Alles tat mir weh, ich konnte kaum atmen, so intensiv war das.
    Vermutlich war das ein Zeichen. Nein, das war sogar ganz sicher ein Zeichen. Ich darf mich nicht auf Dich einlassen, so gerne ich das auch tun würde. Ja, ich habe Gefühle für Dich, James, doch wenn ich zulassen würde, dass sie sich vertiefen, würde ich mich meinem eigenen Untergang preisgeben. Denn eins darf unter keinen Umständen geschehen, nämlich, dass ich mich noch weiter verletzbar mache. Eine Beziehung mit Dir würde aber das unwiderruflich zur Folge haben, daher ist unsere kleine Auseinandersetzung genau zur richtigen Zeit gekommen. Hat das alles beendet, bevor es überhaupt erst angefangen hatte. Gut so!
    Trotzdem möchte ich Dir versichern, dass es mir leid tut, wenn ich Dir zu nahe getreten bin. Ich hätte mich unter keinen Umständen in Deine Angelegenheiten mischen dürfen, und natürlich hast Du recht, im Grunde genommen kenne ich Dich ja gar nicht. Bitte verzeih mir meine unüberlegten Worte. Es war die ganze Situation, das Wissen um Deinen unfassbaren Verlust, das mich so unbedacht hat sprechen lassen. Ich wollte das Beste für Dich, doch ich sehe ein, dass es mir überhaupt gar nicht zusteht, besser gesagt, dass ich es mir nicht anmaßen sollte, genau dieses zu wollen. Weil es für mich letztendlich gar nicht greifbar ist, was genau das Beste für Dich ist. Nur Du allein kannst das wissen.
    Für die Zukunft wünsche ich Dir das, was Du Dir selbst ersehnst. Vor allem aber, dass Du eines Tages wieder glücklich und unbeschwert durchs Leben gehen kannst, und das genauso, wie Du es Dir vorstellst und erträumst.
    Dann werde ich mich also jetzt verabschieden. Und zwar für immer, und das ist mein völliger Ernst. Tu mir und auch Dir einen Gefallen und versuche nicht, mich erneut zu kontaktieren, weil Dich eventuell Dein schlechtes Gewissen quält. Du brauchst Dir wirklich keinen Kopf zu machen. Ich bin ein großes Mädchen, und ich werde lernen, mit dieser Situation umzugehen. Schreib den Reiseführer unbedingt fertig, ja? Es ist so wichtig, die Erinnerung an all diese schlimmen Dinge aufrechtzuerhalten. Die Erinnerung an mich solltest Du hingegen so schnell wie möglich aus Deinem Kopf verbannen, umgekehrt werde ich es auch versuchen.
    Du bist ein sehr besonderer Mensch, James Prescott, es war schön, Dich kennenlernen zu dürfen.
     
    Leb wohl.
     
    Amelie
     
    Eigentlich hatte sie erwartet gehabt, dass sie in einem Tränenmeer versinken würde, wenn sie fertiggeschrieben hatte. Aber dem war nicht so. Völlig mechanisch drückte sie den Sende-Button und schickte ihre Abschiedsmail über den halben Erdball auf den nordamerikanischen Kontinent. Dann stellte sie das iPad aus und holte ihre beiden Fahrrad-Gepäcktaschen aus der Ecke, in denen sie binnen weniger Minuten alles verstaute, was sie vor ein paar Tagen hierhergebracht hatte. Sie führte noch einige Telefonate, bevor sie sich auf den schweren Weg ins Wohnzimmer machte. Ihre Eltern und Elias saßen vor dem Fernseher und schauten eine Quizsendung. Das war eine heimliche Leidenschaft der Johannsons, der auch Amelie sich liebend gerne hingab, nur war es jetzt nicht der passende Zeitpunkt. Als Egidius Johannson in das Gesicht seiner Tochter sah, schaltete er den Fernseher sofort aus. Erwartungsvoll richten sich drei Augenpaare auf sie.
    »Ich werde Spiekeroog verlassen«, sagte sie leise, dennoch bestimmt. »Die letzte Fähre habe ich verpasst, aber Fiete Dierksen wird mich auf das Festland bringen, ich habe gerade mit ihm telefoniert.«
    »Und dann, Amelie?«, fragte ihre Mutter und versuchte, sich ihre Qualen nicht anmerken zu lassen. »Was sind Deine Pläne? Hast Du überhaupt welche?«
    Amelie nickte. »O ja, die habe ich.« Mit kurzen und prägnanten Sätzen informierte sie ihre Eltern über ihr Vorhaben.
    Es war 20:33, als das kleine Fischerboot von Fiete Dierksen den Hafen von Spiekeroog verließ. Amelie blickte nicht zurück. Das verbat sie sich. Für jetzt und für alle Zeiten!
     

Kapitel 29
     
    19.  Mai 2013 – Washington D.C.
     
    Manche Dinge sollte man seinem ärgsten Feinde nicht wünschen. Dazu gehörte, über jeden

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