Die Tigerin
er widerwillig.
»Und?«
»Und nun können wir versuchen,
bei unseren Verdächtigen einige Tatsachen festzustellen«, sagte ich geduldig.
»Wir können herausfinden, mit welcher Art Alibi sie für die Zeit, in der die
Morde geschehen sind, herausrücken. Wir können die Verdächtigungen unserer
Verdächtigen anderen Verdächtigen gegenüber überprüfen .«
»Was?« Lavers glotzte mich einen Augenblick lang an. »Sagen Sie das noch mal, aber langsam.
Ja? Ich wette, daß es auch beim zweitenmal nicht mehr
Sinn ergibt .«
»Wir können die Berichte über
Martha Thorros Autounfall auf die Möglichkeit
nachprüfen, ob es vielleicht doch kein Unfall war, wie Tania Stroud behauptet«, knurrte ich. »Wir können nachprüfen, ob
Frank Thorro Gelegenheit hatte, um die Zeit herum,
als diese Kains ermordet wurde, eine Gewalttat zu
begehen, zu der ihn Mrs. Stroud durchaus fähig hält. Wir können Mrs. Stroud selber überprüfen und diesen fragwürdigen Playboy
Baker. Wir haben in der Tat einen recht arbeitsreichen Tag vor uns, Sheriff«,
ich stand auf und ging schnell der Tür zu, »und deshalb werde ich jetzt nach
Hause gehen .«
»He!« Seine Stentorstimme ließ
mich auf halbem Weg aus dem Büro innehalten. »Kommen Sie zurück — ich bin noch
nicht fertig !«
»Sheriff!« Ich warf ihm einen
vorwurfsvollen Blick über die Schultern zurück. »Sie werden mir doch nicht
erzählen wollen, daß Sie jetzt brandneue Tatsachen aus dem Ärmel schütteln
werden ?«
»Nur die eine, daß die Gefahr,
daß ich die Mordabteilung in diesem Fall zuziehe, wesentlich näher ist, als Sie
denken«, knurrte er. »Nun gehen Sie nach Hause und überschlafen Sie das,
Wheeler .«
Ich verließ sein Büro, trat in
die von Dunkelheit umhüllte Welt draußen, stieg in den Austin Healey und fuhr
zu meiner Wohnung zurück — wo, was ich gänzlich vergessen hatte, Besuch auf
mich wartete.
Besagter Besuch lag bequem
ausgestreckt auf der Couch, den Kopf auf ein Kissen gebettet, der weiße
Seidenrock hatte sich ein wenig nach oben verschoben. Ein Blick auf diese
langen gutgeformten Beine, und plötzlich war der ersehnte Schlaf das letzte,
dessen ich bedurfte.
»Hallo«, sagte Betty schläfrig
und setzte sich auf. » Wieviel Uhr ist es denn ?«
»Viertel nach eins«, sagte ich.
»Ich hätte nicht gedacht, daß Sie noch hier sind .«
»Das ist nett — wirklich galant .« Sie unterdrückte ein Gähnen. »Hätten Sie gern Kaffee oder
sonst was ?«
»Nein, danke .« Ich ließ mich in einen Sessel fallen und zündete mir eine Zigarette an. Ein
intensiverer Blick auf ihre Beine bestätigte nur meinen ersten Eindruck, was
die Qualität anbetraf.
»Was gab es denn so Dringendes,
daß Sie mitten in der Nacht hinaus mußten ?« fragte sie
schläfrig.
»Ein alter Mann namens Jordan,
der die Leiche der Bernice Kains heute früh gefunden
hat, ist im Friedhof draußen ermordet worden«, sagte ich.
»Ermordet !« Plötzlich war sie hell wach. »Das ist ja schrecklich! Wer hat es getan ?«
»Vermutlich dieselbe Person,
die auch das Mädchen umgebracht hat«, sagte ich. »Und fragen Sie mich nicht,
wer das getan hat, denn ich weiß es nicht .«
Betty schauderte leicht und zog
ihren Rock bis zu einer durchaus ehrbaren Grenze über die Beine herab. »Ich
kriege eine Gänsehaut, wenn ich bloß daran denke .«
»Und mir dreht sich der Magen
um«, sagte ich kurz. »Also lassen Sie uns eine Weile nicht daran denken. Ja?
Wie wär’s statt dessen mit einem Glas Whisky ?«
»Gern«, sagte sie und zuckte
liebenswürdig die Schultern. »Das Soda können Sie diesmal weglassen, Al .«
»Gut.« Ich ging zum Tisch, goß
Whisky ein, nahm die Gläser mit zur Couch und setzte mich neben Betty.
»Auf Ihr Wohl, Al!« Sie trank
einen Schluck Whisky und kicherte dann plötzlich.
»Ich würde auch gern lachen,
Süße«, sagte ich. »Wie wär’s, wenn Sie mir sagten, was es Komisches gibt ?«
»Es kam mir nur gerade so
komisch vor«, japste sie. »Aber ich habe noch nie zuvor so richtig gemütlich
mit einem Polizeibeamten beisammen gesessen .«
»Polizeibeamte sind bestens für
ein gemütliches Beisammensein eingerichtet«, sagte ich spröde. »Warum, glauben
Sie, tragen wir immer Handschellen bei uns ?«
»Ist das ein Versprechen — oder
eine Drohung ?« Sie blickte mich ein paar Sekunden lang
unverwandt an und seufzte dann leise. »Wollen Sie, daß ich gehe, Al ?«
»Vielleicht bin ich eine Spur
nervös — oder sogar geistig ein bißchen weggetreten«, sagte ich
Weitere Kostenlose Bücher