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Die Tigerin

Die Tigerin

Titel: Die Tigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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heute meine allwöchentliche freie Nacht .« Sie
streckte die Arme über den Kopf und gähnte wollüstig, wobei sich die schwarze
Kreppbluse plötzlich straff gegen die schwellenden Kurven preßte. »Wollen Sie,
daß ich warte, Al ?« sagte sie weich.
    »Warum nicht ?« sagte ich hoffnungslos. »Wahrscheinlich werde ich für meine Beerdigung jede
Hilfe benötigen, deren ich habhaft werden kann !«

SECHSTES KAPITEL
     
    D er Eingang zur »Ewigen Ruhe«
zeichnete sich starr und abweisend im Scheinwerfer meines Healey ab. Das Bronzetor stand weit offen, und so fuhr ich durch. Die Nachtluft war
von plötzlicher Kühle durchsetzt, und Fladen weißen Nebels bewegten sich über
der zum Hauptbau führenden Betonstraße.
    Ich hielt mit dem Wagen vor dem
gotischen Spitzbogen, der die bronzene Doppeltür umrahmte, und zündete mir eine
Zigarette an, mich dabei innerlich an dem zitternden Widerschein der Streichholzflamme
in meinen Fingern aufrichtend. Über der Tür brannten trübe zwei blaue Lampen,
und ich konnte sehen, daß einer der Flügel einen Spalt weit offenstand. Während
ich noch hinübersah, öffnete sich der eine Flügel ein wenig weiter und ich
erhaschte einen Blick auf ein weißes Gesicht, das durch den Spalt spähte. Dann
erschien eine schmächtige dunkle Gestalt und kam auf mich zugeeilt.
    »Lieutenant ?« quäkte eine zitternde Stimme, als der Mann an den Wagen trat. »Sind Sie’s ?«
    Ich erkannte die Stimme und
fühlte mich ein wenig besser — zumindest trug er einen Anzug und kein
Leichentuch. »Ja«, sagte ich und kletterte aus dem Wagen. »Ich bin Wheeler, Mr.
Williams .«
    »Dem Himmel sei Dank, daß Sie
endlich da sind !« Er fiel beinahe in meine Arme, und
der Gedanke war so abstoßend, daß ich sicherheitshalber schnell beiseite trat . »Sie haben keine Ahnung, was ich
durchgemacht habe«, stöhnte er. »Es war einfach schauderhaft — wie ein
Albtraum! Ich habe ein Gefühl, als ob die ganze Welt plötzlich verrückt
geworden wäre !«
    »Was ist denn los ?« fragte ich vorsichtig.
    »Kommen Sie am besten hinein
und sehen Sie selber nach«, sagte er mit gequält zuckendem Gesicht. »Im
Augenblick, als ich die Sache entdeckte, habe ich im Büro des Sheriffs
angerufen. Ich verstehe überhaupt nicht mehr, was da vor sich geht .«
    »Ich auch nicht«, sagte ich
gereizt. »Und offen gestanden, Mr. Williams, Sie erleichtern mir die Geschichte
auch nicht gerade. Sie mögen sich hier zu Hause fühlen, aber ich komme mir vor
wie in der Nachtvorstellung eines Gruselfilms .«
    »Kommen Sie, ich zeige es Ihnen !« Er packte mich am Arm und zog mich auf die Treppe zu.
»Sie müssen es schon selber sehen, sonst glauben Sie es mir nicht .«
    »Sie sind genau der Typ, den
man zu den versammelten Kindern hinunterschickt, um sie zu beruhigen, wenn das
Schiff sinkt«, knurrte ich ihn an. »Sie haben genau die richtige Ausstrahlung .«
    Wir stiegen die Treppe empor,
traten in das Gebäude und dann in den leeren, weiten, trübe erhellten
Empfangsraum mit den Marmorfliesen. Unsere Schritte hallten dumpf, als wir
einen langen, ebenfalls mit Fliesen belegten Korridor entlanggingen, an einer
Reihe dunkler, mit Eichenholz getäfelter Türen vorbei, die barmherzigerweise geschlossen waren. Williams blieb plötzlich vor einer
ebenfalls geschlossenen Tür am Ende des Flurs stehen und kratzte sich wie
wahnsinnig an der Brust. »Hier hinein, Lieutenant«, sagte er mit Grabesstimme
und stieß dann weit die Tür auf.
    Ich trat zögernd ein, dicht
gefolgt von dem Superintendenten. Es war ein kleiner düsterer Raum, der bis auf
ein einziges in der Mitte stehendes Möbelstück — eine kleine Bahre, auf der ein
von süßlich duftenden Blumen umgebener Sarg stand — leer war.
    »Was ist das für ein Raum hier ?« krächzte ich und fügte schnell hinzu: »Sagen Sie es mir
nicht — ich will’s nicht wissen.«
    »Der Sarg, Lieutenant !« zischte Williams wie ein Wahnsinniger, während seine eine
Hand offensichtlich den Versuch unternahm, das rechte Auge aus seiner Höhle zu
stemmen. »Sehen Sie selber hin .«
    Ich gab mir alle Mühe, mir eine
vernünftige Alternative einfallen zu lassen — wie zum Beispiel » Mammiiie !« zu schreien und
davonzulaufen — aber eigentlich gab es keine Wahl. Meine Füße fühlten sich wie
Bleigewichte an, als ich langsam nahe genug herantrat, um einen Blick in den
Sarg werfen zu können.
    Er war ebenfalls eines dieser
mit Samt ausgelegten Dinger, und auch er hatte einen Bewohner — einen kleinen
alten

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