Die Tigerin
Tiere .«
»Was für ein Tier macht denn
einen solchen Krach ?« fragte er zweifelnd.
»Wir können ja gehen und es
herausfinden«, schlug ich vor und ging voraus, den nach rechts abzweigenden Weg
entlang.
Fünfzig Meter weiter vorn
gerieten wir nach einer scharfen Biegung auf einen breiten Betonstreifen, der
an jeder Seite von riesigen Käfigen flankiert war. Eine würdige Löwin gähnte
mit weit aufgerissenem Rachen, als wir vorübergingen; ein Puma hustete garstig
und verschwand dann lautlos in der Düsternis im Hintergrund seines Käfigs. Drei
Tiger wanderten mit zweifelnden und unsicherem
Gesichtsausdruck auf und ab.
Dann bog zu unserer Linken eine
weitere Betonfahrbahn ab, und ich blieb abrupt stehen, als ich die zwei
regungslosen Gestalten dastehen und in einen Käfig am anderen Ende starren sah.
Als wir auf sie zugingen, hörte ich unmittelbar neben uns einen furchtbaren
dumpfen Aufschlag, gefolgt von einem knurrenden Fauchen der Enttäuschung.
»Lieutenant!« Polniks Stimme war ein dünnes Quieken. »Was zum Teufel war
denn das ?«
Die massige schwarze Gestalt im
Käfig erwiderte meinen nervösen Blick aus regungslosen lohfarbenen Augen.
»Ein schwarzer Panther«,
murmelte ich. »Jedenfalls steht das auf dem Schild .«
Polnik starrte ihn ein paar Sekunden
lang an und drehte dann dem Käfig schaudernd den Rücken zu. »Das Biest schaut
mich an, als ob ich sein Mittagessen wäre«, brummte er. »Wenn ich noch mehr von
diesem Viehzeug zu sehen kriege, Lieutenant, komme ich allmählich noch zu der
Überzeugung, daß ein Friedhof ein geradezu großartiger Platz zum Übernachten
ist .«
Die beiden Gestalten standen
bewegungslos da, völlig in Anspruch genommen von dem, was in dem Käfig vor sich
ging. Sie wandten nicht einmal die Köpfe, um nach uns zu sehen, als wir näher
kamen.
Tania Strouds prachtvolle Figur war in einen Pullover und enge Ranchhosen gehüllt — aber diesmal war alles statt in Zitronengelb in tiefem Saphirblau
gehalten. Frank Corben trug einen seiner Tweedanzüge , der dringend des Bügelns bedurft hätte und
aussah, als ob sie einem zottigen Hund das Fell abgezogen hätten, um zum
notwendigen Rohmaterial zu kommen. Er hielt eine kalte Pfeife zwischen die
Zähne geklemmt, und das starke Sonnenlicht durchdrang die eng über den Knochen
liegende durchsichtige Haut, so daß er mehr denn je wie ein grinsender
Totenschädel aussah.
Auf Tanias rundem Gesicht lag
ein Ausdruck hingerissener Konzentration und in ihren normalerweise eiskalten
Augen ein seltsames erregtes Funkeln. Ich sah hin, um hinter den Grund all
dieser Konzentration zu kommen — und war sofort gleichermaßen fasziniert.
Hinter mir hörte ich, wie Polnik heftig nach Luft
schnappte, und wußte, daß er ebenso gefesselt war.
Innerhalb des Käfigs befanden
sich ein paar hundert Pfund gestreifter Bestie, allgemein als Tiger bekannt — bei
der sich hundertachtzig Pfund muskulöser Männlichkeit, allgemein als Hal Baker
bekannt, aufhielt. Nicht eines seiner glänzenden schwarzen Haare war in
Unordnung, und auf seinem sonnengebräunten Gesicht lag ein kühles, von
Selbstvertrauen erfülltes Lächeln, während er den Tiger beobachtete. In der
Linken hielt er einen zerbrechlichen Holzstuhl und in der anderen eine lange,
schwere geflochtene Peitsche mit einer Stahlspitze.
Etwa dreißig Sekunden lang
starrten die beiden einander an, und weder der Mann noch das Tier rührten sich.
Dann machte Baker einen plötzlichen Ausfall mit dem Stuhl, und der Tiger wich
instinktiv zurück, als die Stuhlbeine auf sein Gesicht zufuhren. Er stieß ein
markerschütterndes Gebrüll aus und duckte sich, bereit, auf seinen Peiniger
loszuspringen.
»Ja!« Baker grinste kalt. »Komm
schon — Dummkopf! Wird auch Zeit, daß du ein bißchen Mumm zeigst .«
Seine Rechte machte eine
schnelle Bewegung, so daß die Peitschenschnur in einem anmutigen Bogen durch
die Luft schwirrte und einen explosionsartigen Knall von sich gab. Der Tiger
schien zu erstarren, als er den drohenden Laut hörte. Die gefährlich geduckte
Haltung veränderte ihren Charakter und war lediglich noch ein furchtsames Kauern.
Nacktes Entsetzen tauchte eine Sekunde lang in den bernsteinfarbenen Augen auf,
bevor sich das Tier umwandte und schnell auf das hintere Ende des Käfigs zuschlich .
»Ach, zum Teufel!« Baker
schnaubte angewidert. »Ich hab’ mir gleich beim ersten Male, als ich das
räudige Katzenvieh sah, gedacht, daß es nichts taugt — .« Er ließ wieder die Peitsche
Weitere Kostenlose Bücher