Die Time Catcher
geschäftsmäßig. »I hr werdet morgen aufbrechen, einen Zeitsprung zum 8. Juli 1967 machen und um 18:55 Uhr genau hundert Meter voneinander entfernt landen.«
Versetzte Landung. Eine obligatorische Maßnahme bei wichtigen Einsätzen. Ihr liegt die Theorie zugrunde, dass eine einzige Person, die plötzlich aus dem Nichts auftaucht, weniger auffällt als zwei.
»I hr müsst den Catch um 19 Uhr 30 vollendet haben«, fährt er fort. »Falls ihr bis dahin nicht in der Lage seid, die Vase in euren Besitz zu bringen, gewähre ich euch eine Zusatzzeit von fünfzehn Minuten. Doch im Interesse eurer Gesundheit solltet ihr diese lieber nicht in Anspruch nehmen.«
Ich hebe meine Brauen. Onkel muss diese Mission äußerst wichtig sein, sonst würde er uns kaum eine zusätzliche Frist gewähren und einen Zeitnebel riskieren. Ich mag die Art, wie er sagt »i m Interesse eurer Gesundheit«. Wirklich sehr fürsorglich.
Die Kamera verharrt auf Onkels Gesicht. Seine dünnen Lippen sind zusammengepresst, die eisblauen Augen schauen mich direkt an. Was natürlich ein Trick ist, da es sich ja um ein Hologramm handelt. Bis jetzt bin ich noch nie von einem Hologramm direkt angestarrt worden.
»E nttäusche mich nicht, Caleb«, sagt er.
»D as werde ich nicht, Onkel«, entgegne ich. Mein verletztes Handgelenk pocht zustimmend. Ich bemerke durchaus, dass er Abbie nicht ermahnt. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er von mir mehr erwartet als von ihr. Weil ich der Erste war, den er adoptiert hat. Doch steckt noch mehr hinter seiner Bemerkung. Offenbar glaubt er Marios Lügen.
»D as ist alles«, sagt Onkel. »N assim wird euch alle weiteren Fragen beantworten.«
Der Bildschirm verdunkelt sich. Ich wische meine schwitzigen Handflächen an der Hose ab.
Nassim dreht sich zu uns um. »W ollt ihr noch irgendwas wissen?«
Wir schütteln die Köpfe.
»O kay, dann sehen wir uns morgen früh.« Mit diesen Wort strebt er seinem Büro entgegen, wahrscheinlich um sich wieder seinen Kreuzworträtseln zu widmen.
»W as ist mit deinem Handgelenk passiert, Cale?«, fragt Abbie, sobald wir wieder unter uns sind.
»I ch bin mit Shu Fang aneinandergeraten«, antworte ich.
»M it wem?«
»M it einer von Onkels bissigen Schildkröten. Die verteidigt ihr Territorium mit Zähnen und Klauen«, füge ich hinzu. »A ber keine Sorge, es sieht schlimmer aus, als es ist.« Warum sage ich das eigentlich? Damit Abbie sich besser fühlt? Ich will doch, dass sie Mitleid für mich empfindet. Nein, das ist es auch nicht. In Wahrheit möchte ich nur, dass sie mir ein bisschen mehr und Mario etwas weniger Aufmerksamkeit schenkt.
»H ey, du hast ja noch gar nichts von deinem Gespräch mit Onkel erzählt«, sagt sie.
Ich blicke ihr ins Gesicht. »W ar ganz okay. Er hat mir sein neues Aquarium gezeigt und über verkümmerte Seelen geredet. Dann hat er mir noch seine neuesten Visionen geschildert und ein Gummibärchen geschenkt, das war alles. Ach ja, und er will, dass ich mehr so werde wie Mario.«
Warte mal … was für neue Visionen?, fragt Abbie per Gedankenübertragung, was vermutlich eine gute Idee ist, weil jeder weiß, dass Onkel in diesen Räumen eine Abhöranlage installiert hat.
Er hat mir keine Details verraten, antworte ich ebenfalls per Gedankenübertragung, sondern nur gesagt, dass die Firma expandieren soll und er nicht alles allein stemmen kann und ein paar neue Anführer braucht.
Und was hast du dazu gesagt?
Wozu?
Abbie rollt mit den Augen. Wozu? Worüber reden wir denn gerade? Hast du Onkel etwa nicht gesagt, dass du das eine tolle Idee findest?
Äh, nein, antworte ich. Ich meine, er hat mich ja nicht direkt nach meiner Meinung gefragt. Er hat mir nur gesagt, was sich in nächster Zeit verändern wird.
Ich glaub’s einfach nicht!, ereifert sich Abbie. Der hat dir all diese Dinge doch nicht erzählt, um ein nettes Plauderstündchen zu veranstalten. Er wollte wissen, wie du darüber denkst und wenn du auch nur ein klein bisschen Interesse gezeigt hättest, dann bin ich ziemlich sicher, hätte er dir einen neuen Job, eine Beförderung angeboten.
Woher willst du das wissen?
Abbie steht von der Couch auf und starrt mich von oben herab an. »N atürlich weiß ich es nicht!«, entgegnet sie, jetzt wieder mit lauter Stimme. »S icher ist gar nichts! Aber weißt du, was dein Problem ist? Du denkst viel zu viel nach. Wenn du etwas im Leben erreichen willst, dann musst du dich auch dafür einsetzen!«
So wie du dich für Mario einsetzt, hätte
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