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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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kann doch jede haben, jede. Er ist schöner als jeder andere Mann. Aber er liegt bei mir, hier. Er liegt mir zugewandt, dass ich sein Gesicht sehen kann. Seine schwarzen Haare verliert er in meinem Bett, während er tief schläft. Warum entspannt er sich viel, warum küsst er sehr? Meinen Hals. Mein Peter. Ich bin dir doch das, was du mir bist. Ich will, dass es ihm gut geht, und darum stelle ich all die Fragen nicht, die ich mit Ja beantworten würde und die er noch nicht mit Ja beantworten kann, noch nicht. Aber ich habe Recht, ich. Ob er meine Stimme am Telefon erkennt. Ich muss jedes Mal sagen: «Hier ist Tanja.» Dann sagt er: «O Tanja», immer Oh. Oh, du! Oh, jetzt! Oh! Ob er mich vermisst, wenn ich nicht da bin, von mir erzählt, wenn ich nicht da bin, an mich denkt, wenn er es sich selbst macht, weil er mich vermisst, weil ich nicht da bin? Ob er ungern von mir weggeht, Termine für mich verschieben würde. Ich würde alles für ihn verschieben, den Zahnarzttermin, den Kleiderschrank, meinen Geburtstag. Ob er jetzt schon darüber nachdenkt, worüber ich mich am Geburtstag am meisten freuen würde? Heirate mich! Ob er sich aufschreibt, wann wir miteinander geschlafen haben? 21. 11., 15. 12., 3. 1., 8. 1., 10. 1., 17. 1, vorvorgestern, vorgestern, heute. Ob es ihm bei mir gefällt? Ja, hat er gesagt. Und er wird noch zu viel mehr Ja sagen. Warts nur ab. Ja, zum Haus in Brandenburg mit Töpferwerkstatt. Ob er zu mir in die Werkstatt kommt, während ich Eierbecher drehe und sagen wird: «Telefon für dich, Tanja»? Ja, ja. Warum schiebt er seine Füße unter meine Decke? Warum wachen wir morgens unter einer Decke auf und sind mit zwei Decken eingeschlafen? Warum darf ich morgens alles machen, was ich will? Er hält still. Ob er stillhält? Ja. Ob er einen Sack Salz jahrelang auf dem Rücken herumtragen würde? Wie in dem Märchen, wo der König herausfinden will, welche seiner drei Töchter ihn am meisten liebt, und er fragte sie, wie sehr sie ihn lieben, und die erste Tochter und die zweite Tochter sagen, sie lieben ihn so wie Diamanten, Gold, Haarreifen, Kleider und Krimskrams. Die dritte Tochter aber, ja, die denkt darüber nach und sagt, sie liebt ihren Vater, den König über das schöne, kleine Land, wie Salz. Wie Salz. Weil Salz wichtig ist, weil Salz lebensnotwendig ist. Der Vater ist erbost. Er will nicht wie ein Gewürz geliebt werden, nein. Er verstößt seine Tochter, und sie muss zur Strafe einen Sack Salz auf dem Rücken tragen und damit jahrelang durch das Land wandern. Ganz allein. Und dann ist Krieg. Und dann gibt es kein Salz mehr und das Kleid der dritten Tochter ist inzwischen zerrissen und ihr Haar ist verfilzt und sie trägt immer noch die Vaterliebe auf dem Rücken, durchs ganze Land. Die Königsfamilie versucht mit Diamanten und Gold die Suppen zu salzen, aber es schmeckt nicht, nein. Der König lässt seine kluge Tochter suchen und beide liegen sich weinend in den Armen. Ich würde für Peter jeden Inhalt in jedem Sack durch jedes Land tragen. Jahrelang. Salz. Murmeln. Taschentücher. Wackersteine. Haselnüsse. Bis er merkt, dass ihm was fehlt, Salz, Murmeln, Taschentücher, Wackersteine, Haselnüsse, ich, einfach ich. Er muss nur seinen eigenen Sack tragen. Meine Kinder darin. Ob er darüber nachdenkt, wem unsere Kinder ähnlicher sehen werden? Ob er sich für mich das Rauchen abgewöhnen würde? Ob ich es mir für ihn angewöhnen würde? Ja. Ob er sich zu alt findet, mich zu jung, sich zu groß, mich zu klein? Ob er meine Telefonnummer auswendig kann? Ob er, wenn ein Unwetter ist, nicht zuerst daran denkt, dass er die Fenster schließen muss, sondern wo ich bin, damit der Sturm nicht mein Häuschen ergreift und nach Oz weht, wo ich mir nur wünschen würde, dass Peter zugibt, dass er mich liebt? Ich habe ein mutiges Hirn mit Herz. Ich würde mir vom Zauberer von Oz nur Peter wünschen und das für lange. Ich würde nur nach Hause zu ihm wollen, sein Kinn anfassen und sagen: «Wollen wir Laminat in der Stube legen lassen? Du siehst blass aus. Geht es dir nicht gut?» Ob er mich pflegen würde, wenn es mir nicht gut geht? Ob er sehen würde, dass es mir nicht gut geht? Ob er nicht merkt, dass wir so viel Zeit zusammen verbringen, dass wir uns fragen, wo der andere ist, wenn er nicht da ist? Ob er sich das alles mal fragen sollte? Frag mich! Ich erkläre es dir! Ob er nicht merkt, dass er mich braucht? Wie Salz. Weil er mich will. Ob er mich will? Ja, und wie! Ob ihm aufgefallen ist, was

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