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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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einem Blick, der schwer zu deuten war. „Warum fragt Ihr?“
    Solay schluckte. „Meine Berechnungen sagen mir, dass die Stunde näher an den Nonen sein muss.“ Das würde die Mitte des Nachmittags bedeuten.
    „Unmöglich“, erwiderte der König.
    Königin Anne starrte Solay an, dann wandte sie sich an den König und flüsterte ihm etwas zu. Richard machte große Augen, und beide sahen sie an.
    Sie schluckte wieder, als die Stille anhielt.
    „Wer hat Euch das gesagt?“, fragte der König.
    „Niemand. Ich versuchte nur, die Sterne zu deuten. Natürlich bin ich keine Expertin und kann mich täuschen.“
    „Aber Ihr könntet auch recht haben.“
    Sie sah von einem zum anderen. „Habe ich recht?“
    Die Königin sprach mit ihrer üblichen Ruhe. „Richards Mutter sagte mir einmal, sie hätte eine falsche Stunde verkündet, um den Astrologen nicht zu viel Macht zu geben.“
    Solays Körper glühte von einer Hitze, die nicht vom Kamin stammte. Macht. Die fremdartige Glut der Macht. Dass ihre Erklärung der Wahrheit entsprach, gab ihr etwas, das sie nie zuvor besessen hatte.
    Genug Macht, damit er sie fürchtete.
    Der König beugte sich vor und sah Solay an. Sein Blick drückte eine Mischung aus Besorgnis und Neugier aus. „Welche neuen Erkenntnisse bringt Euch das?“
    Sie betrachtete ihre Karte und versuchte, nachzudenken. Zu viel Wissen wäre gefährlich. „Es gibt Unterschiede in den beiden Aszendenten, Eurer sind jetzt die Zwillinge. Und Euer Mond steht im Widder.“
    „Aber was bedeutet das?“
    Zuerst Schmeicheleien, dann die Erklärung.
    „Euer Volk verehrt Euch, Majestät. Ihr seid ein außergewöhnlicher Mann, dessen Weisheit das gewöhnliche Verständnis übersteigt.“ Sie schluckte und fuhr fort: „Und Ihr seid außergewöhnlich großzügig zu Euren treuen Freunden und Blutsverwandten.“
    „So wie Ihr es seid?“ Sein Lächeln war schwer zu deuten.
    Sie hätte wissen müssen, dass ein König jede erdenkliche Art zu bitten durchschaute. „Und so viele andere.“
    Spöttisch verzog er den Mund, doch sein Blick wirkte noch immer furchtsam. „Was sagt Euch das“, flüsterte er, „über meinen Tod?“
    Sie holte tief Luft. Wenn sie fälschlicherweise ein langes Leben vorhersagte, würde man sie nur für eine armselige Astrologin halten. Wenn sie den Tod korrekt vorhersagte, würde man ihr vorwerfen, ihn verschuldet zu haben.
    „Ich sehe für Eure Majestät eine lange und glückliche Regierungszeit voraus.“ Tatsächlich lauerte über seinem achten Haus etwas Finsteres, aber dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um das zu erwähnen. „All Eure Untertanen werden Euren Namen preisen, wenn Ihr in den Himmel auffahrt.“
    Er nagte an seiner Unterlippe. „Und wann wird das sein, Lady Solay?“
    Sie schluckte wieder. „Oh, ich bin nur eine Anfängerin und kann so etwas nicht erkennen.“
    „Ihr wart gut genug, um den richtigen Zeitpunkt meiner Geburt zu erkennen. Es überrascht mich, dass Ihr in Bezug auf mein Lebensende nicht ebenso präzise sein könnt.“
    Sie senkte den Blick und hoffte, damit genügend Unterwürfigkeit zu zeigen. Sie würde all ihre Fähigkeiten brauchen, damit das Vertrauen des Königs in sie sich mit seiner Furcht die Waage hielt. „Verzeiht mir meine Unwissenheit, Majestät.“
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte die Finger zusammen und sah sie an. „Und treffen ein paar dieser Dinge auch auf Euch zu, da wir ja den Geburtstag gemein haben?“
    Gefangen in ihrer Lüge, entschied sie, dass ihr die Wahrheit jetzt am besten nützen würde. „Es ist interessant, dass Ihr fragt, Majestät. Nachdem ich an den Hof kam, stellte ich fest, dass ich, genau wie Ihr, falsch über den Zeitpunkt meiner Geburt unterrichtet worden war. Ich wurde nicht am selben Tag geboren wie Ihr.“
    Er lächelte zufrieden und fragte nicht, wann ihr Geburtstag war.
    Hibernia rieb sich die Nase und schüttelte den Kopf. „Ihr könnt das unmöglich ernst nehmen, Majestät.“
    Es war klug von ihm, das zu sagen. Der alte Astrologe hatte recht gehabt, Hibernia war nicht gut für den König. Doch sie entschied sich dafür, das für sich zu behalten.
    „Natürlich nicht“, sagte der König und lachte leise, als wäre er froh, dass er eine Entschuldigung bekommen hatte. Er erhob sich und nickte Solay zu. „Ihr sollt einen neuen, pelzgefütterten Umhang für Eure Arbeit erhalten.“
    „Danke, Majestät.“ Sie sank auf die Knie und hoffte, dass das die angemessene Haltung war für ein

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