Die Tochter Der Goldzeit
Fürsten für die Freilassung zu bedanken.« Die Worte sprangen ihm einfach so von den Lippen.
»Gut, dann werde ich dich ihm und seinem Kriegsmeister Catavar vorstellen.« Maragostes führte ihn zum Brunnen. »Wenn du ihnen erzählst, dass ich dich in die Sklaverei geschickt habe, weil du nicht gegen sie kämpfen wolltest, wäre das zwar nicht gelogen«, flüsterte er. »Wahr ist aber auch, dass ich dich vor dem Ertrinken gerettet habe. Und mit dieser Wahrheit könntest du einen Freund gewinnen.«
Boscos Herz klopfte, als er vor dem Zwerg und seinem Kriegsmeister stand. Seine Knie drohten nachzugeben. »Das ist Ginolu von Apenya.« Maragostes legte die Hand auf seine Schulter.
Der Zwerg taxierte Bosco vom kahlen Scheitel bis zu den Stiefelspitzen. Die starren Augen hinter den Gläsern schwammen hin und her. »Wer ist Ginolu von Apenya?«, schnarrte er verächtlich.
Bosco dachte an die Toten von Tikanum. Kalte Wut packte ihn und vertrieb die Angst. »Einer, der deinem Flottenmeister sein Leben verdankt, Fürst Nadolpher.« Bosco öffnete seinen Rucksack, holte die Silbermünzen und das Buch heraus. »Ihm und dir schulde ich es, denn dank deiner Gerechtigkeit und Gnade hat man mich vor drei Sommern aus dem Steinbruch und der Sklaverei entlassen.« Als Beweis reichte er ihm die Silbermünzen und das Buch. »Heute komme ich zu dir, um mich zu bedanken, Fürst Nadolpher.«
Der Zwerg blätterte in dem Buch, reichte es seinem Kriegsmeister weiter, zählte die Silberstücke. »Sechs Jahre lang unschuldig in der Sklaverei?« Prüfend beäugte er Bosco.
»Neun Sommer waren es. Drei der Silbermünzen habe ich bereits für meine Sippe und die Reise hierher ausgegeben.«
»Man hat dir den Spruch Dashirins an Alphatar versehentlich in der Westmeersprache ausgehändigt.« Der graue Ritter mit dem roten Mantel richtete seine blau und weiß flammenden Augenschlitze auf Bosco. »Und dennoch ist das Buch zerlesen.« Dumpf und laut tönte seine Stimme hinter dem Visier. »Wie kommt das?«
»Ich habe es studiert, Kriegsmeister Catavar.«
Hinter Bosco zerrten Krieger gefesselte Männer, Frauen und Kinder in das Ratsgebäude. Die Sippe des Ältesten. Bosco versuchte sie nicht zu beachten.
»Du verstehst diese Sprache?«, wunderte sich der Zwerg.
»Dashirin hat es mir in die Wiege gelegt, die Sprachen der Menschen ohne Mühen zu erlernen, Fürst Nadolpher.«
»Und was du gelesen hast, hast du auch begriffen?« Der graue Kriegsmeister hielt das Buch hoch.
»Aber ja.« Bosco graute vor dem Unheimlichen. »Eine starke Lehre, die es wert ist, zu allen Ohren dieser Erde zu gelangen.«
»Betavar, der treue Diener Dashirins, verfolgt drei Feinde der Neuen Goldzeit über Land«, ergriff wieder Nadolpher das Wort. »Wir folgen seinem Heer mit einer Flotte. Wenn diese drei in unserer Hand sind, werden wir bald auch den Weg zur Lichterburg kennen. Begleite uns als Dolmetscher dorthin, Ginolu von Apenya!«
»Es ist mir eine Ehre, Fürst Nadolpher.« Bosco deutete eine Verbeugung an.
Danach zog er sich an Maragostes' Seite in die Menge auf dem Marktplatz zurück. Ihm war schlecht.
Die Krieger begannen Fackeln und mit Öl getränkte Tücher durch die Fenster des Ratsgebäudes zu werfen. Die Menschen, die darin eingesperrt worden waren, schrien um Hilfe. Niemand half ihnen. Bald schlugen Flammen aus dem Haus; die Schreie verstummten.
Bosco hob seinen Blick und kniff das Auge zu, um seine Tränen zu unterdrücken. Als er es wieder öffnete, sah er zwei große weiße Vögel im Himmel über Olmerid. Sie flogen nach Norden ins Landesinnere. Ohne Eile bewegten sie die weiten Schwingen.
Kapitel 19
Das Pfahldorf geriet in Aufruhr, als sich die Flucht des Tiefländers herumsprach. Jäger zogen los, um ihn zu suchen. Den ganzen Tag über standen die Siedler ängstlich palavernd in kleinen Gruppen auf den Stegen zusammen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit klopfte es an Katanjas Tür.
»Ich bin's.« Die Stimme des Hauptmanns klang gepresst.
»Ich will heute Nacht allein schlafen.« Sie ahnte Böses.
»Ich muss mit dir reden, es ist wichtig.«
Katanja erhob sich von ihrem Lager, ging zur Tür und schloss auf. Der Hauptmann trat ein. »Eine Frau und ein kleiner Knabe haben dich gesehen.«
»Wobei?« Sie mimte die Überraschte, obwohl heißer Schrecken sie durchzuckte.
»Du seist nackt ins Wachhaus geschlichen.«
»Unmöglich!«
»Zwei Zeugen!« Er packte sie am Arm und zog sie zu sich. In seiner Miene spiegelten sich Unglück und Wut.
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