Die Tochter Der Goldzeit
Jacub und die Göttersprecherin begleiten. »Göttersprecherin« - so nannten die Nordmänner Katan ja .
Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen, diese rauen Gesellen mit den überlebenden Poruzzen zu versöhnen.
Katanja öffnete die Augen und sah hinter sich - Jacub lehnte am Eingang zum Ruderhaus. Mit der Linken griff er hinein und hielt das Steuerruder fest, mit der Rechten schirmte er seine Augen gegen die Mittagssonne ab und beobachtete sie. Katanja spürte noch die Wärme seiner Hand auf der Schulter. Es kam nicht oft vor, dass er sie berührte. Einmal hatte er versucht, ihre Wange zu streicheln. Sie hatte an Janner denken müssen und seine Hand weggeschlagen. Manchmal wünschte sie, er würde es wieder versuchen.
Sie setzte die Flöte ab und winkte zur Esvalya hinüber. Mit wilden Gesten bedeutete sie den jungen Roschs, endlich umzukehren und zurück ins offene Nordmeer zu segeln. Die meisten jungen Männer winkten zurück. Nur Waller Rosch rührte sich nicht. Und die Esvalya drehte nicht ab.
»Übernimm das Steuerruder!«, rief Jacub. »Ich muss mich um die Segel kümmern.« Katanja ging ins Ruderhaus. Als die kleinen Einmaster der Nordmänner näher rückten, begriff sie, warum Jacub sie das Steuerruder hatte übernehmen lassen. Er hatte sämtliche Segel gesetzt und zog nun an den Seilen, um die Rahen in den günstigsten Winkel zu bringen und so den Winddruck zu erhöhen. Er wollte die Poruzzen abhängen. Bald glitt die Casteyrunia am ersten Nordmannschiff vorbei, und die Esvalya blieb zurück.
Katanja bedachte Jacub mit einem zornigen Blick - er tat, als merkte er es nicht. Die Casteyrunia überholte ein Nordmannschiff nach dem anderen. Am Bug erhob sich Yiou, die Raubkatze, und trottete zum Ruderhaus. Vor dem Fenster duckte sie sich und sprang vor Katanjas Augen mit einem einzigen Satz auf das Dach hinauf. Der Kolk, der seit Stunden dort hockte, flatterte krächzend in Katanjas Blickfeld und ließ sich auf dem Bugspriet nieder.
Am Nachmittag kam Land in Sicht - die Nordküste der Insel, auf deren Ostseite Hagobaven lag. So weit war Katanja schon einmal gekommen - im letzten Sommer, auf der Esvalya. Es gab eine östliche Durchfahrt zwischen Festland und Insel, doch die Nordmänner hatten davor gewarnt, den Weg über diese Passage abzukürzen.
Wetterstürze, Seeräuber und Meeresungeheuer lauerten dort, so schworen sie. Also ging Jacub auf Südwestkurs. Die kleine Flotte folgte ihm. Auch die Esvalya war noch in Sichtweite. Die Poruzzen dachten nicht daran, ihren Kurs zu ändern. Gegen die Stimme ihres Herzens hoffte Katanja, dass Jacub sie spätestens an der Südküste der Insel wieder abschütteln würde. Niemand durfte die Lage der Nordsozietät erfahren. Auch Jacub nicht. Katanja würde ihren neuen Begleiter eine Zeitlang verlassen müssen.
Am frühen Abend segelten sie dicht an der Westküste der großen Insel vorbei. Am Horizont entdeckte Katanja eine einzelne dunkle Wolke. Die Frau aus Altbergen beobachtete sie verwundert, denn die See war ruhig, der Wind wehte sanft, und die Abendsonne stand in einem bisher wolkenlosen Himmel. Zudem war es erstaunlich mild. Der erste Sommertag des Jahres, wie Svervagos ihr am Morgen bei der Abfahrt erklärt hatte. Erste Sommertage in der Gegend des Großen Sees traten mindestens einen Mond früher auf. Bald hingen zwei schwarze Wolken in Fahrtrichtung am Himmel.
Jacub kam ins Ruderhaus, griff nach seinem Fernrohr und richtete es auf den Horizont. Katanja ging unter Deck in ihre Kajüte und holte ihr eigenes Fernrohr aus der Truhe. »Es sind keine Wolken«, sagte Jacub, als sie ins Ruderhaus zurückkehrte. »Es sind zwei Schiffe, die brennen. Und sie sind nicht allein.« Er steuerte die Casteyrunia näher an die Küste heran. Danach übergab er Katanja das Steuerruder, ging hinaus und machte sich an den Segeln zu schaffen. Der Zweimaster verlor an Fahrt.
Brennende Schiffe? Katanja setzte das Fernrohr ans Auge und suchte den Horizont ab. Neun Schiffe zählte sie, und es stimmte -über zweien stiegen Rauchsäulen auf. Doch die Schiffe brannten nicht. Schnell rückten sie näher, viel schneller als die anderen. Vier Masten zählte Katanja auf jedem. Bald konnte sie die Quelle des Rauches ausmachen: eine schwarze Röhre, die auf dem Mittelschiff jedes Viermasters zwischen Decksaufbauten und Segeln aufragte.
Katanjas Hand zitterte, als sie das Fernrohr absetzte. Der Weg über das Meer war versperrt! Hastig drehte sie am Steuerruder, der Bug der Casteyrunia glitt
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