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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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darauf röchelte einer, und dann schrie der nächste auf. Bosco und der Mann zehn Schritte vor ihm standen still, starrten ins Dämmerlicht. Etwas Großes, Helles flog heran, prallte auf den Mann vor Bosco, begrub ihn unter sich im Schnee. Bosco hielt den Atem an: eine Kröte, weiß und schwarz gesprenkelt. Sie gurrte, sie quakte, sie schlug ihre Zähne in den Körper des Mannes.
    Bosco riss sich die Armbrust von der Schulter, spannte einen Pfeil ein, spähte und lauschte in die Morgendämmerung. Er richtete sein Inneres Augenohr auf die weiße Kröte, ahmte ihr Gurren und Quaken nach. Ohne sie aus den Augen zu lassen, näherte er sich ihr. Einer der Männer tauchte zwischen den Ruinen auf, rannte keuchend an ihm vorbei, lief zurück zur Küste. Zwei Kröten sprangen aus den verschneiten Gemäuern und zerrissen ihn.
    Wildes Getrommel wollte Boscos Brust sprengen. Er drehte sich, zielte in alle Richtungen, quäkte und gurrte unablässig. Die Schreie eines Kriegers irgendwo zwischen den Ruinen gingen in Röcheln über. Sechs, sieben und mehr Kröten umringten Bosco auf einmal. Ihre Kehlsäcke pulsierten, ihre gelben Augen glitzerten kalt, aus ihren breiten Mäulern schnellten Zungen. Sein Augenohr tastete nach ihnen, lauschte sich in die Muster ihrer Empfindungen hinein. Sein Quaken und Gurren erzählte ihnen von Beute auf dem Eis der Meerenge. Endlich sprang die größte der Kröten ab, landete zehn Schritte entfernt im Schnee, sprang weiter in Richtung Küste. Die anderen folgten nach und nach, weitere schlossen sich ihnen an.
    Bosco zitterten die Knie. Er setzte sich in den Schnee, zwang sich zu tiefen Atemzügen. Eine Zeitlang verharrte er so, bis sein Herzschlag sich beruhigte. Schließlich erhob er sich, schwankte ein wenig, ging weiter. Sechs Kröten hockten auf den Leichen der anderen Männer und zerrissen sie, überall Blut. Er ahmte das rollende Gequake nach, ging an ihnen vorbei, beschleunigte seinen Schritt. Die drei Möwen flogen voran, wiesen ihm den Weg.
    Dann ein Turm und davor ein Mann in schwarzem Pelz. Der Grauzopf. Bosco ging hinter einem verschneiten Busch in Deckung. Der Grauzopf griff in die Tasche und warf etwas durch die offene Tür ins Innere des Turms. Danach blickte er nach oben, raunte heiser und pfiff schließlich durch die Zähne. Ein Schwarm Graukolks und Möwen flogen aus Mauernischen und verschneiten Bäumen. Krächzend und kreischend flatterten sie an dem Magier vorbei ins Innere des Turmes. Auch die drei Möwen, die Bosco bis zum Turm gelotst hatten.
    Der Magier warf das Tor zu, verkeilte es mit zwei Balken. Bosco stand auf. Im Laufschritt kam ihm der Grauzopf entgegen. Er zeigte sich nicht überrascht, ihn zu sehen. »Wo sind die anderen?«
    Bosco deutete nach Westen und lief neben ihm her zurück zur Küste.
    »Sie sitzen in der Falle, Ginolu!« Der Magier keuchte. »Die Krieger müssen nur meiner Spur im Schnee folgen.«
    »Ich gratuliere dir«, sagte Bosco mit belegter Stimme.
    »Warum bist du allein?« Der Magier blieb stehen. Zwanzig Schritte weiter hockten die Kröten im blutgetränkten Schnee und hielten ihr grausiges Mahl. »Was ist das?« Der Grauzopf aus Eyrun riss sein Schwert aus der Rückenscheide.
    »Nordmeerkröten.« Bosco hob die Armbrust. Leise begann er wieder zu quaken und zu gurren. Von der Küste her gellten Schreie durch die Morgendämmerung.
    Der Magier drehte sich nach ihm um. Sehr schmal wurden seine Augen, als er die auf sich gerichtete Armbrust in Boscos Händen sah. »Was soll das, Dolmetscher? Und was gibst du da für Töne von dir?«
    »Verfluchter Hexenmeister«, zischte Bosco.
    »Wie redest du mit mir, Ginolu?« Roscar von Eyrun runzelte die grauen Brauen. »Ich bin ein Verehrer Dashirins, das weißt du doch! Ich kämpfe für den Goldzeitschatz!« Mit dem Schwert winkte er Bosco zu sich. »Komm schon, wir müssen Verstärkung holen. Die Feinde der Goldzeit und ihre Anführerin stecken im Turm fest. Nur dieses verfluchte Weib kennt den Weg zur Lichterburg. Wir müssen ihr das Geheimnis entreißen!«
    »Was weißt du schon von der Lichterburg, verfluchter Hexer?«, rief Bosco. »Kennst sie doch nur aus Legenden und Märchen. Eine einzige große Täuschung ist sie!«
    »Du lästerst Dashirin?« Der Magier kam zurück, langsam, Schritt für Schritt. Seine Augen funkelten. »Bist du denn ein Verräter?«
    »Ich bin einer, der scharf sehen kann, obwohl er nur ein Auge hat. Und ich sehe, dass die Lichterburg nicht die heilige Stätte ist, für die du und

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