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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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hatte vier Schiffe mit mehr als zweihundert Mann besetzt, und obwohl der See an den Ufern bereits gefror, bereitete der graue Ritter seine Flotte darauf vor, auf den See und zur Wrackinsel hinaus zu segeln.
    Angst machte sich in der Sozietät breit. Am gleichen Tag jedoch setzte dichtes Schneetreiben ein, und der befürchtete Angriff blieb aus. Das Schneetreiben hielt fünf Tage lang an - man sah kaum seine eigene Hand vor Augen -, und als es nachließ, war der See zugefroren und von einer hohen Schneeschicht bedeckt. Unter den Menschen auf der Wrackinsel überwog jetzt die Erleichterung.
    Tage vergingen ohne Nachrichten vom Seeufer. Das Eis trug, und die Männer und Frauen der Sozietät begannen einen Schneewall rund um die Wrackinsel aufzuschichten. Am neunten Tag des zweiten Mondes landete um die Mittagszeit wieder ein Kolk auf der Wrackinsel mit einer Botschaft der am Ufer Zurückgebliebenen. Sie lautete: Catavar, ein Ritter aus Albridan und zwei Heerführer der Barbaren sind bei Sonnenaufgang aufs Eis hinaus marschiert. Mehr als zweihundert Krieger sind bei ihnen, die meisten Barbaren. Sie haben Schlitten gebaut, auf denen sie neben Proviant und Ausrüstung auch große Käfige mit Möwen und Graukolks auf den See hinaus ziehen. Ihr müsst mit einem Angriff rechnen!
    Von dieser Stunde an besetzte Tondobar den Schneewall mit fünfzig Männern und Frauen. Alle sechs Stunden lösten fünfzig andere sie ab. Die gesamte Reiterei der Katafrakte stand hinter dem Tor des Schneewalls zum Ausrücken bereit. Alle kampffähigen Männer und Frauen schliefen neben ihren Waffen, auch die Halbwüchsigen.
    Am dritten Tag nach der Ankündigung des Angriffes weckte Lundis ihre Meisterin. »Greife belagern uns. Sollen wir sie vertreiben?«
    Grittana stand auf, hüllte sich in zwei Pelze und trat auf das Außendeck des Wracks, in dem sie sich eingerichtet hatte. Im Osten stieg die Morgensonne in einen wolkenlosen Himmel. Auf der Krone des Schneewalls hockten wahrhaftig große, schwarz gefiederte Greife. Zwei Dutzend zählte sie. Von Norden her flogen ständig mehr heran und landeten auf dem Schneewall. »Nein«, sagte Grittana. »Verscheucht sie bloß nicht.«
    »Bist du sicher?« Lundis runzelte zweifelnd die Stirn.
    Grittana blickte in den Winterhimmel. Zwei große weiße Vögel zogen ihre Kreise über der Wrackinsel. Ohne Eile bewegen sie die weiten Schwingen. Sie schloss die Augen. Tiefe Dankbarkeit erfüllte sie. Alle Sorge, alle Angst der vergangenen Tage fielen von ihr ab.
    »Was ist mit dir?« Lundis berührte sie am Arm, die unerklärliche Heiterkeit der Meisterin erschreckte sie.
    Grittana öffnete die Augen und lächelte. »Ich bin ganz sicher.« Sie deutete zum Himmel. »Die Anderen sind gekommen. Gehe und sorge dafür, dass alle es erfahren. Niemand muss sich mehr fürchten.«
    Die Ratsfrau starrte ungläubig in den Himmel. Grittana ließ sie stehen, stieg aus dem Wrack und schritt zum Schneewall. Die Katafrakte sammelten sich vor der Stelle, an der sie den Wall durchbrechen wollten, um sich den Angreifern entgegenzuwerfen.
    »Wir haben Hilfe bekommen!« Die Meisterin deutete in den Himmel, während sie die in den Schnee gehauenen Stufen zum Wall emporstieg. »Die Andere Welt hat Hilfe geschickt!« Die Katafrakte und die Wächter auf dem Wall blickten ratlos zu den beiden großen weißen Vögeln hinauf.
    Auf dem Wall gesellte Grittana sich zu den Wächtern und ließ sich ein Fernrohr geben. Von Norden her flogen schon wieder drei schwarze Seegreife heran und landeten auf der östlichen Wallkrone. Die Meisterin spähte durch das Sehrohr. Sie musste das Eis nicht lange absuchen - aus dem Osten näherte sich das Heer des grauen Catavars. »Sie kommen!«, rief im selben Moment auch einer der Wächter.
    An der Spitze marschierte einer in grauer Rüstung und rotem Mantel: Catavar selbst. Der rechte Arm fehlte ihm. Er hatte sich sein Langschwert auf die Schulter gelegt und hielt es mit der Linken fest. Über den Helm hatte er sich eine schwarze Kapuze mit Sehschlitzen gestülpt. Schon von weitem sahen die auf dem Schneewall das blaue Licht aus den Schlitzen leuchten.
    Zu seiner Rechten schritt ein hünenhafter und schwergewichtiger Mann mit langem Bart und krummen Beinen; ein albridanischer Ritter, vermutete Grittana, denn auf seinem Brustharnisch prangte das Bild eines schwarzen Greifen vor rotem Hintergrund. An Catavars linker Seite ging ein kleiner, schmächtiger Krieger mit schwarzer Rüstung und in rotem Mantel. Ein

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