Die Tochter Der Goldzeit
deine Legenden sie halten.«
»Du täuschst dich, Verräter!« Roscar von Eyrun hob sein Langschwert. »Ich weiß es von Menschen, die klüger und mächtiger sind als du! Von Menschen, die nichts sehnlicher herbeiwünschen als eine neue Goldzeit!« Näher und näher kam er. Seine Augen glitzerten wie Eis, in dem Mondlicht sich spiegelt. Fünf Schritte nur trennten die Männer noch. »Und ich weiß es aus dem Heiligen Buch des Spruches Dashirin an Alphatar! Die Lichterburg ist ein erhabener Ort! Sie birgt den Schatz der Goldzeit! Sie birgt Frieden und Glück und die Zukunft der Menschheit ...«
»Bleib stehen, du Narr!« Bosco legte die Armbrust an. Seltsam schwer wurden ihm die Glieder auf einmal. Zerrten schon die magischen Kräfte des Hexers an ihm? »Ein Bild hast du dir ins Hirn gesaugt aus diesem verführerischen Buch.« Zwei Kröten zwischen den zerrissenen Toten richteten sich auf und äugten zu den Männern herüber. »Dieses Bild hältst du jetzt für die Wahrheit.« Bosco rang nach Luft, eine unsichtbare Kraft presste seinen Brustkorb zusammen. »Du glaubst an ein Phantom, das es nur in deinem Hirn gibt.
Und für dieses Phantom lieferst du Menschen dem Tod aus ...« Die letzten Worte stieß er nur noch keuchend heraus. »Narr ...!«
Zornesadern schwollen an den Schläfen des Magiers. Er hob sein Schwert und griff Bosco an. Der warf sich zur Seite, konnte aber wegen seiner bleischweren Arme keinen Pfeil abfeuern. Roscar von Eyrun hob die Klinge und setzte zum nächsten Angriff an. Bosco begann dunkel zu quaken und zu gurren. Der Magier stutzte und runzelte die Stirn. Ein Schatten flog durch die Morgendämmerung, prallte auf ihn, riss ihn zu Boden. Im selben Augenblick wich die bleierne Schwere aus Boscos Gliedern und Brust.
»Hilf mir, Ginolu!«, schrie der Grauzopf. Er versuchte sein Schwert gegen die Bestie zu heben, die schwer und breit auf ihm hockte, doch die verbiss sich in seinem Arm.
»So wie du Tikanum geholfen hast, Hexenmeister?«, keuchte Bosco bitter.
Der Magier schrie - bis die zweite Kröte ihn ansprang und ihm die Kehle durchbiss. Sein Geschrei erstickte in gurgelndem Röcheln. Schaudernd wandte Bosco sich ab. Er stand auf und machte sich auf den Weg zum Turm. Hinter ihm blieb das hässliche Geräusch zerreißenden Fleisches zurück. Bosco nahm den Pfeil aus der Armbrust, steckte ihn in den Hüftköcher unter seinen Mantel und hängte sich die Waffe auf den Rücken.
Am Turm standen sie am offenen Tor - eine Frau und ein paar Männer, alle in dicke Felle gehüllt. Wer er sei, wollte die Frau wissen. Sie war zierlich gebaut, in ihren hellwachen Augen brannte ein Feuer, und schwarze, von silbernen Fäden durchzogene Locken rahmten ihr schmales Gesicht. Bosco sah sie und wusste, wem er gegenüberstand: einer, die ihm ebenbürtig war; einer, die in Abgründe geschaut und überlebt hatte. Einer künftigen Meisterin.
Vor ihr blieb er stehen, sah den Männern in die Gesichter. Und dann erkannte er Tiban. »Tarsina«, sagte er, und Tiban antwortete mit dem Namen der toten Meisterin. Sie fielen einander in die Arme.
»Ihr müsst fort von hier«, sagte Bosco später zu der zierlichen Frau aus Altbergen; alle ihre Gefährten hatte sie ihm inzwischen vorgestellt. Der Rotschopf zog sich mit gesenktem Blick in den Turm zurück, als er vom Tod des Magiers erfuhr. Bosco blickte in den Himmel. »Es wird bald wieder schneien. Wenn ihr heute noch aufbrecht, wird der Schnee eure Spuren zudecken.«
»Und du?«, fragte Katanja.
»Bis zu dieser Stunde hattest du einen Verbündeten im Heer des Eisernen und wusstest es nicht. Ich hoffe, dieser Verbündete wird in den Reihen deiner Verfolger überleben, bis du die Lichterburg erreichst.«
Das waren Boscos Worte, und sein Entschluss stand fest.
Die Männer und Frauen zäumten die Caniden auf und packten die Schlitten. Ein Barbar mit drei Augen verabschiedete sich wortreich von Katanja und ihren Gefährten. Einer aus Hagobaven nahm dem Dreiauge und seinen Nordmännern den Schwur ab, niemals und niemandem gegenüber das unterirdische Labyrinth der Sozietät zu erwähnen. Sie schworen bei allen Göttern, die sie fürchteten. Es waren nicht wenige.
Mit Tiban und Katanja tauschte Bosco knappe Berichte aus. »Sie werden dich fragen, wo du gewesen bist und wohin die Möwen geflogen sind.« Beim Abschied versuchte die Frau aus Altbergen noch einmal, Bosco zum Bleiben zu überreden. »Es ist viel zu gefährlich für dich, auf die Bryta zurückzugehen.«
»Ich
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