Die Tochter Der Goldzeit
ihm vertraut. Doch er war zu erregt, um diesem Eindruck nachzuspüren. Er bezwang seine Unruhe und den Drang zur Eile. An der Reling entlang schlenderte er hinüber auf die Steuerbordseite.
Torya saß schon im Ruderboot. Bosco stieg zu ihr hinunter. Kein Wort sprach sie mit ihm, als er sich neben sie setzte. Maragostes entdeckte er nicht unter den Männern auf den Ruderbänken. Er spürte sein Herz in den Schläfen klopfen und zählte die Schläge, um sich von seiner eigenen Erregung abzulenken. Das albridanische Ruderboot wollte den Flottenmeister auf dem Weg zur Bryta auf seinem Schiff absetzen. Wenn er die Etlantyca nicht schnell verließ, war sein Leben in Gefahr.
Endlich öffneten sie oben das Relingtor auch für Maragostes. Der dürre Flottenmeister mit dem langen Grauhaar stieg hinab, setzte sich zu Bosco und Torya ans Heck und griff nach dem Steuer. Die Männer legten ab und ruderten los. Die Bordwand der Etlantyca ent-fernte sich rasch. Bosco atmete erleichtert auf. »Was gibt es Neues?«, fragte er und bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall.
»Nadolpher macht sich Sorgen um Catavar«, antwortete Maragostes. »Der Erste Schwertmeister wollte einen Boten schicken, sobald er die Bergstadt unterworfen hat. Bis jetzt wartet Nadolpher vergeblich.«
»Uns soll es recht sein«, flüsterte die Königin. »Oder etwa nicht, Maragostes?«
»Der Fürst hat beschlossen, so lange nach Osten zu fahren, bis das Eis uns aufhält«, fuhr Maragostes fort, ohne auf Toryas Frage einzugehen. »Danach will er Späher auf dem Landweg nach Norden und ins Innere der Ostwildwelt schicken. Sie sollen nach Barbarenstämmen in dieser Gegend suchen und sie nach der Lichterburg fragen.«
»Das ist klug«, ergriff wieder die Königin das Wort. »Stände diese Burg nicht irgendwo hier im Norden, hätte das verfluchte Weib auch nicht den weiten Weg hierher gemacht.«
»Der Norden ist endlos«, murmelte Maragostes, »und der Osten sowieso.« Es klang mutlos.
Auf einmal zerriss ein gewaltiger Donner die kalte Stille über dem Nordsund. Bosco barg seinen Schädel zwischen den Armen, die Männer auf den Ruderbänken schrien auf, Maragostes beugte sich schützend über die Königin. Einen Atemzug später richteten alle sich wieder auf und blickten zurück zur Etlantyca. Flammen schlugen aus dem Mittelschiff, eine schwarze Rauchwolke stand über den Deckaufbauten, Menschen rannten schreiend an der Reling entlang.
»Wir müssen zurück«, sagte Bosco heiser. »Wir müssen helfen.« Schon bekam das kastenförmige Schiff Schlagseite.
»Lass sie doch untergehen!«, zischte Torya. Statt Schrecken spiegelte sich grimmige Freude in ihren Zügen. »Lass doch den kurzsichtigen Zwerg und seinen schwarzen Titanen absaufen!«
Erschrocken starrte Maragostes sie an.
»Je schneller wir sie los sind, desto besser«, flüsterte die Königin. »Oder etwa nicht, Flottenmeister?«
Der schluckte, wusste nicht, was antworten, und stierte schließlich wie die Albriden im Boot mit entsetztem Blick zur untergehenden
Etlantyca hinüber.
Der Viermaster brannte lichterloh. Vogelschwärme lösten sich aus Rauch und Flammen und flatterten zu den letzten beiden noch verbliebenen Schiffen der Jusarikaner. Eine Stunde, nachdem der Kessel und mit ihm das Mittelschiff zerrissen war, sank die Etlantyca. Über vierzig Südländer und neun Jusarikaner verbrannten oder ertranken. Nadolpher und der Eiserne waren nicht darunter. Nicht einmal dessen Canide und Mammutstier.
Bosco und die Königin waren enttäuscht.
Kapitel 19
Vierzig eisäugige Caniden zogen sie auf fünf Schlitten durch verschneite Wälder bis zur Westküste des nordischen Festlandes. Gegen Ende des dritten Mondes kamen sie dort an. In dieser Gegend herrschte noch tiefer Winter. Die Schneeschmelze hatte noch nicht einmal eingesetzt.
Am Rande eines Waldes aus gut hundert Meter hohen Nadelbäumen mit rötlichen Stämmen stießen sie auf ein Lager von etwa dreißig Nomaden. Die ungewöhnlich kleinen, über und über mit fettigem Haar bedeckten Männer und Frauen waren aus dem hohen Norden hierher in - aus ihrer Sicht - mildere Regionen gewandert, um Jauberobs zu jagen. Die Nadelbäume hielt Katanja für mutierte Rottannen. Ihre vereisten Stämme sahen aus wie rote Türme, und sechs Männer mussten ihre Arme ausbreiten, um den größten der Bäume umfassen zu können.
Die lange Reise hatte sie erschöpft, die Essensvorräte waren aufgebraucht, und so entschieden Katanja, Weronius und Jacub, im Lager
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