Die Tochter Der Goldzeit
Dunst und Morast. Jacub konnte es nicht fassen, blinzelte, sah erneut hin: Zwei Krieger in weißen Pelzmänteln und mit langem weißblondem Haar schritten zweihundert Schritte vor der Lichterburg und vor den kämpfenden oder heranstürmenden Heeren über den gefrorenen Schnee. Sie gingen von Süden nach Norden auf einer Linie, die Jacub auf dem Wall und den Eisernen und seine Krieger in der Ebene trennte; sie schritten langsam, schlenderten beinahe, als hätten sie alle Zeit der Welt und als würde das Kämpfen und Schlachten und Wimmeln auf der winterlichen Ebene sie nicht kümmern. Und hinter ihnen schmolz der Schnee auf einer Breite von zwanzig Schritten so schnell, dass Dunst aufstieg und Jacub Schmelzwasser gurgeln hörte. Und in dieser gurgelnden, dampfenden Schneise wuchsen Sträucher und Büsche und Bäume so rasch, dass Jacub zuschauen konnte. Da, wo die wuchernde Schneise begann, standen Bäumchen und Unterholz schon so dicht und so hoch, dass der Rotschopf aus Eyrun weder den Eisernen noch seine Großkatze mehr sehen konnte. Nur den Kampflärm konnte er hören.
Ihm war schwindlig, er konnte nicht glauben, was er sah, glaubte kaum, was er hörte. Sein Mund war trocken, sein Herz pochte in allen Gliedern, in seinen Knien schien heißes Fett zu wabern. Er drehte sich um und wankte den Schneehang hinauf. Vorbei an den vom Flötenspiel verzauberten Raubpelzen stolperte er zur Wallkrone hinauf. Oben angekommen, schöpfte er kurz Atem und blickte in das blaue Leuchten der Lichterburg. Geblendet kniff er die Lider zusammen. Mit halb geschlossenen Augen rutschte er den Schneehang hinunter. Die Flötenmelodie blieb zurück, Jacub tauchte in blaues Geflimmer ein.
Kapitel 26
Der harte Schnee glitt unter ihren Tatzen hinweg, fast flog sie. Der schwarze Riese war ihr Ziel, der Blitzwerfer - den Feuerkopf wollte er töten. Sie sah ihn und wusste es. Alles andere, was hier geschah, blieb ihr ein Rätsel: Die blaue Lichtfestung, die weißen Gestalten, hinter denen Schnee schmolz und Wildnis wucherte, die vielen Nackthäuter, die mit Eisenzähnen jeder Größe aufeinander eindroschen - was hatte das alles zu bedeuten? Yiou begriff es nicht, und es war ihr gleichgültig - der schwarze Riese wollte ihren Feuerkopf töten, das begriff sie, das ließ ihr Blut sieden. Sie wollte ihm die Kehle zerreißen, und nichts und niemand sollte sie daran hindern.
Fauchend jagte sie an einem wimmelnden Fellhaufen vorbei. Die eisige Luft stank nach Langschnauzen hier und nach Langschnauzenblut. Viele, viele Zottelpelze hatten sich in eine Mammutlangschnauze verbissen. Yiou kannte die Zottelpelze, lebte und wanderte seit vielen Monden mit ihnen, hatte sich an sie gewöhnt. Die meisten lagen nun zerrissen im Schnee, der rund um den Kampfplatz von ihrem Blut getränkt war. Dampf stieg von den zerfleischten Kadavern auf.
Auch die Mammutlangschnauze kannte Yiou. Sie gehörte zu dem Riesen, der den Feuerkopf mit seinem Blitz töten wollte. So einer großen Langschnauze hatte sie schon einmal die Kehle durchgebissen. Lange her. Bei dieser hier musste sie das nicht tun. Die letzten noch lebenden Zottelpelze hatten es schon getan. Gut so. Die Stoßzahnschnauze zuckte nur noch, war schon beinahe tot.
Der Blitzschleuderer aber lebte noch, der schwarze Riese. Eben fuhr seine Axt in den Schädel des letzten Zottelpelzes, der ihn aufhalten wollte. Die Langschnauze fiel in den Schnee und verendete. Vor dem gewaltigen schwarzen Gehörn des Riesennackthäuters hielt Yiou an. Breitbeinig und mit gesträubtem Rückenfell verharrte sie und fauchte. Das massige Großgehörn verströmte einen scharfen und bitteren Geruch. Oder stammte der von dem schwarzen Blitzwerfer auf seinem Rücken?
Yiou duckte sich, stieß sich ab und sprang dem schwarzen Gehörn an die Kehle. Das blökte in Todesnot, warf den Kopf hin und her, versuchte Yiou abzuschütteln. Doch die verbiss sich nur noch tiefer in seine Kehle, riss und kaute und zerrte. Das Riesengehörn warf sich herum, blökte, knickte in den Vorderläufen ein, krachte in den blutigen Schnee und strampelte mit den Hinterhufen. Der schwarze Titan stürzte von seinem Rücken, rollte sich ab und sprang auf. Das Gestrampel des Riesengehörns erlahmte, sein grollendes Blöken verstummte, sein Blut sprudelte in den Schnee, die Kraft verließ es.
Yiou ließ das sterbende Gehörn los, sprang auf, duckte sich zum Sprung - zu spät. Der Blitz des Titanen traf ihr Stirnfell, drang in ihr Hirn. Es roch nach verbranntem Haar,
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