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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Schritte vor dem Zugang in die Decksaufbauten wurde es seltsam hell hinter der Türschwelle, als hätte dort jemand ein Licht entzündet. Eine junge Frau mit langem, weißblondem Haar trat ins Freie, eine zweite von ähnlichem Aussehen folgte ihr. Sie unterhielten sich lebhaft. Grittana und die beiden Männer blieben stehen und blickten sie erschrocken an. Die Frauen aber nahmen kaum Notiz von ihnen. Ihre Stimmen lösten sich aus dem Stimmengewirr hinter ihnen in der Dunkelheit jenseits der Türöffnung, von einem auf den anderen Moment verstand Grittana jedes Wort, das sie miteinander sprachen.
    »Das sind die drei«, sagte die eine, während sie auf Grittana und die Männer zukamen. Sie trugen makellose, schneeweiße Mäntel aus feinem, samtartigem Pelz. Waren es überhaupt Frauen? Waren es nicht eher junge Männer?
    »Die drei aus Altbergen«, sagte die andere. »Liegt nicht die Zukunft der Erde in ihren Händen?«
    »Nicht nur in ihren zum Glück!« Die andere lachte spöttisch. Bevor sie an der Meisterin vorbeigingen, verlangsamten sie den Schritt. »Grittana, die Meisterin von Altbergen, sie hat das Mädchen erzogen.« Trotz des Lärms aus dem Inneren des Wracks waren ihre hellen Stimmen gut zu verstehen.
    »Mehr als achtzig Winter hat sie gesehen«, sagte die andere, »und darf dennoch das süße Nichts erst schmecken, wenn der Kampf entschieden ist.«
    Grittana stockte der Atem. Sie sah in die strahlend weißen Gesichter. Keineswegs waren sie glatt und jung, wie sie anfangs geglaubt hatte. Fein gemasert erschienen sie plötzlich, das Haar der rätselhaften Wesen war nicht weißblond, sondern schneeweiß wie das von Greisen, und ihre roten Augen schienen uralt zu sein. Kein Wort brachte Grittana heraus, und die beiden Weißen schritten ohne Eile an ihr vorbei.
    »Schau den Schwarzbart an«, sagte die eine. »Er hat das Mädchen gezeugt.«
    »Kann er weinen?«, fragte die andere.
    »Er wird es lernen müssen! Tondobar, der Ratsälteste von Altbergen, wird lernen müssen zu weinen!« Auch an den Männern gingen sie vorbei.
    »Nein ... ich ... ich bin's nicht«, stammelte Tondobar. »Er ist es ... er ist der Ratsälteste von Altbergen .« Er deutete auf den vor Schreck starren und stummen Linderau.
    Die beiden Weißhaarigen lachten laut. Etwas schien sie mächtig zu erheitern.
    »Wer seid ihr?«, rief Grittana hinter ihnen her.
    »Wir sind wir!« Eine sah zurück. »Geht nur weiter! Man erwartet euch!« Seite an Seite tänzelten sie zum Bug des Wracks, ihre hellen Stimmen entfernten sich. Grittana blickte auf ihre Spuren im Schnee, beide waren barfuß. Die Stimmen aus dem Inneren des Schiffes überlagerten wieder ihr heiteres Geplauder.
    Linderau schob sich nahe an die Meisterin. »Sollen wir es wirklich wagen?«, flüsterte er. Er schluckte, das Entsetzen trieb ihm das Wasser in die Augen.
    »Haben wir denn eine Wahl?«, zischte Grittana.
    Der Ratsälteste antwortete nicht.
    Sie winkte Tondobar mit einer Kopfbewegung hinter sich her, fasste Linderau am Arm und zog ihn bis zur Tür. Lautes Gelächter und erregtes Palaver tönten aus ihr. »Kommt jetzt.« Grittana ließ Linderau los und trat über die Schwelle durch die Öffnung. Schlagartig verstummten Stimmen und Gelächter. Eine gespenstische Stille trat ein.
    Grittana weigerte sich, dem Grausen, das in ihr aufstieg, auch nur einen Fingerbreit Raum zu lassen. »Hinunter!«, rief sie. Sie stieg eine Treppe ins Halbdunkle hinab, wich Schutt, Geäst und dem Skelett eines Tieres aus. Schnell merkte sie, dass die Schritte der Männer zurückblieben. Alle drei Stufen blieb sie stehen, winkte energisch und wartete, bis Tondobar und Linderau aufgeschlossen hatten.
    Wasser plätscherte leise. Warme Luft wehte sie an, als sie die Hälfte der Treppe hinter sich hatten. Ein seltsamer Duft stieg der Meisterin in die Nase, ein angenehmer Duft; er kam ihr vertraut vor. Als sie die vorletzte Stufe erreichte, sah sie einen Lichtschein auf einer Pfütze tanzen. Auf einer Pfütze?
    Sie tastete die Wände ab - Schmelzwasser floss in kleinen Rinnsalen an ihnen herunter. Sie fuhr herum - die Eiszapfen in Tondobars Bart waren verschwunden. Sie blickte wieder in die Pfütze - der Lichtschein schillerte in den Farben des Regenbogens. Er tanzte an den Rand des Wassers, ein Stück über den Boden und dann bis zur Schwelle eines Durchgangs.
    Grittana winkte den Männern, nahm die letzten beiden Stufen und watete durch die Pfütze bis zu der Türöffnung. Der bunte Lichtfleck huschte in

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