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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Salzburgischen geschehen ist? Da hat der Fürsterzbischof einen Bauern in Hirschhaut nähen und auf dem Markt öffentlich von seinen Hunden zerfleischen lassen. Nur weil er einen Hirsch gewildert hatte.»
    «Wenn du noch lauter schreist», versuchte Marusch ihren Gefährten zu beruhigen, «kommt der Holzwart und riecht, was wir im Topf haben. Also los, rasch runter mit dem Essen, und dann wird euch Leo die Überschüsse aus Offenburg ausbezahlen.»
    Immer noch verstimmt, holte der Prinzipal eine halbe Stunde später seine Reisekasse aus dem Wagen und leerte die Münzen auf ein Tuch.
    «Wenn uns dieser Hundsfott von Jonas» – Marthe-Marie zuckte zusammen – «nicht so erbarmungslos im Stich gelassen hätte, wäre mit Sicherheit mehr im Sack. Bedankt euch also bei ihm, falls er euch jemals über den Weg läuft.» Er sortierte die Pfennigstücke aus. «Das hier ist wie immer für unsere Nonne, bleiben zweihundertvier Schillinge geteilt durch unsere zwölf Männer.» Er kratztemit einem Stock ein paar Zahlen in den Dreck und murmelte halblaut vor sich hin. «Sind neunzehn Schillinge für jeden.»
    «Siebzehn.»
    Verblüfft sah Sonntag zu Marthe-Marie. Dann ging er noch einmal seine Rechnung durch und nickte schließlich. «Da hätte ich doch beinahe zu viel ausgezahlt. Also siebzehn.»
    «Warte.» Marusch legte noch eine Hand voll Münzen daneben. «Hier sind noch zweiundvierzig Schillinge vom Maifest der Gesellenbünde.»
    «Dann sind es zweihundertsechsundvierzig.» Marthe-Maries Ergebnis kam blitzschnell. «Macht zwanzig und einen halben für jeden.»
    Diego lachte laut auf.
    «Adam Ries ist auferstanden! Was macht dreizehn mal einundzwanzig?»
    «Zweihundertdreiundsiebzig. Aber jetzt hör auf, mich vorzuführen wie einen dressierten Tanzbären.»
    Die anderen glotzten sie mit offenen Mündern an und widmeten ihre Aufmerksamkeit dann wieder Sonntag, der sich ans Auszahlen machte. Diego nahm sie am Arm und zog sie weg, hinein in die einbrechende Dämmerung.
    «Wie machst du das? Wie kannst du so schnell rechnen?»
    «Ich sehe die Zahlen vor mir.»
    In Diegos Gesicht stand das blanke Erstaunen.
    Sie zuckte die Achseln. «Das konnte ich schon als Kind. Ich musste unsere Dienstmagd immer auf den Markt begleiten, damit sie nicht übers Ohr gehauen wurde. Dabei hatte ich anfangs geglaubt, dass jeder Mensch das kann. Aber es scheint wohl eine besondere Begabung zu sein. Nur kann ich als Frau damit natürlich wenig anfangen.»
    «Als Frau vielleicht nicht, aber als Rechenmeister in Leonhard Sonntags Compagnie.»
    «Du bist verrückt!»
    «Nein, lass mich ausreden. Ich habe schon einen Gedanken, wie wir beide das als neue Eingangsnummer ausbauen können. Mit viel Magie und Hokuspokus. Du wirst sehen, bis wir in Freudenstadt sind, haben wir die Nummer einstudiert, und sie wird ein großer Erfolg. Nein, früher schon.» Er fasste sie bei den Schultern. «Und in Gengenbach werde ich diese saublöde Affennummer das letzte Mal geben.»
    «Das ist dir wohl das Wichtigste.»
    Die Freude in seinem Gesicht wich Ernst. «Nein. Ich habe schon oft daran gedacht, wie es wäre, mit dir zusammen aufzutreten. Anstatt mit diesem Jonas Bälle durch die Luft zu schleudern. Dass er abgehauen ist, war für die Truppe ein herber Schlag, aber mir war es, ehrlich gesagt, recht. Ich habe immer befürchtet, du könntest an diesen studierten Halbmagister dein Herz verlieren und mit ihm durchbrennen. Als du dann in Offenburg wieder zu uns zurückgekommen bist, war ich froh wie lange nicht mehr.»
    «Davon hast du nicht viel gezeigt.»
    «Ich konnte es nicht.» Seine Stimme wurde leiser, weich, der Blick aus seinen smaragdgrünen Augen drang tief in ihr Inneres, gerade wie bei ihrer ersten Begegnung. «Denkst du noch viel an den Kerl?»
    «Lass uns nicht mehr über Jonas reden.»
    «Von mir aus sehr gerne.» Er strich ihr unbeholfen über die Wange. «Und jetzt komm, besprechen wir mit Leonhard unsere Pläne. Ich habe ein paar wunderbare Einfälle. Wie sagt man bei uns in Spanien: ‹Die Tat folgt dem Gedanken wie der Karren dem Ochsen›.»

13
    Caspar behielt Recht mit seiner Ahnung: Nach einer einzigen Aufführung schon mussten sie ihre Zelte wieder abbrechen. Dabei waren die Menschen von ihren Darbietungen begeistert gewesen, hatten das Kamel bestürmt, bis es zu schnappen begann, und Schlange gestanden vor Salomes schwarzem Zelt. Selbst Ambrosius hatte mit seinen Wundertinkturen, Vipernpillen und in Wachs gegossenen Quecksilberkügelchen ungeahnte

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