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Die Tochter der Ketzerin

Die Tochter der Ketzerin

Titel: Die Tochter der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Kent
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zu mir um. Sein Gesich war vom Bier und von der Hitze des Feuers gerötet, und sein Lächeln war auf einmal wie weggeblasen. Er hob den Finger, zeigte auf mich und stocherte damit in der Luft herum wie mit einem Schwert. »Ich beobachte euch. Ich beobachte euch alle!«, rief er.
    Mercy machte einen Schritt auf mich zu. »Was willst du hier?« Ein Zipfel ihres braunen Kleids hatte sich hochgeschoben, sodass ein Stückchen von ihrem scharlachroten Unterrock hervorblitzte. Als sie näher kam, stellte ich fest, dass sie das Kleid mit der mir gestohlenen Nadel hochgesteckt hatte. Die Nadel lüpfte den dunkleren Oberrock, als hätte ein Luftzug oder ein falscher Schritt ihn gebauscht, während sie durch den Raum eilte. Da ich dieses Rot von Margarets Puppe kannte, war mir nun klar, was der Onkel mit dem eigentlich seiner Frau zugedachten Stoff gemacht hatte.
    Ich hob meinen Eimer. »Ich möchte Bier holen«, wandte ich mich an Goodwife Chandler, woraufhin sie den Eimer und die Münzen nahm und in der Küche verschwand. Mercy legte den Arm um Phoebes Schulter, zog sie in eine Zimmerecke und flüsterte ihr etwas ins Ohr, ohne darauf zu achten, dass die Männer nach der Bedienung riefen. Bald kehrte Goodwife Chandler mit dem Eimer zurück, der mit einer dicken, schaumigen Flüssigkeit gefüllt war, und hielt mir die Tür auf, vermutlich, um sie hinter mir abzuschließen.
    Inzwischen fiel Nieselregen aus den tief hängenden Wolken, die über den Himmel zogen, sodass ich den Deckel fest auf den Eimer drückte und mir den Schal eng um den Kopf zog. Als ich den Hof überquerte, bemerkte ich Phoebe in der Seitentür. Mercy stand dicht hinter ihr. Ich kehrte den beiden den Rücken zu, war allerdings noch keine zwanzig Schritte weit gekommen, als mir ein Stück vom Himmel auf den Hinterkopf fiel. Ich sank auf die Knie. Der Eimer landete, zum Glück unversehrt, auf dem Boden. Neben mir lag ein faustgroßer Stein. Hätte er mich am unbedeckten Kopf getroffen, er hätte vermutlich ein Stück Haut und eine Haarsträhne mitgenommen. Die zwei Mädchen, Phoebe ihren Stein noch immer in der Hand, standen reglos neben dem Brunnen. Als ich hinter meinem Ohr tastete, spürte ich, wie sich dort eine Beule bildete. Der kupferähnliche Geruch nach Blut mischte sich mit der stickigen, mit Regen und Staub erfüllten Luft, denn ich hatte mir auf die Lippe gebissen, sodass sich auf dem Boden ein welliges Muster aus Blutströpfchen bildete. Meine Finger schlossen sich um das feuchte Laub, das den Hof bedeckte. Es ließ mich an die Überreste einer heidnischen Hochzeit denken, denn der Onkel hatte uns erzählt, dass bei den Heiden jede Zeremonie mit einem Opfer endete. Dann fielen mir die Worte meiner Mutter ein: »Wenn nicht für den Bruder, dann nur für das eigene Haus.« Der Onkel hatte mich gegen eine widerliche und verkommene Hure eingetauscht. Meine Hoffnung, Margaret je wiederzusehen, schrumpfte zu etwas, das so hart und winzig war wie die Tonscherbe, die ich im Garten gefunden hatte.
    »Los, mach schon«, hörte ich Mercy sagen, woraufhin Phoebe auf mich zutrat. Sie kniff die Augen zusammen und verzog das Gesicht, um besser sehen zu können. Vermutlich ging sie von sich selbst aus und erwartete deshalb, dass die verschwommene Gestalt, die da vor ihr am Boden kauerte, sich weinend zusammenducken würde. Jedenfalls hatte sie sicher nicht mit einer rasenden Furie in Kindergestalt gerechnet, die sich auf sie stürzte, dass der Schal hinter ihr herwehte wie die Schwingen eines Raubvogels. Vor Schreck ließ sie ihre einzige Waffe fallen, und es blieb ihr kaum die Zeit für einen Protestschrei, als ich sie schon zu Boden schleuderte und mit den Fingernägeln kräftig über ihr dümmliches, milchweißes Gesicht fuhr. Ich zerrte ihr die Haube vom Kopf und riss ihr einige Haarsträhnen aus, bis Mercy sich von hinten auf mich stürzte und mir mit der Faust auf die Ohren schlug. Um mich tretend und beißend warf ich mich auf Mercy, um ihr so viel Schaden wie möglich zuzufügen, wohl wissend, dass sie bald die Oberhand gewinnen würde. Ich trat sie gegen beide Schienbeine und grub die Zähne so fest in ihre Hand, dass ihr die halbmondförmige Narbe für den Rest ihrer Tage erhalten bleiben sollte. Im nächsten Moment erschien die beleibte Gestalt von Goodwife Chandler und rettete mir das Leben, denn sie zerrte uns auseinander, als wolle sie die Sünde von der Erlösung abspalten.
    »Du bist ein Teufel, dich so zu prügeln«, brüllte sie mich an und

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