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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Säulen und den vermodernden Dachvorsprüngen eines vergessenen Palastes über den Hof ragte.
    Der Mann, der das Tor geöffnet hatte, packte sie am Arm und musterte sie mit kurzsichtiger Ungeduld. Unter seinem Arm klemmte eine mit einer Messingspitze versehene Gerte, glatt wie Elfenbein durch häufigen Gebrauch, deren Griff aus einem polierten Affenschädel bestand. Auf seinen großen Ohren ruhte eine ramponierte Schirmmütze, auf der das Doppeltes-Glück-Zeichen prangte. An dem Seil um seinen eingezwängten Bauch hing ein großer Schlüsselbund. Siu-Sing kam es vor, als hätte der Geruch des Todes und des Verfalls sich ihn zum Vorbild genommen.
    Sie ließ sich über den Hof zu einer Treppe führen, wo zwei steinerne Fu-Hunde, mit Patina überzogen, den Hauseingang bewachten. Der Pförtner packte ihr Haar und riss ihr den Kopf in den Nacken; sie musste die Augen gegen die grelle Sonne zusammenkneifen. Dann hörte sie, wie die Tür geöffnet wurde. So unerwartet wie ein Kuss, liebkoste eine sanfte Hand, nicht aufdringlicher als ein Fliegenbein, ihr Kinn, ihre Wange, ihren Hals und drehte ihr Gesicht erst so und dann so herum.
    »Du brauchst keine Angst zu haben, Herr Kwok will dir nichts
Böses.« Die Stimme hätte die eines Mannes oder einer Frau sein können. Um seinen schlechten Atem und seine starken Körperausdünstungen zu überdecken, hatte er ein süßliches Parfüm aufgetragen, von dem ihr übel wurde.
    »Sachte, Herr Kwok. Dieser hübsche Kopf ist doch nicht das Hinterteil eines Esels!«, erhob sich die Stimme gereizt, unterbrochen von einem zarten Hüsteln. Der einstige Mandarin Fan-Lu-Wei schien den Eingang seiner verfallenden Villa auszufüllen. Der kolossartige Mann hatte sich auf einem Thron verblichener Pracht niedergelassen. Eine gesteppte Tunika spannte sich über seinen Schmerbauch. Ein langes, graues Gewand reichte fast bis zu seinen kleinen Füßen, die in weißen Strümpfen und schwarzen Seidenpantoffeln steckten. Eine schäbige Pfauenfeder, die in einer großen roten Glaskugel steckte, krönte seinen runden schwarzen Hut.
    Die Hand, die ihr Kinn so leicht liebkost hatte und weich und weiß wie die einer Frau war, zitterte leicht. Lange Fingernägel, die glänzend lackiert waren, griffen nach einer Peitsche aus weißem Pferdehaar mit einem juwelenbesetzten Griff, mit der er die Fliegen verjagte, die von seiner parfümierten Bekleidung angelockt wurden. Ein cremefarbener Pekinese mit boshaft glänzenden Knopfaugen knurrte von seinem sicheren Schoßplatz aus. Unter Fan-Lu-Weis schmalen Augen waren dunkle Tränensäcke, die auch der Puder nicht verbergen konnten. Er ist krank , dachte Siu-Sing. Seine Leber ist in schlechtem Zustand.
    Er lächelte mit mildem Beifall auf sie herab. Seine schwammigen Wangen waren weiß wie Schmalz. Auf einem Muttermal auf seinem Kinn von der Größe einer Kakerlake sprossen etliche lange schwarze Haare, die bis zu den bunten Perlenketten auf seinem mächtigen Brustkorb reichten. Beiderseits seines schwachen, rosa Mundes hingen spindelige Schnurrbarthaare herab. Er sah aus wie ein kränkelnder Buddha, fand Siu-Sing. Hinter ihm standen zwei Amahs in weißen Jacken, von denen jede einen großen Gänsefederfächer schwang. Sie waren klein und untersetzt wie Ringer, ihre Köpfe versanken in hängenden Schultern, ihre ergrauenden
Haare waren zu strengen Knoten zurückfrisiert, die mit identischen Kämmen befestigt waren. Jede trug einen Jadereif am linken Handgelenk, einen Jadering an der rechten Hand und einen Jade-Talisman auf einem Kopfband aus schwarzer Seide auf der Mitte der Stirn. Sie sind stark , entschied Siu-Sing, aber auch schwer, zu gut im Futter für Geschwindigkeit und Ausdauer.
    »Sie dürfen sie nun mir überlassen, Herr Kwok«, schnaufte Fan-Lu-Wei und wandte sich dann an Siu-Sing. »Du brauchst keine Angst zu haben. Unser armer Pförtner hat sich nur seinen Reis verdient. Komm, die Jade-Amahs werden dir deine Unterkunft zeigen.« Der Thron begann sich auf hölzernen Rädern zu drehen, die unter seinem Gewicht ächzten.
    »Dein Bruder hat mir seine traurige Geschichte erzählt und den sung-tip unterschrieben. Du hast Glück, dass du einen solch fürsorglichen Bruder hast, dem das Wohlergehen seiner kleinen Schwester so am Herzen liegt. Er hat dich mir als Nummer Zwei mooi-jai verkauft, um deine Familie vor dem Hungertod zu retten. Ja, du kannst wirklich von Glück reden, ins Haus des Doppelten Glücks gebracht worden zu sein.«
    Siu-Sing wich vor den ernst

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