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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinzu, »gibt es vor allem erst einmal etwas zu essen. Ich sterbe vor Hunger, und dir geht es gewiss genauso.«
    Noch einmal wartete sie – vergebens – auf eine Antwort von Edith oder ihr, drehte sich schlussendlich mit einem Ruck herum, und ihr Bruder und sie verließen ohne ein weiteres Wort das Schiff.
    Edith wartete, bis die Heimdall aufgehört hatte, sich zu schütteln wie ein Pferd, das endlich einen ungeliebten Reiter abgeworfen hat. »Die beiden sind sind ein sonderbares Paar«, seufzte sie. »Aber im Grunde ihres Herzens ist sie eine gute Frau. Du solltest über ihren Vorschlag nachdenken. Es ist nicht der schlechteste.«
    Und einfach vor dem Schicksal davonlaufen?, dachte Katharina. Warum sagte Edith das? War denn ihr eigenes Schicksal nicht Beweis genug dafür, wie unmöglich das war?
    »Und du?«, fragte sie.
    Edith sah sie an, als hätte sie die Frage nicht verstanden.
    »Würdest du mit mir kommen?«
    »Nein«, antwortete Edith lächelnd. »Das Leben des Fahrenden Volkes ist nichts für mich, mein Kind. Ich könnte es nicht führen, und ich würde ihnen nur zur Last fallen.«
    »Aber wohin willst du denn gehen?«, fragte Katharina.
    »Mach dir keine Sorgen um mich«, beharrte Edith. »Ichhabe es vom anderen Ende der Welt hierhergeschafft und zehn Jahre am Hof des schlimmsten Mannes überlebt, den du dir vorstellen kannst. Es ist nur ein weiterer Sturm, durch den ich segeln muss.«
    Katharina sagte nichts dazu, aber sie spürte, dass Edith log. Was sie sagte, war nicht das, was sie dachte. Ediths Weg war hier zu Ende, vielleicht nicht in dieser Stunde und in diesem Sumpf, aber bald. Auf Schloss Pardeville erwartete sie der sichere Tod, und anderenorts würde man sie davonjagen oder ihr schlimme Dinge antun, war sie doch alt und schwach und nichts als ein nutzloser Esser. Vielleicht, dachte sie traurig, war Vera mit ihrem unfairen Vorwurf gerade der Wahrheit näher gekommen, als sie selbst ahnte. Edith musste gewusst haben, was sie tat, schon als sie Vera und sie befreite, und sie war nicht so dumm, sich der Konsequenzen ihres Tuns nicht bewusst zu sein. Gewiss war es nicht Ausdruck ihres schlechten Gewissens gewesen, wie Vera ihr vorgeworfen hatte.
    Alles vielleicht ihre Art, Buße zu tun.
    Sie sprach nichts von alledem aus, doch ein Gefühl tiefer Trauer ergriff von ihr Besitz, als ihr klar wurde, dass nun auch diese gutherzige alte Frau den Preis dafür bezahlen würde, dass sie, Katharina, einfach da war. Wie viel Leid, wie viel Unglück wäre so vielen Menschen erspart geblieben, wäre sie niemals geboren worden?
    Sie gab sich einen Ruck und zwang ein leicht gequältes Grinsen auf ihre Lippen und einen entsprechenden Ausdruck in ihre Stimme. »Vielleicht müssen wir all diese Entscheidungen ja gar nicht mehr treffen«, sagte sie. »Bis dahin bin ich wahrscheinlich verhungert.«
    Edith sah sie eher misstrauisch an, wenigstens für einen kurzen Moment, dann machte sie eine bedauernde Geste. »Wenn ich eine Schnur hätte, könnte ich versuchen, einen Fisch zu fangen«, sagte sie.
    Katharina schnüffelte demonstrativ. »Ich glaube nicht, dass ich einen Fisch essen möchte, der in diesem Wasser lebt.«
    Das Misstrauen erschien noch einmal in Ediths Augen und brauchte dieses Mal deutlich länger, um wieder zu verschwinden. »Ich könnte … versuchen, ein paar Beeren zu finden«, sagte sie zögerlich. »Es gibt auch Moos, das man essen kann. Es schmeckt nicht wirklich gut, aber es füllt den Magen.«
    »Ich glaube, im Moment würde ich sogar einen Baum essen«, antwortete Katharina.
    Vielleicht hatte sie es damit übertrieben, denn Ediths Blick wurde geradezu bohrend … doch dann nickte sie und stemmte sich mit einem leisen Ächzen hoch. Ihre alten Gelenke knackten wie trockenes Geäst. »Ich werde sehen, ob ich etwas finde«, sagte sie. »Aber versprechen kann ich dir nichts. Das hier ist ein Sumpf, kein Wald … es sie denn, du magst Kröten und Schlangen.«
    »Immer noch besser als rohe Bäume«, versicherte Katharina.
    Edith lachte nicht, sondern sah sie nur abschätzend an, wandte sich dann aber ohne ein weiteres Wort um und stieg umständlich von Bord. Es kostete sie deutliche Mühe, sich einen Weg durch das dichte Gestrüpp zu bahnen, mit dem das Schiff getarnt war, und oben auf der Böschung angekommen, blieb sie noch einmal stehen und sah lange genug nachdenklich auf sie herab, um in Katharina deutliche Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit aufkommen zu lassen. Endlich aber wandte sie sich um

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