Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
Chance bekommst, es besser zu machen und zu beweisen, dass ich mich irre«, antwortete Edith. »Und außerdem –«
Sie unterbrach sich, hörte für einen Moment auf zu rudern und legte lauschend den Kopf auf die Seite. Dann tauchte sie das Ruder umso kräftiger ein, sodass das kleine Boot spürbar zitterte.
»Schnell!«, zischte sie. »Rudere, was du kannst!«
Katharina wusste zwar nicht, warum, ergriff das Ruder aber gehorsam fester und versuchte sich Ediths Tempo anzupassen, was ihr jedoch nicht ganz gelang. Im Ergebnis wurde das Boot nicht deutlich schneller, fuhr dafür aber einen wackeligen Schlingerkurs, der es ein- oder zweimal gefährlich nahe ans Ufer heranführte, bis Edith eingriff. Darüber hinaus aber sah und hörte sie nichts, was der Grund für Ediths plötzliche Vorsicht sein mochte. Tatsächlich begann sie bereits an den Sinnen der alten Dienerin zu zweifeln, als es vor ihnen heller wurde und der Fluss breiter und zugleich so seicht, dass die Ruder jetzt manchmal den schlammigen Grund berührten.
In der nächsten Sekunde war sie umso froher, auf Edith gehört zu haben.
Vor ihnen lag der Rhein, scheinbar unendlich breit und zumindest in ihrer Einbildung ein reißender Strom, der jedes noch so gut gebaute Schiff einfach in Stücke schlagen musste, von dem winzigen Bötchen, in dem sie saßen, gar nicht zu reden. An der Stelle jedoch, in der der Seitenarm in den Strom mündete, war er offensichtlich sehr seicht, denn sie sah gleich ein halbes Dutzend bunt geschmückter Wagen, die von Ochsen oder mageren Pferden gezogen gerade in diesem Moment durch die Furt rollten.
Und dann ging alles viel zu schnell, als dass sie auch nureinen klaren Gedanken fassen konnte – was sich im Nachhinein als reines Glück erwies. Katharina fand kaum Zeit, um richtig zu erschrecken, da schoss das kleine Boot auf einen der Wagen zu, drohte mit ihm zu kollidieren und schrammte dann – wortwörtlich – um Haaresbreite an seinem Heck vorbei, als Edith ihr Ruder eintauchte und im allerletzten Moment die entscheidende Kurskorrektor vornahm. Katharina schrie vor Schreck auf und hätte um ein Haar das Ruder fallen lassen, und dann waren sie auch schon hindurch und schossen pfeilschnell auf den Fluss hinaus. Katharina erhaschte einen flüchtigen Blick auf einige Gesichter, die ihnen verblüfft hinterherstarrten, und sie glaubte, jemanden ihren Namen rufen zu hören, aber schon im nächsten Moment waren sie viel zu weit entfernt. Nun griff die Strömung des großen Flusses nach ihnen und ließ das Boot noch schneller werden.
»Das war knapp«, seufzte Edith. »Ich hätte nicht gedacht, dass sie schon so nahe sind.«
Katharina zog das Ruder vorsichtshalber ganz zu sich ins Boot, bevor es ihr endgültig entgleiten konnte, um auf Nimmerwiedersehen im Fluss zu verschwinden. Erst dann drehte sie sich – sehr vorsichtig – um und sah zu der kleinen Karawane zurück. Sie erschrak ein bisschen, als sie erkannte, wie weit sie sich in den wenigen Augenblicken schon entfernt hatten, doch obwohl sie diese Wagen noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte, wären Ediths Worte gar nicht nötig gewesen, um sie sie erkennen zu lassen. Sie waren so bunt und sonderbar wie ihre Besitzer, und jetzt war sie fast sicher, dass es Veras Stimme gewesen war, die gerade ihren Namen gerufen hatte.
»Hattest du es deshalb so eilig?«, fragte sie.
»Sie wären nicht begeistert, wenn sie wüssten, was du vorhast«, bestätigte Edith.
»Wir«, verbesserte sie Katharina. »Und warum?«
»Du spielst nicht nur mit deinem Leben, mein Kind«, antwortete Edith. »Wenn es uns gelingt, Guthenfels zu warnen, dann kann Guy de Pardeville sein eigenes Grab schaufeln – wenn ihm noch genug Zeit dazu bleibt. Er wird jeden umbringen, der ihm gefährlich werden könnte –« Sie schüttelte den Kopf, als hätte Katharina ihr widersprechen wollen – was sie gar nicht vorgehabt hatte. »Du kannst nicht erwarten, dass Vera und ihre ganze Familie ihre Leben riskieren, um deinen Kampf zu kämpfen, mein Kind.«
»Aber das habe ich doch gar nicht –«, begann Katharina empört und brach dann mitten im Satz ab, als sie Ediths Blick begegnete. Natürlich hatte sie das erwartet. Sie hätte es niemals laut ausgesprochen, aber tief in sich hatte sie es einfach vorausgesetzt.
»Verstehst du jetzt, was ich gemeint habe?«, fragte Edith.
»Nein«, antwortete Katharina ehrlich.
»Hättest du die Macht dazu, würdest du sie zwingen, dir zu helfen?«
»Natürlich
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