Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
haben. Wenn du anfängst, um dich zu schlagen oder gar in Panik gerätst, dann könnten wir beide ertrinken.«
Ja, das war durchaus beruhigend, dachte Katharina. Ihr Herz schlug noch einmal schneller und schien jetzt wie mit winzigen Fäusten von innen gegen ihre Brust zu hämmern.
Sie sah wieder nach vorne. Die Flussbiegung, von der Erik gesprochen hatte, kam jetzt allmählich in Sicht, eine Ansammlung finsterer Schatten zur Rechten, die für sie ebenso gut das Tor zur Hölle sein könnte, wenn sie daran dachte, was sie dahinter erwartete. Sie versuchte die Zeit abzuschätzen, die sie noch brauchten, um sie zu erreichen, aber es gelang ihr nicht. Nicht einmal annähernd lange genug, jedenfalls.
»Gehen wir wieder zurück«, sagte Ansgar und machte eine Geste in die Richtung, aus der sie gerade erst gekommen waren, zum Heck hin. »Du musst dir wirklich keine Sorgen um uns machen.«
Anscheinend hatte er es darauf angelegt, ihr Angst zu machen, dachte Katharina. Und das gelang ihm auch. Sie rührtesich nicht von der Stelle. »Aber warum denn?«, murmelte sie nur.
Ansgar druckste einen Moment herum, aber schließlich antwortete er doch. »Mein Großvater glaubt wohl, dass Wulfgar deinetwegen hier ist.«
Katharina war nicht einmal überrascht. Trotzdem fragte sie: »Warum?«
»Weil er schon gestern Abend wollte, dass wir dich ausliefen«, antwortete Ansgar. »Großvater konnte sich das nicht erklären.« Er zog hörbar die Nase hoch, um seine Verlegenheit zu verbergen. »Ich glaube, er hätte es sogar getan, wenn es nicht ausgerechnet Wulfgar gewesen wäre und wenn er darum gebeten hätte, statt es zu verlangen .«
Dazu sagte Katharina vorsichtshalber nichts.
»Hätte er eher gewusst, dass du ihn erkannt hast …«
»Hätte ich ihn eher gesehen …«, gab Katharina zurück.
»Hm«, machte Ansgar. Dann wiederholte er sein aufforderndes Wedeln in Richtung Heck. »Komm.«
Das war auf der ganzen Welt ungefähr das, was sie am allerwenigsten wollte. Katharina folgte ihm trotzdem und bemerkte etwas, das ihre Furcht sogar noch einmal steigerte: Die Männer ruderten mit so verzweifelter Kraft, als ginge es um ihr Leben – was es möglicherweise ja auch tat –, aber das Schiff wurde dennoch schon wieder langsamer. Ihre Kräfte waren einfach aufgezehrt. Die Fenrir war ein deutliches Stück zurückgefallen, aber sie begann schon wieder aufzuholen, und sie meinte geradezu sehen zu können, mit welcher Leichtigkeit sie das tat. Erik hatte Recht, dachte sie bedrückt: Wulfgar spielte mit ihnen.
»Es ist gleich so weit«, sagte Erik. »Hast du Angst?«
»Nein«, log Katharina.
»Das solltest du aber«, erwiderte Erik, ernst, aber auch mit einem angedeuteten Lächeln. Er wandte sich an seinen Enkel. »Wenn ihr das Ufer erreicht, dann lauft sofort hinauf in denWald. Maersk und Haägr werden mit euch gehen, und sobald wir Skaergaede erreichen, schicke ich euch Männer entgegen. Haltet euch von Menschen fern. Wir wissen nicht, wer wirklich auf unserer Seite steht.«
Zwei weitere Männer gesellten sich zu ihnen, setzten die Helme ab und schälten sich aus ihren Mänteln und den schweren Kettenhemden. Ihre Waffen behielten sie, und auf einen weiteren Wink Eriks hin gab einer der Männer Ansgar einen schmalen Waffengurt, an dem etwas hing, von dem Katharina nicht sagen konnte, ob es nun ein besonders kleines Schwert oder ein außergewöhnlich großes Messer war. Selbst Ansgar wirkte ein bisschen erstaunt.
»Du wirst nicht den Helden spielen«, sagte Erik eindringlich, während Ansgar sich den Waffengurt umband. »Aber wenn es gar nicht anders geht, dann wirst du sie mit deinem Leben verteidigen.«
Und das alles nur ihretwegen?
»Das … will ich nicht«, hörte Katharina sich zu ihrem eigenen Entsetzen sagen. Ansgar starrte sie aus aufgerissenen Augen an, und auch Erik wirkte ein bisschen verwirrt; wenn auch nicht annähernd so sehr wie Katharina selbst, die sich fragte, ob sie eigentlich den Verstand verloren hatte.
Trotzdem fuhr sie fort: »Ich will nicht, dass noch mehr Menschen meinetwegen zu Schaden kommen.«
Ansgar wollte etwas sagen, doch Erik kam ihm zuvor. »Das ehrt dich, mein Kind … aber es geht schon lange nicht mehr um dich.«
Mit einer harschen Bewegung erklärte er das Thema für beendet und wandte sich wieder an Ansgar und die beiden anderen. »Macht euch bereit. Sobald wir an den Felsen vorbei sind, springt ihr. Mit ein bisschen Glück erreicht ihr die Bäume, bevor die Fenrir auf Sichtweite
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