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Die Tochter der Seidenweberin

Die Tochter der Seidenweberin

Titel: Die Tochter der Seidenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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Kloster gewappnet zu sein.
    Mit wehendem Ratsherrenmantel eilte Mertyn zum Rathaus.
    In der Ratskammer herrschte helle Aufregung.
    »Es ist empörend! Sie verhöhnen unsere Autorität! Das Ansehen des Rates steht auf dem Spiel!«, donnerte Bürgermeister Johann von Rheidt.
    »Wir lassen uns doch nicht von ein paar hergelaufenen Handwerksburschen verspotten!«, pflichtete Weinmeister Dietrich Spitz bei, den man aufgrund seiner Listigkeit »den Fuchs« nannte.
    »Meine Herren, was ist die Ehre des Rates wert, wenn dadurch die Ruhe der Stadt gefährdet wird?« Johann von Oldendorp, der zweite Bürgermeister, erhob, zu Besonnenheit mahnend, seine Stimme.
    Rentmeister Johann van Berchem fiel über ihn her: »Die Ruhe der Stadt ist gefährdet, wenn wir die Unruhestifter nicht zur Rechenschaft ziehen!«
    »Holen wir sie da raus!«, forderte der Fuchs. »Notfalls mit Gewalt!«
    »Da rausholen?«, fragte Mertyn entsetzt. »Sie befinden sich im Schutz eines Klosters!«
    Oldendorp, ein Mann, dessen Kenntnisse der Jurisprudenz über die Mauern der Stadt hinaus berühmt waren, sprang Mertyn bei: »Das ist ungesetzlich! Es wäre ein ganz und gar schändlicher Rechtsbruch! Der Bezirk um einen Dom oder ein Kloster ist unantastbar. An seiner Grenze enden die städtischen Rechte, und die Menschen, die darin leben oder sich dort hineinflüchten, unterstehen der kirchlichen Gerichtsbarkeit, nicht mehr der weltlichen.«
    »Die Verletzung des Kirchenschutzes ist schlichter Frevel, der göttliche Strafen nach sich zieht«, warnte auch ein anderes Ratsmitglied.
    »Das können wir nicht tun!«, bekräftigte Mertyn. »Wir haben geschworen, den Bürgern dieser Stadt …«
    Weiter kam er nicht, denn van Berchem unterbrach ihn: »Das können wir sehr wohl tun, Ime Hofe! Wir sind für die Sicherheit der Bürger in dieser Stadt verantwortlich. Und dieses Pack gefährdet die Sicherheit! Jetzt ist energisches Durchgreifen gefordert, sonst macht hier bald jeder, was er will, und die Stadt versinkt im Aufruhr!«
    »Dann lasst uns endlich gehen und die Burschen dingfest machen«, drängte der Fuchs.
    Noch in derselben Stunde machten er, Bernhard Eys, Jakob Spelz und Eberhard Kols sich mit einer Schar Stadtsoldaten, begleitet von den Gewaltrichtern Johann Unkelbach und Gerhard von Siegen, auf den Weg nach Sankt Maria im Capitol, um die Beschuldigten zu verhaften.
    Doch die Steinmetze in Sankt Maria waren nicht gesonnen, sich ohne Gegenwehr zu ergeben. Wacker versuchten sie die Angreifer zurückzuschlagen, verteidigten sich mit Büchsen und Säbeln, schlugen mit ihren Hämmern um sich und warfen Steine. Mehrere Stadtsoldaten fanden den Tod, und einige der Ratsherren trugen ernstliche Verletzungen davon: Dietrich Spitz wurde von einem Schuss ins Bein verwundet, und Jakob Spelz wurde von einem Stein im Gesicht getroffen, der ihm die Nase brach und ein Auge nahm.
    Auf die Dauer waren die Steinmetze jedoch nicht in der Lage, sich gegen die Übermacht der Stadtsoldaten zu behaupten. Sie zogen sich zurück, und die meisten flüchteten sich in die Wohnungen der Stiftsherren. Fünf von ihnen wurden gefangen genommen, zwei weitere verletzt.
    In der Ratsstube herrschte größte Besorgnis. Denn die Maßnahme, die für Ruhe und Frieden in der Stadt hatte sorgen sollen, hatte gerade das Gegenteil bewirkt. Voller Empörung über den schändlichen Rechtsbruch des Rates erklärten sich nun sämtliche Steinmetze, Zimmerleute und Dachdecker sowie eine Schar zu jeder Gewalttat aufgelegter Studenten mit den Verhafteten solidarisch und rotteten sich zusammen, um sie mit Gewalt zu befreien.
    »Es wird einen schlimmen Ausgang nehmen, wenn es uns nicht gelingt, die übrigen Zünfte daran zu hindern, sich den Steinmetzen anzuschließen«, warnte von Oldendorp und erhielt darin die ungeteilte Zustimmung seiner Ratskollegen. »Vor allem müssen wir die einflussreichen Gaffeln – das Wollenamt und die Goldschmiede – auf unsere Seite ziehen.«
    Mertym, der sich eines guten Rufes im Wollenamt erfreute, erbot sich, mit den Gaffelherren zu sprechen. Diese behandelten ihn zuvorkommend, doch ihre Antwort ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Sie seien nicht gesonnen, einen Rat zu unterstützen, der die Bürgerfreiheiten verletze und sich weigere, über ungewöhnliche Steuern und Auflagen Rechenschaft abzulegen.
    Von den Goldschmieden erhielt man eine ebenso entmutigende Antwort: Sie würden sich streng an die Bestimmungen des Verbundbriefes halten.
    Auch die übrigen

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