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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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verbergen, sondern zu nutzen.«
    Antonia und Sachmet hatten derweil mit den Schwestern gespeist und saßen nun mit der ehrwürdigen Mutter Clara in deren Gemach. Antonia kannte die Wohnräume der Oberin bereits, auch deren Art, das Gebot der Armut auszulegen. Ärmlich ließ sich die Einrichtung nur angesichts des Umstands nennen, dass Mutter Clara als Herzogstochter aufgewachsen war. Die Möbel waren aus fein gedrechseltem Nussbaumholz gefertigt. Den Boden bedeckte ein orientalischer Teppich, das Geschenk des Bruders der Äbtissin, den er vom Vierten Kreuzzug fünfzig Jahre zuvor mitgebracht hatte.
    Zunächst verlangte die Mutter Oberin, dass Sachmet von sich und ihren Eltern berichtete. Die junge Ägypterin tat dies in einer Weise, die Antonia beeindruckte. Sachmet verstand sich meisterlich auf die Kunst, das Erbe Djeseru-Sutechs vor der Welt zu verbergen.
    Nachdem die Neugier der Oberin befriedigt war, berichtete Antonia in vorsichtigen Worten von den Ereignissen auf Burg Birkenfeld, auch von Hugo vom Waldsee.
    Zu ihrer Überraschung lachte die sonst so ernsthafte Äbtissin.
    »Bruder Hugo ist ein sanftmütiger, freundlicher Mann, der den Glauben nicht durch harte Askese lebt, sondern der die Liebe des Herrn predigt, wenn man ihn lässt.«
    »Ja, aber …« Antonia starrte Mutter Clara erstaunt an. »Warum erzählt man sich dann von seiner Strenge und Unerbittlichkeit?«
    Die Äbtissin seufzte. »Selbst vor dem Haus Gottes macht der Satan nicht halt mit seinen Versuchungen und seiner Verderbtheit. Aber damit solltet ihr eure Seelen nicht beschweren.«
    »Nichtwissen beschwert die Seelen viel mehr«, wandte Antonia ein. »Ich will ehrlich sein, ehrwürdige Mutter. Wir sind nicht nur gekommen, damit Sachmet ihre Großmutter kennenlernt, sondern auch, um mehr über Pater Hugo zu erfahren. So lautete der Wunsch meiner Eltern.«
    Die Äbtissin musterte Antonia mit scharfem Blick. »Ist das so?«
    Es fiel Antonia schwer, dem Blick standzuhalten, doch es gelang ihr. »Ja, ehrwürdige Mutter. So ist es.«
    »Manchmal empfiehlt es sich, nicht zu viel von den Ränken anderer zu wissen. Vor allem für junge Mädchen wäre das besser.«
    »Nur leider werden auch junge Mädchen nicht von den Ränken anderer verschont«, warf Sachmet ein. »Meine Mutter lehrte mich, dass eine Frau nicht weniger als ein Mann wissen sollte. Im Gegenteil – es ist sogar besser, wenn sie mehr als jeder Mann weiß, um auf diese Weise die körperliche Unterlegenheit auszugleichen und siegreich zu bleiben.«
    Ein feines Lächeln umspielte Mutter Claras Lippen.
    »Etwas anderes hätte ich von Thea auch nicht erwartet«, gab sie zu. »Und du scheinst das Feuer geerbt zu haben, das die Frauen unserer Familie durchdringt.«
    »Selbst eine ehrwürdige Äbtissin?«, fragte Sachmet und erwiderte das feine Lächeln.
    »Wäre ich sonst deine Großmutter?«
    »Dann wirst du es uns erzählen?«
    »Wenn ihr verschwiegen seid wie die Mäuschen, die alles sehen und hören, aber nichts verraten. Denn dieses Wissen ist gefährlich.«
    »Was ist mit meinen Eltern?«, fragte Antonia. »Dürfen wir ihnen gegenüber offen sprechen?«
    Mutter Clara zögerte kurz, dann nickte sie. »Es gibt wenige Menschen, denen ich so rückhaltlos vertraue wie deinen Eltern. Vielleicht sollte der Graf von Birkenfeld über alles Bescheid wissen. Er wäre ein wertvoller Verbündeter.«
    Und so erfuhren Antonia und Sachmet von der Verschwörung des Bischofs von Halberstadt gegen den König.
    »Es gibt Beweise«, schloss die Mutter Oberin ihre Rede. »Allerdings sind sie anfechtbar, denn es handelt sich ausschließlich um Abschriften, die mir ein Getreuer zukommen ließ und die ich bei Vater Melchior in Sankt Andreas hinterlegt habe. Außer dem Abt vertraue ich nur wenigen Brüdern in Sankt Andreas. Pater Hugo vom Waldsee ist einer von ihnen. Aber auch Lukas von Cattenstedt.«
    »Stephans Bruder ist eingeweiht?« Antonia horchte auf.
    Die Äbtissin nickte.
    »Stephan ist mit unserer Eskorte nach Sankt Andreas geritten. Mein Vater hat auch ihm den Auftrag erteilt, etwas über Pater Hugo herauszufinden.«
    »Nun, dann nehme ich an, dass sein Bruder ihn einweihen wird. Die Cattenstedts waren stets für ihre Treue und Verschwiegenheit bekannt. Wir brauchen waffenstarke Verbündete, die sich nicht scheuen, gefährliche Botschaften zu überbringen. Denn was gilt unser Wissen, wenn wir stets auf der Hut sein müssen, dass der Bischof davon erfährt? Es ist an der Zeit, den König und den Papst in

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