Die Tochter der Suendenheilerin
Burg.«
»Weil du das Tor heimlich öffnen willst?« Deutlich nahm sie den Zweifel in seiner Stimme wahr.
»Nein, weil ich es ihnen auf ihrer Burg so ungemütlich mache, dass sie nach jedem Ausweg greifen werden, um die lästigen Geiseln ohne Gesichtsverlust loszuwerden.«
»Verrat mir, wie du derartig grobe Klötze in die Knie zwingen willst!«
»Durch die Feinheit einer gebildeten Dame. Ganz langsam und freundlich.« Lena lächelte. »Unterschätze nie die Macht der Frauen! Sie mag unscheinbar sein, aber die Frauen sind die Seele eines Hauses. Und wehe dem Mann, der das vergisst!«
»Glaubst du wirklich, Ulf ließe sich so etwas gefallen?«
»Nicht sofort. Die Erziehung eines ungehobelten Kerls bedarf einiger Mühe und Zeit. Gib mir einen Monat! Ich glaube, dann sind die Regensteiner dankbar für jede Möglichkeit, mich loszuwerden.«
»Und wenn du dich irrst? Wenn dein Plan misslingt?«
Lena atmete tief durch. »Dann trittst du ihnen eben die gewünschte Eisenerzmiene ab. Das ist mir lieber, als dass es Tote gibt. Du weißt doch selbst, dass wir diese Fehde auf herkömmlichen Weg nicht für uns entscheiden können. Versuchen wir es mit dieser List! Wir können nur gewinnen.«
»Ich soll dich also gehen lassen?«
»Darum bitte ich dich.«
»Ich habe kein gutes Gefühl dabei.«
»Das hattest du auch nicht, als ich Barbarossa damals im Kerker aufsuchte. Du dachtest, er würde mich demütigen. Tatsächlich brachte ich den verstockten Räuber zu einem Geständnis. Vertrau mir auch diesmal!«
Philip seufzte. »Bleibt mir etwas anderes übrig?«
Lena streichelte ihm über die Brust und küsste ihn.
»Ich ginge nie gegen deinen Willen«, flüsterte sie. »Nur mit deinem Segen, Liebster.«
Er strich ihr über das Gesicht. »Den hast du«, flüsterte er zurück. »Ich bedaure nur, dass ich nicht dabei sein kann, wenn die Herren von Regenstein durch weibliche List zur Strecke gebracht werden.«
35. Kapitel
I st euch überhaupt klar, was das bedeutet?«, rief Philip.
Noch nie hatte Antonia ihren Vater so erregt im Kaminsaal auf und ab schreiten sehen. Nicht einmal Merets Entführung oder Rudolfs Gefangennahme hatten ihn so aus der Fassung gebracht. Sogar ihre Mutter war blass geworden.
»Ja«, antwortete Stephan für alle. »Der Bischof von Halberstadt veruntreut Kirchengelder, um den falschen Thronfolger zu unterstützen. Diesem Spiel müssen wir ein Ende bereiten.«
»Es ist nicht klug, sich allzu offen auf eine Seite zu schlagen, wenn der Ausgang ungewiss ist«, gab Lena zu bedenken.
»Aber Wilhelm von Holland ist der rechtmäßige König«, beharrte Stephan. Antonia wunderte sich über die Leidenschaft, mit der er ihrer Mutter widersprach. »Es kostet immer Mut, in gefährlichen Zeiten richtig zu handeln.«
»Und was gedenkst du zu tun?« Philip hielt in seinem rastlosen Schreiten inne und musterte den jungen Ritter mit scharfem Blick.
»Wir benötigen ernst zu nehmende Beweise, die wir der päpstlichen Nuntiatur in Magdeburg übergeben können. Wenn wir einem Boten des Bischofs ein Originaldokument entwenden könnten, dann …«
»Nein!«, fuhr Philip ihn an. »Das ist viel zu gewagt! Wir könnten alles verlieren, wenn wir scheitern.«
»Ich hätte nichts zu verlieren«, entgegnete Stephan mit fester Stimme. »Sollten wir scheitern, nehme ich alle Schuld auf mich.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Stephan hielt dem Blick von Antonias Vater kraftvoll stand. Schließlich glätteten sich Philips Züge, und Antonia glaubte, den Hauch eines Nickens wahrzunehmen.
»Aber keine Gewalt«, sagte er. »List ist eine stärkere Waffe.«
»List?«, fragte Stephan nach.
»List«, bestätigte Philip. »Es ist unnötig gefährlich, einen Boten des Bischofs zu überfallen und zu berauben. Es wäre weitaus geschickter, die Botschaft bereits in Halberstadt zu vertauschen und uns das Original anzueignen. Sobald wir wissen, ob die Botschaft ausreichend beweiskräftig ist, bringst du sie nach Magdeburg.«
Erneutes Schweigen. Antonia und Sachmet tauschten einen Blick. Wie sollte ein bischöflicher Bote überlistet und seine Botschaften vertauscht werden?
»Dann habt Ihr einen Plan?«, fragte Stephan.
»Plan wäre zu viel gesagt, mehr eine Eingebung, die noch reifen muss.« Philip schlug Stephan freundschaftlich auf die Schulter. »Aber zuvor habe ich noch etwas anderes zu erledigen. Ich fürchte, ich muss unserem guten Kaplan etwas beichten.«
»Willst du ihm heute noch beichten?« Lena sah ihren Gatten
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