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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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»Hattest du auch den Eindruck, er fürchte den Bericht deines Vaters an den Bischof?«
    Antonia nickte. Dann sah sie dem Kaplan nach, der über den inneren Burghof in Richtung der Kapelle verschwand.
    »Vielleicht wäre es an der Zeit, dass du deine Großmutter kennenlernst«, schlug sie Sachmet vor. »Möglicherweise weiß sie etwas über Hugo vom Waldsee.«
    »Meine Großmutter?«
    »Die ehrwürdige Äbtissin Clara vom Kloster Sankt Michaelis. Sag nur, deine Mutter hat dir nie die tragische Geschichte ihrer Eltern erzählt!«
    Eine tiefe Falte grub sich in Sachmets Stirn. »Doch, sie hat mir davon erzählt.«
    »Und bist du gar nicht neugierig?«
    »Ich nähme lieber an der Jagd teil.«
    »Schließt eins das andere aus?«
    Ein leises Lächeln zog sich über Sachmets Gesicht. »Du hast recht«, sagte sie. »Und wer weiß, was wir alles von meiner Großmutter erfahren …«

 26. Kapitel  
    E r hat ihnen also nur das nackte Leben gelassen?«, fragte Rudolf noch einmal nach.
    Sibyllas Augen blitzten voller Schadenfreude. »Tante Alheidis sagte, so viel Humor habe sie den Birkenfeldern gar nicht zugetraut. Und sie würde Euch gern kennenlernen.«
    »Ihr habt ihr doch nicht etwa von unseren Begegnungen erzählt?«
    »Nur von diesen ganz harmlosen auf dem Wehrgang.« Sie lächelte ihn voller Wärme an, und endlich gelang es ihm, ihr Lächeln zu erwidern. Die Dunkelheit wich langsam wieder dem Licht. In den vergangenen Tagen hatte er sich geradezu zwingen müssen, morgens aufzustehen. Meret hatte ihn dabei nach Kräften unterstützt. Um sich danach nicht sofort wieder zurückzuziehen, hatte er sich angewöhnt, täglich mehrere Stunden auf dem äußeren Wehrgang zu verbringen, von dem aus er bis nach Halberstadt blicken konnte. Die Waffenknechte hatten nichts dagegen. Von hier aus fiel der Burgfelsen so steil ab, dass jeder Fluchtversuch von vornherein zum tödlichen Scheitern verurteilt gewesen wäre. Dafür hatte Sibylla die Gelegenheit genutzt, ihm hier nahe zu sein. Der Schicklichkeit widersprach es nicht, schließlich redeten sie unter aller Augen miteinander, aber doch so weit entfernt, dass niemand sie belauschen konnte.
    »Erweist Ihr meiner Tante die Ehre, Herr Rudolf?«
    »Sehr gern«, antwortete er und folgte ihr die Stufen hinunter in die Hauptburg. Sie durchquerten eine Vielzahl von gemauerten Sälen und Räumen, die man aus dem Fels herausgehauen hatte. Burg Regenstein war groß und mächtig, uneinnehmbar, voller Waffenknechte. Und zugleich kalt. Ganz anders als das kleine Birkenfeld, das keiner längeren Belagerung standgehalten hätte, seine Bewohner jedoch mit wärmender Behaglichkeit umgab.
    Sibyllas Tante bewohnte eine Kammer in der Hauptburg. Die Behausung war groß und geräumig, beinahe einer herrschaftlichen Kemenate angemessen. Rudolf sah, wie sie eine Stickarbeit beiseitelegte, als Sibylla und er eintraten.
    »Tante Alheidis, dies ist Herr Rudolf von Birkenfeld. Herr Rudolf, meine Tante Alheidis von Eckholt«, stellte Sibylla sie einander vor.
    Rudolf hatte sich keine genaue Vorstellung von Sibyllas Tante gemacht, aber ihr Anblick überraschte ihn nun doch. Sie war nicht mehr jung, doch keinesfalls alt. Er schätzte sie auf Mitte dreißig, aber ihr Gesicht hatte dennoch etwas Zartes, Mädchenhaftes, das auf unerklärliche Weise unschuldig und zurückhaltend wirkte. Zumindest solange sie ihn schweigend musterte. Dann jedoch veränderte sich ihre Miene. Ein keckes Blitzen, ein verschmitzter Zug um den Mund, der verriet, dass diese Frau über Witz und Verstand verfügte.
    »Ihr seid also der Bruder von Meinolfs neuem Lieblingsfeind.«
    »Den Rang, selbst zum Lieblingsfeind zu werden, habe ich mir wohl noch nicht verdient.« Rudolf erwiderte ihr Lächeln.
    »Nehmt doch Platz, Herr Rudolf! Und du auch, Sibylla.«
    »Wo steckt eigentlich Meret?«, raunte Rudolf Sibylla zu, während sie sich setzten.
    »Mir scheint, sie hat ihr Herz für Burchard entdeckt«, flüsterte Sibylla zurück. Rudolf nickte beruhigt. Dass Eberhards fünfjähriger Sohn Meret wie ein kleiner Bruder bezauberte, hatte er schon bemerkt. Hätte Eberhard Meret wohl auch entführt, wenn er die Folgen geahnt hätte? Rudolf war sicher, dass sich die alte Feindschaft mit den Regensteinern spätestens in seiner Generation überleben würde, ganz gleich, wie die Fehde ausging. Immer öfter ertappte er sich dabei, sich eine gemeinsame Zukunft mit Sibylla vorzustellen. Sie hatte in seine Abgründe geblickt und zu ihm gestanden, ja mehr

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