Die Tochter der Tryll Bd. 3 - Vereint
kaum bewegen und das Bett nicht verlassen.
»J ederzeit«, sagte ich.
»G ut.« Willa stellte ihr Glas ab, in dem noch ein winziger Rest pinkfarbener Flüssigkeit übrig geblieben war. Sie hakte sich bei mir unter, um nicht zu stolpern, und wir verließen den Raum.
»N a, das lief ja großartig«, seufzte ich, als wir den Flur entlangliefen. Dabei pflückte ich mir eine schwarze Blume aus dem Haar.
»F indest du?«, fragte Tove. »I ch fand es nämlich grässlich.«
»D as war Sarkasmus.«
»O h.« Er schob die Hände in die Hosentaschen und ging neben mir her. »H ätte schlimmer sein können.«
»I hr hättet mehr trinken müssen«, sagte Willa. »N ur so habe ich diese Tortur durchgehalten. Du hast Glück, dass du meine beste Freundin bist, sonst wäre ich gar nicht aufgekreuzt.«
»D u musst solche Termine wahrnehmen, Willa«, sagte ich. »D u kannst so gut mit Leuten umgehen, dass du es zu deinem Beruf machen solltest.«
»D as ist doch schon dein Job«, sagte sie lächelnd. »I ch darf deine ungezogene, betrunkene Freundin sein. Glück gehabt.«
Ich versuchte, Willa davon zu überzeugen, dass es sich für sie lohnen würde, sich politisch mehr zu engagieren. Sie war viel besser darin, anderen um den Bart zu gehen, und wenn sie sich Mühe gab, war sie mir eine große Hilfe. Aber im Moment war sie zu angeheitert, um meinen Argumenten folgen zu können.
Sie kicherte über etwas, das ich gesagt hatte, als wir in der Eingangshalle ankamen. Garrett kam gerade die Treppe herunter, blieb aber stehen, als er uns sah. Sein Haar war wirr, sein Hemd hatte sich aus der Hose gelöst und seine Augen waren rot geweint.
Sobald ich ihn gesehen hatte, wusste ich es.
» Elora«, hauchte ich.
»E s tut mir so leid, Wendy«, sagte Garrett mit tränenerstickter Stimme, und er schüttelte den Kopf.
Ich wusste, dass er die Wahrheit sagte, aber ich musste sie selbst sehen. Also entwand ich Willa meinen Arm, raffte mein schwarzes Kleid und rannte die Treppe hinauf. Garrett streckte die Hand nach mir aus, aber ich eilte an ihm vorbei und verlangsamte meine Schritte erst, als ich im Zimmer meiner Mutter angelangt war.
Sie lag unfassbar reglos im Bett, ihr Körper war kaum mehr als ein Skelett. Garrett hatte ihr die Decke bis zur Brust hochgezogen und die Hände auf dem Bauch gefaltet. Sogar ihr Haar war gebürstet und umglänzte silbern ihren Kopf. Er hatte sie so hergerichtet, wie sie es gewollt hätte.
Ich kniete mich neben ihr Bett. Warum, wusste ich nicht. Ich wollte ihr nur nahe sein. Als ich ihre kalte, steife Hand in meine nahm, traf es mich wie ein Blitzschlag. Eine Woge abgrundtiefer Verzweiflung schlug über mir zusammen und schluchzend vergrub ich meinen Kopf in ihrer Decke.
Ich hätte nie erwartet, dass mir ihr Tod so nahe gehen würde. Es fühlte sich an, als habe sich der Boden unter meinen Füßen aufgetan und ein endloser Abgrund erstrecke sich unter mir.
Ihr Tod würde Konsequenzen nach sich ziehen, für die ich noch nicht bereit war, aber daran dachte ich in diesem Moment nicht.
Ich klammerte mich schluchzend an sie, weil ich eine Tochter war, die ihre Mutter verloren hatte. Unser Verhältnis war zwar schwierig gewesen, aber sie hatte mich geliebt, und ich hatte sie geliebt. Sie war die Einzige, die das Leben einer Königin gekannt hatte. Nur sie hatte mich beraten und mich in diese Welt eingeführt, und jetzt war sie fort.
Ich erlaubte mir einen Nachmittag lang, ihren Verlust wirklich zu spüren, dieses riesige Loch, das ihr Tod in mein Inneres gerissen hatte. Mehr Zeit würde mir nicht bleiben, um Elora zu betrauern, denn ich hatte jetzt unglaublich viel zu tun. Aber an diesem einen Nachmittag weinte ich um die Zeit, die wir nicht mehr gemeinsam verbringen durften, und all die wertvollen Augenblicke, in denen wir uns wirklich nahe gewesen waren.
Willa brachte mich irgendwann in Matts Zimmer, damit Garrett mit den Vorbereitungen für das Begräbnis beginnen konnte. Matt umarmte mich und ich weinte an seiner Schulter. Ich war noch nie so dankbar dafür gewesen, dass ich meinen Bruder hatte. Ohne ihn hätte ich mich wie eine Waise gefühlt.
Tove erschien ebenfalls in Matts Zimmer und schließlich kam auch Duncan zu uns. Die beiden saßen nur schweigend da. Ich saß auf dem Boden, den Rücken ans Bett gelehnt, und Matt saß neben mir. Willa, die schnell wieder nüchtern geworden war, saß hinter mir auf dem Bett und ließ ihre langen Beine vom Rand baumeln.
»I ch verlasse dich wirklich nur ungern,
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