Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
lenkte das Gespräch damit wieder auf den Grund seiner Anwesenheit.
»I ch weiß es nicht.« Ich schüttelte den Kopf. Obwohl ich ihm gerne eine ehrliche Antwort gegeben hätte, wusste ich einfach nicht, wie. »I ch habe… ein Gemälde gesehen.«
»M anche Tryll sehen in die Zukunft.« Er starrte auf den Kronleuchter, der über uns funkelte. »U nd manche sehen die Vergangenheit.« Nachdenklich schwieg er einen Moment. »E igentlich macht das keinen großen Unterschied. Ändern kann man beides nicht.«
»W ie tiefsinnig«, sagte ich und er lachte.
»I ch habe dir überhaupt nicht weitergeholfen, richtig?«
»K eine Ahnung«, gestand ich.
»D u bist zu viel für einen Nachmittag, fürchte ich«, sagte Tove.
»W ie meinst du das?«, fragte ich, aber er schüttelte nur den Kopf.
»I ch weiß, dass du noch viel zu tun hast. Ich sollte deine Zeit nicht länger verschwenden. Im Moment kann ich dir nicht viel helfen, glaube ich.« Er lief zur Eingangstür.
»W arte mal«, sagte ich, und er blieb stehen. »D u hast gesagt, dass wir erst nach der Taufe unsere Fähigkeiten anzapfen sollen. Aber Finn hat dich gebeten, mich jetzt schon zu trainieren. Warum? Ist Gefahr im Verzug?«
»F inn ist ein Beschützer. Es ist sein Job, sich Sorgen zu machen«, erklärte Tove, und mein Herz zuckte schmerzhaft. Ich hasste es, wenn mich jemand darauf hinwies, dass ich nur Finns Job war. »E r will sichergehen, dass du in guten Händen bist, egal, was passiert. Ob er nun hier ist oder nicht.«
»W arum sollte er nicht hier sein?«, fragte ich, plötzlich voller Angst.
»K eine Ahnung«, sagte Tove achselzuckend. »A ber wenn dir etwas viel bedeutet, dann willst du eben, dass es in Sicherheit ist.«
Mit diesen Worten drehte sich Tove um und verließ das Haus. Ich rief ihm noch ein »D ankeschön« hinterher, obwohl ich gar nicht genau wusste, was er eigentlich getan hatte. Außer mich noch mehr zu verwirren. Und mir eine ganz neue Angst einzujagen.
Ich hatte keine Ahnung, was mit Finn los war, und meine Gedanken wollten unbedingt zu dem Gemälde wandern, das ich in Eloras geheimem Zimmer gesehen hatte. Darauf hatte ich mit entsetztem Blick über die Balkonbrüstung gegriffen. Toves Worte hallten in meinem Kopf wider und jagten mir eiskalte Schauer über den Rücken.
Die Zukunft kann man nicht ändern.
Ich schaute zu dem Kronleuchter hoch. Ich hatte mich geweigert, den Versuch zu wagen, ihn zu bewegen. Und zwar aus Angst davor, er könne herunterstürzen und dadurch Eloras zweites Gemälde Wirklichkeit werden lassen. Aber das war nicht geschehen. Es war nichts Grässliches passiert.
Hatte ich damit die Zukunft verändert? Oder stand mir das Schlimmste noch bevor?
19
Die Taufe
D er Ball würde in vierundzwanzig Stunden stattfinden, und Elora hatte den Wunsch geäußert, sich über meine Fortschritte zu informieren. Das konnte ich ihr nicht übel nehmen. Ihr Plan war, das heutige Abendessen als eine Art Testlauf abzuhalten und zu prüfen, ob ich standesgemäß essen und Konversation machen konnte.
Sie wollte kein großes Publikum, falls ich versagen würde, also lud sie nur Garrett, Willa und Rhiannon ein, die mit ihr, Finn, Rhys und mir zu Abend essen sollten. Eine größere Gruppe konnte sie nicht zusammentrommeln, ohne das Risiko einzugehen, sich zu blamieren. Da ich alle Beteiligten bereits kannte, war ich nicht sehr nervös, obwohl Elora mir vor dem Essen gesagt hatte, ich müsse mich genauso verhalten, wie ich das morgen Abend tun würde.
Auch die anderen hatten dementsprechende Instruktionen erhalten, und alle wirkten viel königlicher als sonst. Sogar Rhys hatte sich in einen Blazer geworfen und machte eine enorm gute Figur. Wie üblich sah Finn verboten attraktiv aus.
Dank Finns unerwartetem Eifersuchtsgeständnis wusste ich nicht genau, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Er war vor dem Essen in mein Zimmer gekommen, um sicherzustellen, dass ich auch fertig war, aber ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass er es ganz bewusst vermied, mich anzusehen.
Als ich im Speisesaal ankam, wies Elora uns unsere Sitzplätze zu. Sie und ich saßen an Kopf- und Fußende der Tafel. Rhys und Finn flankierten mich und Rhiannon und Willa saßen in der Mitte.
»Z wischen wem sitze ich morgen?«, fragte ich zwischen zwei vorsichtigen Schlucken Wein.
»Z wischen Tove Kroner und mir.« Elora musterte kritisch mein Getränk. »H alt das Glas am Stiel fest.«
»S orry.« Ich dachte, das hätte ich getan, aber ich
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