Die Tochter der Wälder
Zopf gezogen, beinahe wie Cormack es vielleicht getan hätte. John hatte mich mit meinem neuen Namen begrüßt, sich an meinen Tisch gesetzt und Lady Annes Stirnrunzeln ignoriert. Ich fragte mich, ob sie die Wache wohl fortsetzten, selbst während des Tages. Vom Roten, der am Kopf des Tisches saß, wie es angemessen war, sah ich am wenigsten, aber ich spürte seinen Blick auf mir, während ich den Lärm und die Gerüche so vieler Fremder ertrug und mich nach der Nacht sehnte.
John sprach nicht viel, aber mir fiel auf, dass er die Diener aufhielt, die mir Fleisch auf den Teller legen wollten, und dafür sorgte, dass ich etwas aß, und als ein paar junge Männer vom Bier prahlerisch wurden und begannen, boshafte Bemerkungen über mich zu machen, brachte er sie mit ein paar ausgewählten Worten zum Schweigen. Als Freund des Roten hatte er die Autorität dazu. Er war, wie ich nach einiger Zeit erfuhr, ein entfernter Vetter der Familie und hatte sein ganzes Leben in Harrowfield verbracht. Ich war froh über seinen Schutz und bemerkte in den kommenden Tagen, da es kein Zeichen gab, dass sich die Haltung der anderen mir gegenüber mildern könnte, dass ständig jemand über mich wachte. Wenn ich bei den Frauen saß, war Margery da, stets freundlich, stets bereit, sich zu mir zu setzen, und sie schien keine Schwierigkeiten mit einer einseitigen Konversation zu haben. Ihr Blick war voller Sorge, wenn sie meinen schmerzlichen Fortschritt mit der Spindel beobachtete, und erlaubte sich keine Bemerkung darüber. Ich war sicher, dass der Grund dafür Freundlichkeit war, aber ich fragte mich auch, ob jemand sie vielleicht gebeten hatte, ein Auge auf mich zu haben. Die nächtliche Wache wurde fortgesetzt. Von dem Zeitpunkt an, da ich in mein Zimmer ging, bis Mitternacht passte einer auf mich auf, und der andere von Mitternacht bis zum Morgengrauen. Das hieß, dass jeder von ihnen nur in einer von drei Nächten richtig zum Schlaf kam. Ich beobachtete sie, ohne dass sie es wussten, und stellte fest, dass diese Aufgabe nur Ben, John und dem Roten zufiel. Gab es denn in diesem großen und gehorsamen Haushalt nur zwei Menschen, denen der Rote vollkommen vertrauen konnte?
Mir fiel auch auf, dass sie nie weit von mir entfernt waren, ganz gleich um welche Tageszeit. Ich konnte mich nicht ununterbrochen dazu zwingen, zu spinnen und zu weben, obwohl ich das gewünscht hätte, denn meine Hände, die durch die Vernachlässigung meiner Arbeit zum Teil geheilt waren, wurden jetzt wieder wund und schwollen an, und ich war hin und wieder gezwungen, am Nachmittag für ein paar Stunden aufzuhören, bevor ich nach der Abendmahlzeit meine Arbeit bei Kerzenlicht wieder aufnahm. Ich begann im Garten zu arbeiten, kam aber nicht recht voran, da meine Hände erst wieder schwielig werden mussten, bevor ich Messer oder Hacke benutzen konnte. Aber ich tat zumindest ein wenig; der Boden war dunkel und üppig und die Unkräuter relativ leicht herauszuziehen. Wenn ich nicht mehr konnte, ging ich hinaus, gefolgt von Alys, und erforschte meine Umgebung so gut ich konnte, während ich versuchte, so unauffällig wie möglich zu sein. Es war verblüffend, wie oft einer der Drei dann zufällig in der Nähe war; Ben, der ein junges Pferd auf einem Feld in der Nähe einritt, wenn ich spazieren ging; John, der sich um die Lagerung von Wintergemüse kümmerte, als ich an dieser Scheune vorbeikam. Lord Hugh selbst, der auf einer alten Bank im Obstgarten saß, ein Tintenfass neben sich, und in ein Buch schrieb, das er auf den Knien hielt. Alys knurrte ihn an.
»Sie hat nie viel von mir gehalten«, meinte er, nicht sonderlich überrascht, mich zu sehen. »Du bist früh wach. Ich möchte nicht, dass du allein zu weit weggehst.«
Ich war plötzlich verärgert. Er war so sicher, dass er Recht hatte, so daran gewöhnt, dass alle anderen taten, was er wollte. Ich dachte, es kann nicht gut für ihn sein, immer seinen Willen zu haben. Warum sollte ich nicht alleine weggehen? Fürchtete er, dass ich davonschlüpfen und mein Wissen mitnehmen würde?
Er las ein wenig von dieser unausgesprochenen Frage in meiner Miene und legte vorsichtig Buch und Feder nieder. Ich sah Reihen kleiner, ordentlicher Schrift und hier und da ein Bild oder Diagramm.
»Es ist gefährlich. Es wäre mir lieber, wenn du nahe am Haus bliebst. Ich kann deine Sicherheit nicht garantieren, wenn du weiter weggehst.«
Am liebsten hätte ich ihm gesagt, du hast mich aus dem Wald weggeholt. Lass mich zumindest
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