Die Tochter der Wälder
guter Mann; es war schwer, als er weg war. Jetzt will ich keinen einzigen Augenblick verschwenden.«
Ich versuchte es noch einmal, bedeutete ihr, dass ich sie gerne berühren und abtasten würde, wie es mit dem Kind ging. Plötzlich wurde sie sehr ernst.
»Wenn du möchtest«, sagte sie, und in ihrer Stimme schwang eine leise Unruhe mit. »Du weißt mehr von solchen Dingen als ich, nehme ich an. Es gibt eine Hebamme hier; sie wird wohl genügen, wenn die Zeit gekommen ist.« Das Baby war immer noch hoch im Leib, und der Kopf war dicht unter Margerys Brüsten. Es war noch Zeit, dass es sich drehen konnte, aber nicht viel Zeit. Es trat und strengte sich an und wurde zu groß. Ich versuchte, Margery mit einem Lächeln zu beruhigen. Es geht dem Kind gut – das entsprach der Wahrheit, zumindest im Augenblick. Aber du – du musst dich ausruhen. Ausruhen. Schlafen. Es war einfach genug, ihr das mit Gesten und Blicken zu zeigen. Ob sie es tun würde, war eine andere Frage.
Ich hatte meine Arbeitstasche dabei, und nun holte ich die wenigen noch verbliebenen Mieren heraus. Ich zupfte an Margerys Ärmel, zeigte auf das, was ich in der Hand hielt, und versuchte, ihr eine wachsende Pflanze darzustellen, kniehoch oder ein wenig höher. Kräftige Stiele, die sich ausbreiteten. Dann ging ich zum Fenster, zeigte ins Tal und wandte mich mit einer Frage im Blick wieder ihr zu. Wo? Wo wächst es?
»O Jenny«, sagte sie tadelnd. »Du kannst doch nicht weitermachen wollen? Es tut dir so sehr weh.« Ich packte ihre Schultern und nickte. Ja. O ja. Hilf mir.
»Ich wäre lieber nicht diejenige, die dir das sagt«, meinte sie, und einen Augenblick lang setzte fast mein Herzschlag aus, denn ich befürchtete, sie wollte mir erzählen, dass hier überhaupt keine Mieren wuchsen.
»Ich bin wirklich nicht glücklich über das, was du dir antust, und der Rote auch nicht. Aber diese Pflanze – wir nennen sie Spindelbusch – wächst hier in großen Mengen. Nicht in der Nähe des Hauses; weiter im Norden des Tals auf der anderen Flussseite, hinter einer Klamm, durch die ein Bach in den Fluss hineinfließt. Es gibt eine Brücke. Es ist ein recht langer Weg. Wenn du wirklich mehr von dieser Pflanze brauchst, solltest du lieber John oder Ben schicken, sie für dich zu holen. Wenn du magst, werde ich John bitten.«
Aber ich schüttelte den Kopf, denn ich musste die Pflanzen selbst schneiden. Ich umarmte Margery tröstend und dankte ihr.
***
Lord Richard musste mich früher oder später sehen. Die Nachricht wurde von Megan gebracht, die von allen Dienerinnen am wenigsten Angst vor mir hatte. Ich sollte in die Halle kommen, richtete sie aus. Ich selbst und Mistress Margery. Lady Anne wünschte unsere Anwesenheit, als Zeichen des Respekts für unsere Besucher. Sofort, hatte sie gesagt. Margery verzog das Gesicht und erklärte Megan, Lady Anne werde eben warten müssen. Sie schien nicht sonderlich in Eile zu sein. Sie löste mein Haar, bürstete es und flocht es wieder, wobei sie leise vor sich hin murmelte: »Ich habe noch nie so unzähmbares Haar gesehen! Sobald ich es in Ordnung bringe, rutschen diese kleinen Locken wieder heraus, als hätten sie einen eigenen Willen. Nun, es wird genügen müssen. Wir können Lady Anne nicht ewig warten lassen. Sie hat eine spitze Zunge, wenn sie will. Kopf hoch, Jenny, du wirst es schon schaffen.«
Ich folgte ihr den Flur entlang und über die breite Steintreppe ins Erdgeschoss. Vielleicht würde es gar nicht so schlimm werden, sagte ich mir. Immerhin würden alle da sein; wir konnten uns einfach im Hintergrund halten, damit die Dame des Hauses zufrieden war. Meine Hände fühlten sich besser an; vielleicht sollte ich in mein Zimmer zurückkehren und noch ein wenig spinnen. Sicher würde niemand das bemerken.
Meine Hoffnung sank in dem Augenblick, als ich die Halle betrat. Denn dies war eine ausgewählte Versammlung. Keine Hoffnung, hier anonym zu bleiben. Lady Anne saß auf einer Seite der Feuerstelle und Elaine auf der anderen. Sie hielt sich wirklich wie eine Königin, und ihr Gesicht war zart und fein wie die liebste Blüte eines Gärtners. Aus großen, blauen Augen betrachtete sie mich ruhig und ohne ein Urteil zu fällen. Neben ihr fühlte ich mich genau wie das unzivilisierte, wilde Kind, für das sie mich zweifellos hielten.
Der Rote stand am Fenster, mit dem Rücken zum Raum. Neben ihm stand Lord Richard, und bei näherem Hinsehen konnte ich eine Spur Familienähnlichkeit erkennen; nicht viel,
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