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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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nichts. Er nickte, dann ging ich wieder nach oben.
    Das Feuer in Margerys Zimmer brannte warm. Auf meine Bitte hin band Megan das Bündel getrockneten Lavendels auf, das sie mitgebracht hatte, und warf die silbrigen Stiele und verblassten Blüten in die Kohlen. Süßer, heilender Duft breitete sich aus. Der Kräutertrank war abgekühlt; ich stützte Margery, damit sie sich hinsetzen und trinken konnte. Es waren Thymian und Bergminze und Bachbunge, was man nur im schlimmsten Notfall benutzte. Ich hatte keine Zeit gehabt, die Mixtur zu süßen, um sie angenehmer zu machen. Aber Margery trank alles und sah mir mit solchem Vertrauen in die Augen, dass es mich erschreckte. Dann ruhte sie sich für kurze Zeit aus.
    Als der Himmel draußen langsam grau wurde, kam das Kind schließlich zur Welt. Der Kräutertrank hatte Margery gerade genug Kraft für jenes letzte Pressen gegeben. Meine Hände, rau wie sie waren, wussten, was zu tun war, und ich holte ihren Sohn in die Welt. Er war schlaff und schwieg.
    »Was ist los?« sagte Margery leise. »Warum ist er so still?« Und die Frauen begannen zu murmeln. Lady Anne wischte Margery die Stirn ab; sie hatte Tränen in den Augen. Als das Licht im Zimmer heller wurde, legte ich meinen Mund auf das kleine Gesicht des Babys und blies ihm in die Lungen. Und wieder. Und noch einmal.
    Die Hebamme riss an meinem Arm und versuchte mich aufzuhalten, aber Lady Anne sagte: »Nein, lass sie.« Noch ein Atemzug. Nur noch einer. Und endlich keuchte das Kind und hustete leise, und dann stieß es einen zornigen Schrei aus. Alle Frauen wollten das Kind wickeln und es an die Brust seiner Mutter legen, deren Freudentränen flossen. Es gab viele Helferinnen für die Nachgeburt und für das Feuer und einige, die zu den Männern rannten, um ihnen die gute Nachricht zu bringen. Niemand bemerkte mich, als ich auf leisen Sohlen in meinem blutbefleckten Gewand die Treppe hinunter floh, den Riegel an der Vordertür löste und die Allee zwischen den hohen Pappeln entlangrannte, vorbei an den ordentlichen Mauern und den Schafspferchen, hinab zur schimmernden Biegung des Flusses, wo das erste Dämmerungslicht das Wasser zu flüssigem Silber werden ließ. Aber noch bevor ich das Ufer erreichte, durchdrang die Sonne die Wipfel der kahlen Bäume, und das Tal war erfüllt von Licht. Viele Geschöpfe hatten ihre Spuren auf dem weichen Flussufer hinterlassen, Enten und Gänse, Füchse und Otter. Aber es war früh; die Enten schliefen noch. Und es gab keine Schwäne auf dem Wasser. Es gab keine menschlichen Fußabdrücke außer meinen eigenen. Wenn sie je da gewesen waren, waren sie nun bereits wieder verschwunden.
    Mein Herz war kalt vor Kummer und Zorn. Warum habt ihr nicht auf mich gewartet? Warum habt ihr mir kein Zeichen hinterlassen? Ich weiß nicht einmal, ob ihr überhaupt hier gewesen seid! Ich spürte, wie mir Tränen über die Wangen liefen, all jene Tränen, die ich zuvor nicht geweint hatte, eine Flut des Weinens, die meinen ganzen Körper erschütterte, und ich stand da, den Kopf gegen den Stamm einer Weide gelehnt, und schlug mit den Fäusten gegen die Rinde, bis meine Hände bluteten. Ich hätte meine Qual am liebsten herausgeschrien, bis sie im ganzen Tal widerhallte. Ich stand lange dort. Endlich sank ich bei der großen Weide zu Boden und schlug die Hände vors Gesicht. Meine Schultern bebten, meine Nase lief, und die Tränen wollten nicht aufhören. Wenn ich dort lange genug saß, würde ich vielleicht ein Teil dieses Baums werden, ein Trauerweidenmädchen, das am Wasser weinte. Vielleicht würde ich in die weiche Erde des Flussufers sinken, und statt meiner würden Binsen wachsen, schlank und silbergrau, und wenn jemand eine Flöte aus diesem Ried machte, würde sie zu spät, zu spät singen.
    »Das sind nicht nur die Tränen einer einzigen Nacht.«
    Ich hatte gewusst, dass er kommen würde. Stiefel knirschten auf dem bereiften Gras, als er näher trat. Dann spürte ich die Wärme seines Umhangs, als er ihn um meine Schulter legte … sehr vorsichtig, so dass er mich dabei kaum berührte. Es fühlte sich gut an, sehr gut. Ich hatte nicht bemerkt, wie kalt mir war hier draußen im Morgenfrost, nur mit meinem Kleid und den Hausschuhen. Es war, als würde der Umhang seine Körperwärme auf mich übertragen.
    »Ich würde gern den Grund für diese Tränen wissen«, sagte der Rote leise und setzte sich neben mich – aber nicht zu nahe. »Eines Tages werde ich es erfahren. Jetzt bringe ich dir nur

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