Die Tochter der Wälder
klopfendem Herzen unter den kahlen Felsen hindurch. Nicht wieder, bitte, nicht noch einmal. Die Hündin war gegen die silbrig graue Rinde einer Birke gepresst, und sie heulte und riss den Kopf von einer Seite zur anderen. Sie versuchte, etwas mit den Zähnen zu erreichen, einen blauen Blitz. Ich war sofort bei ihr, ließ Messer und Bündel fallen und kniete neben ihr, als sie voller Angst und Schmerz schrie. Blaue Federn. Ein Pfeil, der ihre Schulter durchdrungen und sie an den Baum genagelt hatte. Die Spitze steckte tief in der Rinde.
Es war keine Zeit, nachzudenken. Bei einem Menschen hätte man sagen können, halt still, ich werde dir helfen. Man hätte erklären können, was zu tun war. Selbst ohne Worte wäre das möglich gewesen. Bei einem Hund musste man einfach weitermachen. Ich band mein Bündel ab, schlang die Schnur um ihren Hals und band sie so fest, dass sie sich nicht erwürgte. Als ich an ihrem Maul vorbeikam, schnappte sie wild und biss mich in die Finger. Aber sobald das Seil fest war, konnte ich es mit einem Fuß halten und ihren Kopf mehr oder weniger zur Seite drücken. Dann das Messer. Ich streckte mich danach. Wenn sie nur aufhören würde, so zu heulen. Wenn sie nur aufhören würde! Ich tastete nach dem Messer. Jetzt hatte ich es. Und jetzt musste ich den Pfeil sauber und direkt am Stamm abschneiden und dann den Schaft aus ihrem Fleisch ziehen. Ich beobachtete sie sorgfältig, als ich mich an die Arbeit machte. Sie war schon sehr alt. Vielleicht war der schreckliche Lärm ein gutes Zeichen. Zumindest hatte sie die Kraft, sich zu wehren. Ich begann am Pfeilschaft zu sägen, blinzelte die Tränen weg, denn mit jeder Bewegung schickte ich eine Welle von Qual durch ihren kleinen Körper.
»Brauchst du Hilfe?«
Ich erstarrte. Diese glatte, weltgewandte Stimme konnte man nicht verwechseln: Lord Richard, der Onkel des Roten. Ich drehte mich nicht um, aber ich spürte, wie eiskalte Furcht mir über den Rücken lief.
»O ja. Das sieht schwierig aus. Es tut mir Leid. Es sieht aus, als hätte einer meiner Jäger schlecht gezielt.«
Er trug makellose Reitkleidung mit Handschuhen und Stiefeln aus dem feinsten Leder, Hemd und Hose in tiefem Mitternachtsblau. Seine Miene unter den Locken aus verblasstem Gold war eine Studie reuevoller Zerknirschung mit einer Spur Amüsement.
»Lass mich das machen, meine Liebe. Ein dummer alter Hund, nicht wahr? Ich habe dem Jungen immer gesagt, er wäre mit einem Jagdhund besser dran. Komm, meine Hände sind dazu besser geeignet.«
Ich schüttelte den Kopf; ich wollte nicht, dass er in meine und Alys' Nähe kam. Aber er kam näher, sehr nah, und plötzlich hatte er ein extrem scharfes Messer in der Hand. Ich wich vor ihm zurück. Er zog mit einem dünnen Lächeln die Brauen hoch.
»Man könnte direkt glauben, du hättest Angst«, stellte er fest, als er den Pfeilschaft mit einem einzigen Schnitt durchtrennte. Alys taumelte ein paar Schritte, und ich packte die notdürftige Leine fester.
»Was hattest du als Nächstes vor?« fragte er und trat ein paar Schritte zurück. Ich kniete nieder und griff nach dem Pfeil, dicht bei den blauen Federn. Ich stellte meinen Fuß wieder auf die Schnur, so dass Alys sich kaum bewegen konnte. Ich zog so fest ich konnte. Der Schaft glitt mit einem schrecklichen, saugenden Geräusch heraus, und der Hund kläffte entsetzt.
»Bravo«, sagte Lord Richard, der sich in der Nähe auf einen Baumstumpf niedergelassen hatte. »Und was jetzt?«
Ich warf ihm einen Blick heftiger Abneigung zu. Die Wunde blutete; nicht sonderlich, aber wir hatten noch einen langen Heimweg. Ich benutzte ein Messer, um den Saum meines Hemdes einzuschneiden, riss einen Streifen ab und verband dann die Wunde, so gut ich konnte. Alys versuchte nicht mehr, mich zu beißen. Sie saß schaudernd da und beobachtete mich mit vertrauensvollem Blick. Lord Richard sagte, sein Jäger hätte schlecht gezielt. Ich fragte mich, auf was er wohl gezielt hatte.
Er saß da und beobachtete mich, seine hellblauen Augen folgten jeder meiner Bewegungen. Ich lud mir mein Bündel auf den Rücken und bückte mich, um die zitternde Alys hochzuheben.
»Hmm«, sagte er. »Sehr unabhängig, nicht wahr? Ich würde dir Hilfe anbieten, aber ich würde vermutlich gebissen werden. Zumindest von einer von euch.«
Ich konnte keine Gesten machen. Ich versuchte, ihm mit einer Kopfbewegung und einem Stirnrunzeln wissen zu lassen, dass es mir am liebsten wäre, wenn er mich jetzt nach Hause gehen
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