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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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mehr als von Müdigkeit nach harter Arbeit.
    »Also gut«, sagte er. »Und jetzt sag mir, was los ist.«
    Ich kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass ich keine andere Wahl hatte. Wie er sagte, er spielte keine Spielchen. Also zeigte ich ihm: Hund – weg. Ich, suche – Sorgen. Ich nutzte meine Hand, um den Lauf der Sonne über den Himmel zu zeigen: den ganzen Tag. Dann musste ich ihn am Ärmel nehmen und nach drinnen führen, wo Alys wieder auf dem Strohsack lag und beinahe schlief, in die Decke eingerollt. Sie knurrte, als wir näher kamen, und fing wieder an zu zittern.
    Der Rote sah sich das Zeichen auf ihrem Rücken an und sagte nichts; aber die Linien auf seinem Gesicht waren im Lampenlicht sehr deutlich, und er hatte den Mund fest zusammengekniffen. Wir gingen wieder nach draußen, und er bedeutete mir mit einer Geste, mich auf die Türschwelle zu setzen, während er sich an die Wand neben mir lehnte. Eine Weile schwiegen wir.
    »Du wolltest mir nichts davon sagen«, bemerkte er schließlich. »Warum nicht?«
    Ich zuckte die Achseln. Wieso sollte ich es dir sagen? Was könntest du schon tun?
    Der Rote betrachtete mich mit gerunzelter Stirn. Eine Weile lang sagte er kein Wort; im Mondlicht hatten seine Augen die klare, helle Farbe wie bei unserer ersten Begegnung, und in ihrem Blick lagen Erinnerungen.
    »Ich möchte dich etwas fragen«, sagte er schließlich. Nun betrachtete er seine Hände, als wolle er meinem Blick ausweichen. »Jene Nacht – damals in den Höhlen, bevor wir übers Meer kamen. Es war eine seltsame Zeit. Ich habe mich gefragt – ich dachte, vielleicht hatte ich in jener Nacht Fieber, weil ich mein Bein verletzt hatte. Und dennoch, die Erinnerungen sind …« Er hielt inne, kratzte mit dem Stiefel über den Boden, und es gelang ihm irgendwie nicht, zu sagen, was er wollte. Ich hätte die Worte für ihn finden können, hätte ich nicht schweigen müssen. Nach einer Weile warf er mir einen raschen Blick zu und wandte sich dann wieder ab. Dann begann er von vorn.
    »Manchmal wache ich nachts auf«, sagte er, »aus einem so lebendigen Traum, dass es mir vorkommt, als sei diese dunkle Welt Wirklichkeit und unsere hier eine Phantasie. In der letzten Zeit ist das oft geschehen. Es verstört mich, meinen eigenen Geist so wenig zu beherrschen. Ist es dir jemals so gegangen?« Ich schüttelte den Kopf. Das Feenvolk spielt mit unseren Gedanken, daran besteht kein Zweifel. Was war mit diesem Mann aus unserem Dorf, Fergal, der vollkommen seinen Verstand verloren hatte, nachdem sie ihn verschleppt und geneckt und wieder weggeschickt hatten? Aber sie hatten nie meinen Geist übernommen, obwohl ich nahe daran gewesen war, vor Angst den Verstand zu verlieren. Ich gab dem Roten ein Zeichen. Sprich. Erzähl mir den Rest.
    »In jener Nacht …«, sagte er zögernd. »Das war der lebhafteste Traum, den ich je hatte. Und danach dachte ich einen Augenblick lang – aber nein, das kann nicht sein. Ich nehme an, diese Bilder waren das Ergebnis des Fiebers, einer Krankheit, die ich dem Schock und der Erschöpfung verdankte. Normalerweise bin ich nicht so schwach. Aber damals dachte ich – sag mir, ist es möglich, dass du denselben Traum hattest? Ist es möglich, dass du weißt, was … was man mir gesagt hat? Da war eine Kerze, die ich immer noch habe. Aber woher soll diese Kerze gekommen sein? Und warum höre ich ihre Stimmen immer noch im Schlaf? Verliere ich den Verstand? Aber ich komme mir vernünftiger vor als je zuvor in meinem Leben.« Er seufzte. »Es tut mir Leid, Jenny. Aber mit wem sonst könnte ich über solche Dinge sprechen? Wer sonst würde zuhören und mich nicht verrückt nennen?«
    Das brachte mich zum Lächeln. Wer sollte verrückte Gedanken schon verstehen, wenn nicht eine verrückte Person? Ich fragte mich, ob ich imstande wäre, ihm das zu erklären. Ich bewegte die Hände, und er sprach leise, in dem Versuch meine Gesten zu interpretieren. Zwei Hände, beide leicht gebogen, voneinander getrennt, die eine gegen die andere abwägend, wie die Hälften einer Muschel.
    »Zwei Dinge. Zwei Welten?«
    Ich nickte. Brachte die Hände zusammen. Eine mehr oben, die andere mehr unten.
    »Zwei Welten, eine oben, eine unten? Eine spiegelt die andere. Zwei Welten, die einander berühren und miteinander verbunden sind? Wohin gehörst du dann? Bist du auch ein Geschöpf jener anderen Welt, dieses Reichs von Träumen und Phantasien? Wirst du eines Tages verschwinden, wie sie es in jener

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