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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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gehängt, und das war alles. Es hieß, als man ihn abschnitt, habe man Verletzungen gefunden, die nichts mit dem Seil um den Hals zu tun hatten. Es fiel niemandem schwer, das zu glauben. Niemand hatte gewagt, diesen Mann zu retten, ob er nun schuldig gewesen war oder nicht. Es gab keinen jungen Finbar und keine Sorcha, die sich hier einmischten, keine leidenschaftlichen Kinder, die tapfer oder dumm genug waren, das Recht in ihre eigenen Hände zu nehmen. Es waren die anderen Dinge, die man sagte, die den Roten mehr gestört hätten. Dinge wie Zumindest weiß Lord Richard, was zu tun ist. Er handelt schnell. Er lässt die Leute wissen, wer der Herr im Haus ist. Selbstverständlich war die andere Gruppe vollkommen anderer Meinung. Sie murmelten, dass jemand alles gestehen würde, wenn man ihm so etwas antat, und was war aus der Gerechtigkeit geworden? Wo war Lord Hugh, wenn man ihn brauchte? Und was bilde sich Richard ein, eine Entscheidung zu fällen? Hatte man gehört, was aus seinen Männern geworden war, die er um einer dummen Idee willen übers Wasser geschickt hatte?
    Ich blieb in meinem Zimmer und verließ es nur, wenn es absolut notwendig war. Ich glaube, Megan verstand das und entschuldigte mich ein-, zwei-, dreimal beim Abendessen. Ein empfindlicher Magen. Konnte nichts bei mir behalten. Zuvor hätte Lady Anne mich herbeizitiert. Aber nun war ich ihre Schwiegertochter, und sie musste meine Wünsche achten. Ich war zumindest dem Namen nach die Herrin des Hauses. Megan kam zurück und sagte, man flüsterte über die Gründe meiner plötzlichen Krankheit. Ein wenig früh vielleicht, aber … Lord Hugh war offenbar recht geschäftig gewesen, sagten sie, hatte die Waren geprüft, bevor er sie kaufte. Ich spürte kalten Zorn, als ich diese Gerüchte hörte, zügelte ihn aber fest. Es war nicht wichtig, sagte ich mir. Nichts ist wichtig, nur deine Arbeit. Ich beendete das fünfte Hemd und begann mit dem Letzten.

KAPITEL 12
    Es war einfach nur Pech, nehme ich an. Schlichtes Pech, dass mein Plan, nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Haus zu schlüpfen und allein zum Fluss zu gehen, vollkommen von Lady Annes Entscheidung in letzter Minute zerstört wurde, den ganzen Haushalt zu einem Picknick am Wasser zu versammeln. Im Licht der Fackeln wollte man unter den Bäumen feierlich den Mittsommerabend begehen. Denn sie erkannte das Unbehagen, das Misstrauen unter ihren Leuten. Dies war ihr Versuch, sie aus dieser Stimmung herauszureißen und sie dazu zu bringen, wieder miteinander zu sprechen. Es war eine gute Idee. Eine wunderbare Strategie. Für mich bedeutete es eine Katastrophe. Ich verbrachte den größten Teil des Tages damit, darüber nachzudenken, ob ich mit ihnen gehen oder mich wieder krank stellen und dann versuchen sollte, unbeobachtet davonzuschlüpfen. Ich hatte keine Ahnung, wann meine Brüder kommen würden, aber ich nahm an, Conor würde erkennen, was geschah, und sie zu einem relativ sicheren Platz bringen. Wenn ich vor der Abenddämmerung am Fluss war, wenn es mir gelang, mich von den anderen abzusetzen, ohne dass sie es bemerkten, dann konnten sie vielleicht dorthin fliegen, wo ich alleine wartete, und ich konnte sie warnen. Vielleicht. Ich wollte am liebsten überhaupt nicht daran denken, dass auch Richard dort sein würde, so nah. Ben hatte über mich gewacht wie eine besorgte Mutter über ihr kränkliches Kind. Selbst Margery hatte mich am Tag zuvor mit einem dünnen Lächeln bedacht. Aber ich fühlte mich immer noch allein, so allein.
    Wäre der Rote da gewesen, hätte er seinen Onkel in ein kompliziertes Gespräch über Grenzen und Verbündete verwickelt. Wäre der Rote da gewesen, hätte er dafür gesorgt, dass ich von jenen umgeben war, denen er traute, beschützt vor neugierigen Fragen und anzüglichen Blicken. Aber der Rote war weg, und sein Onkel hielt sich stets in meiner Nähe, während wir alle die Pappelallee hinunter zum Flussufer gingen. Es würde nicht mehr lange dauern bis zur Abenddämmerung. Nicht mehr lange genug. Lady Anne hatte mich mit angemessener Kleidung versorgt. Ich hatte das schlichteste, bescheidenste dieser Kleider gewählt, ein dunkelgrünes Gewand mit einem hohen Ausschnitt und Ärmeln bis zu den Handgelenken. Aber immer noch warf Richard mir Seitenblicke zu und zog anzüglich die Brauen hoch. Sein blonder Bart war so ordentlich geschnitten wie eine Hecke im Herbst. Sein schwarzes Hemd war makellos, der Halssaum abgeschlossen mit einer dünnen Linie Silberfaden.
    »Nun,

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