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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Brüder keine Chance mehr. Die Herrin des Waldes war sehr deutlich gewesen. Die sechs Hemden mussten vom Anfang bis zum Ende von meinen eigenen Händen gefertigt werden. Dann, wenn alle fertig waren, musste ich sie selbst über die Hälse der Schwäne ziehen. Alle sechs am selben Ort, eins nach dem anderen. Erst dann, und wenn ich die ganze Zeit geschwiegen hatte, wäre der Bann gebrochen. Ich würde nicht zulassen, dass sie mich töteten, ehe ich es versuchte. Ich musste es versuchen, obwohl es hoffnungslos schien, denn es wäre die letzte Chance meiner Brüder. Ich konnte das sechste Hemd nicht vollenden. Aber ich musste sie rufen. Vielleicht, nur vielleicht, würde es genügen.
    Ich bewegte mich vom Fenster weg und setzte mich auf den Boden, so dass ich direkt nach Westen zum Himmel schaute. So dass ich die Männer und das, was sie aufbauten, nicht mehr sehen konnte. Ich zwang mich, langsamer zu atmen, und leerte meinen Geist, bis er so ruhig und still war wie ein Stein tief im Wald. Dann konzentrierte ich mich auf meinen Bruder Conor, irgendwo über dem Meer. Jede Faser meiner Gedanken. Meinen ganzen Willen. Ich stellte ihn mir vor. Hochgewachsen, bleich, ein uralter Geist im Körper eines jungen Mannes. Conor. Ihr müsst jetzt kommen. Heute, bei Einbruch der Dämmerung. Tödliche Stille, wenn man von gedämpften Hammerschlägen absah.
    Conor. Bitte hör mir zu. Komm in den Hof des großen Hauses, das ich dir gezeigt habe. Du musst bei Einbruch der Dämmerung hier sein. Bring sie mit. Bring sie alle mit. Keine Antwort. Vielleicht war er einfach zu weit weg. Bring sie mit. Das ist die letzte Gelegenheit. Du musst sie herbringen. Ein kleiner Wind regte sich vor dem Fenster, und ein Vogel sang. Das war alles. Vielleicht hatte er mich nicht gehört. Aber er hatte gesagt, ruf und wir werden kommen.
    ***
    Männer versprachen offenbar viel. Finbar hatte einmal gesagt, ich werde immer für dich da sein, und ich hatte ihm geglaubt. Der Rote hatte gesagt, ich werde zurückkommen.
    Ich schauderte. Was, wenn Richards Leute ihn abgefangen hatten, was, wenn … Ohne den Roten würde Harrowfield kalt und leblos werden. Es war bereits dabei, sich zu verändern.
    Später am Tag brachten sie mich zur Latrine und wieder zurück. Auf dem Weg hörte ich die Stimmen von Frauen, die sich drunten stritten. Ich hörte, wie jemand sagte: »Vater Dominic«, aber den Rest konnte ich nicht verstehen. Ich sah niemanden. Dann brachte man mir etwas zu essen, aber ich konnte es nicht anrühren. Schließlich rollte ich mich auf dem Boden in der Ecke zusammen, halb schlafend, halb wach. Draußen hatte das Hämmern aufgehört, und es war still. Trübes Licht fiel schräg durchs Fenster und tauchte die Staubpartikel in ein warmes Gold.
    Es war vielleicht ein Traum, oder etwas anderes. Ich glaubte, meine Augen wären offen. Aber ich sah es so klar und deutlich wie ein Bild in einem großen Buch. Zuerst glaubte ich, mich an eine Zeit zu erinnern, in der ich mit meinen Brüdern auf dem glatten Felsen am Seeufer saß und die silbernen Fische beobachtete, die durchs Wasser glitten. Aber diese Kinder waren nicht die Kinder von Sevenwaters. Da war ein Mädchen, hochgewachsen und kräftig, mit rosigen Wangen und hellem Haar wie Flammen. Da war ein dunkelhaariger Junge, der flach auf den Steinen lag und nach oben blickte, hoch in den Himmel, mit Augen klar wie Wasser, die so weit blicken konnten. »Die Schwäne kommen heute, Niamh«, sagte er, ohne sich zu regen. »Sie kommen heute zurück.« Das Mädchen lag neben ihm auf dem Bauch und fuhr mit den Fingern durchs eisige Seewasser. »Wie kannst du so sicher sein?« fragte sie. »Du bist immer so sicher.« Es kam mir so vor, als wäre noch ein anderes Kind da, am Rand des Bildes, aber diese Gestalt konnte ich nicht klar sehen. Dann verschwamm es und war verschwunden. Deine Kinder, sagte die leise Stimme. Und dann schwieg sie.
    Meine Kinder, die ich hätte haben können, dachte ich und hob die Hand zu dem Ring, der an meinem Hals hing, und zu dem durchbohrten Stein mit den Runenzeichen. Mein Sohn, meine Tochter. Der kleine Stein hatte das geheime Zeichen Nion für Esche. Aber es stand auch für Niamh, was der Name meiner Mutter gewesen war. Niamh, meine Tochter, mit Haar wie Leuchtfeuer über dem Wasser. Dann konnte ich die Tränen nicht mehr aufhalten, und ich weinte und weinte, bis mein Gesicht geschwollen war und mein Kopf schmerzte und das Licht, das durch die hohen Fenster fiel, langsam erstarb. Der Tag

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