Die Tochter der Wälder
Reitkleidung. Sie sah sehr müde aus.
»Wo ist der Mann, der all dies befohlen hat?« fragte Vater Dominic, und ich sah, wie Richards Männer sich in die Menschenmenge zurückzogen und verschwanden. Am Rand der Menge, im Halbdunkel, wurde es bewegter.
»Was ist mit ihm?« fragte jemand irgendwo in der Menge. »Der Bursche da, der sie hält. Das ist der, mit dem sie im Wald war, der Flüchtling, der irische Bastard, den wir beinahe gefangen hätten. Wollt Ihr behaupten, dass er nur zu einem kurzen Besuch hier ist. Was ist mit dem?«
Conor blickte über das Meer von Menschen, und plötzlich wurde es still.
»Ich bin ihr Bruder«, sagte er ruhig in ihrer Sprache. »Wir sind alle ihre Brüder. Ihr Schweigen hat uns vor dem Dunkel bewahrt. Ihre Arbeit hat uns erlöst.«
»Gute Leute«, erhob Lady Anne die Stimme, und sie klang verzweifelt müde. »Wir haben tatsächlich wunderbare und schreckliche Dinge erlebt. Es gibt viele Fragen und viele Antworten. Ihr seht, dass … dass meine Söhne zurückgekehrt sind, meine beiden Söhne, und mein Herz ist so voller Dankbarkeit, dass ich nicht zulassen werde, dass jemand hier verletzt oder bestraft oder auch nur unhöflich behandelt wird.« Sie musste sich anstrengen, nicht zu weinen. »Diese jungen Männer sind im Augenblick Gäste meines Hauses. Ich glaube, dass Jenny vollkommen unschuldig ist. Gott segnet jene, die Schuld in ihren Herzen tragen, nicht auf solche Weise. Wir werden morgen früh Zeit genug für Erklärungen haben. Nun steckt eure Waffen weg, geht nach Hause, legt euch schlafen und seid froh, dass kein unschuldiges Blut vergossen wurde. Freut euch mit mir, dass meine Söhne wieder zu Hause sind.«
Ein etwas halbherziger Jubel brach aus, und dann begannen die Leute, sich zögernd auf den Weg zu machen. Viele warfen noch einen Blick zu uns hin, aber die wilden, abgehärmten Gesichter meiner Brüder genügten, um alle abzuschrecken. Ein paar Diener brachten uns nach drinnen, in Lady Annes Wohnzimmer. Dort gab es ein Feuer und Lampen. Conor setzte mich vorsichtig auf einer gepolsterten Bank nahe der Feuerstelle ab. Sie waren alle dort, Liam, der angespannt Lady Anne lauschte, und Conor, der übersetzte; Padraic, der ein verbranntes Stück Holz vom Scheiterhaufen hin und her drehte und zögernd die gefährliche Mischung berührte, mit der es noch überzogen war; Diarmid und Cormack neben mir, die gezogenen Schwerter in den Händen, die Blicke auf die Tür gerichtet. Und beim Fenster, den Blick nach draußen, stand Finbar mit dem Rücken zu uns. Seine rechte Hand, die er flach gegen die Steinmauer drückte, schmal und durchsichtig, als wäre sie aus Eis gemeißelt, und nun konnte ich die Folgen jenes letzten Hemdes sehen, dieses Hemdes mit nur einem Ärmel. Denn statt des linken Arms hatte mein Bruder immer noch den schimmernden Flügel eines Schwans. Er war als Letzter zurückgekehrt, und so würde er sein Leben lang diese Last tragen, den Fluch des unvollständigen Kleidungsstücks, das mit so viel Liebe, Tränen und Blut gefertigt worden war. Er sagte kein Wort, er sah mich an. Und er hatte seinen Geist abgeschirmt.
Ich versuchte zu sprechen. Nach so langer Zeit war es nicht einfach.
»Wie ist … ich dachte …«
Conor kniete neben mir nieder.
»Du hast es geschafft. Gerade noch rechtzeitig, wie es aussieht.« Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen, aber sein Blick war ernst. »Diese Dame hier sagt mir, wir seien in Sicherheit, aber wie lange, wissen wir nicht. Im Augenblick musst du dich ausruhen. Es ist endlich vorüber.«
»Aber – aber ich habe gesprochen, ich habe gesprochen, bevor die Hemden – ich habe mein Gelübde gebrochen! Wie kommt es, dass ihr hier seid?« Ich konnte immer noch nicht glauben, dass sie gerettet waren. Ist nicht alles, was das Feenvolk sich ausdenkt, bis ins kleinste, grausame Detail vorgezeichnet, so dass die geringste Abweichung von den Regeln alles über den hilflosen Opfern zusammenbrechen lässt? Wie war es möglich, den Bann zu heben, nachdem ich laut gerufen hatte, bevor das letzte Hemd über Finbars Hals geglitten war?
»Du konntest es nicht sehen«, sagte Conor sanft. »Aber diese Dinge haben ihre Art, sich selbst zu lösen, wenn die richtige Zeit gekommen ist. Hast du den Wind vergessen, den plötzlichen Wind, der dir dieses letzte Hemd aus den Händen und in die Luft riss? Wer weiß denn, ob dieser Wind das Hemd nicht über Finbars Hals streifte, einen winzigen Augenblick, bevor du riefst? Der Bann ist
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