Die Tochter der Wanderhure
jeden Fall bei Maximilian von Albach, Ludolf von Fuchsheim und Ingobert von Dieboldsheim haben. Hör dich dort um! Dann erfährst du gewiss Namen von weiteren Burgherren, die ebenfalls nichts dagegen hätten, ein paar Körner der Kibitzsteiner Ernte aufzupicken. Es sollten nur Herren sein, die sich als freie Reichsritter bezeichnen. Tragen sie Kibitzstein die Fehde an, liegt es nicht in der Macht des Fürstbischofs, dies zu unterbinden.«
Graf Magnus stieß ein ärgerliches Lachen aus. »Eure Worte hören sich ja gut an, aber diese Herrschaften, die Ihr nennt, werden mir erst dann gegen Kibitzstein folgen, wenn ich selbst mit genügend Soldaten und Kanonen vor der Burg erscheinen kann. Doch dafür müsste ich erst Söldner anwerben, und das kostet mehr Geld, als ich mir im Augenblick leisten kann.«
Um die Lippen des Prälaten spielte ein nachsichtiges Lächeln.
»Herr Gottfried Schenk zu Limpurg wird seine Kriegsleute und Kanonen nicht täglich zählen. Nimm dir so viel, wie du brauchst, steck sie unter deine eigenen Fahnen und zieh mit ihnen gegen Kibitzstein. Schließlich hast du einen handfesten Grund, der Wirtswitwe die Fehde anzutragen, denn du willst ja deinen Bruder rächen.«
Pratzendorfer sah Henneberg unbewusst nicken. Der Mann würde seinen Rat in die Tat umsetzen und in seiner Wut auf die Kibitzsteiner einen Aufruhr verursachen, der halb Franken erfassen konnte. Und genau das bot dem Fürstbischof die Gelegenheit, zum richtigen Zeitpunkt als Friedensstifter aufzutreten und dabei unauffällig seine Macht zu erweitern. Anders als der Henneberger es plante, würde Gottfried Schenk zu Limpurg die Witwe auf Kibitzstein jedoch nicht samt ihren Bälgern aus diesem Landstrich vertreiben, sondern ihnen den um etliche Teile verringerten Besitz als Lehen übergeben. Dieses Beispiel würde die übrigen Zaunkönige in diesem Landstrich überzeugen, sich nicht gegen seinen Willen zu stemmen.
Das aber ging Magnus von Henneberg nichts an, denn der Mann war nur ein Werkzeug, das ihm den Weg zu einem größeren Ziel bahnen sollte. Der Prälat klopfte dem Grafen leutselig auf die Schulter und zog ihn näher zu sich heran. »Wenn du deine Sache gut machst, mein Sohn, wird es dein Schade nicht sein! Und dein Bruder Otto wird ebenfalls nicht vergessen werden, auch wenn er es nun selbst in der Hand hat, sich großen Ruhm und Reichtum zu erwerben.«
»Ich würde gerne wissen, wie es Otto geht. Die lange Reise wird seiner Verletzung wohl nicht guttun.« Für einen Augenblick wurde Graf Magnus weich und ließ Pratzendorfer in sein Herz blicken.
Der Prälat registrierte es mit Zufriedenheit. Graf Magnus’ Stolz auf sein Geschlecht und seine Liebe zu seinem jüngeren Bruder waren Hebel, derer er sich bedienen konnte. Nun musste er noch eine Sache klären, bevor er den Henneberger wieder seinen Plänen überließ.
Leise, so als hätte er Angst vor heimlichen Lauschern, ermahnte er ihn. »Wenn du dich an die Ausführung deiner Pläne machst, so belästige Seine Hoheit, den Fürstbischof, nicht mit Einzelheiten. Herrn Gottfried interessiert nur das Ergebnis. Wie esdazu kommt, ist deine Sache. Daher wirst du mir allein Bericht erstatten und sonst keinem.«
Diese Anweisung schmeckte Magnus von Henneberg wenig, aber er war klug genug, nicht zu widersprechen. Wenn er es geschickt anfing, vermochte er den Einfluss, den Cyprian Pratzendorfer besaß, zu seinen eigenen Gunsten zu nutzen. Daher verabschiedete er sich freundlicher von dem Prälaten, als er ihm tatsächlich gesinnt war, und bereitete seine Abreise aus Würzburg vor. Auch wenn er nun etliche Umwege in Kauf nehmen musste, so würde sein eigentliches Ziel Burg Kibitzstein sein.
9.
L ampert gefielen die beiden Ritter, die im Auftrag des freundlichen Mönches aus Altötting über Trudi wachen sollten, von Tag zu Tag weniger. Die Männer fluchten wie Fuhrknechte, und wenn sie mit Uta sprachen, taten sie es in einer so anzüglichen Weise, dass sie die Magd weniger zum Kichern als zum Erröten brachten. Selbst Trudi gegenüber hielten sie ihre Zungen nicht im Zaum, sondern redeten so, wie man vielleicht mit einer erfahrenen Frau sprechen konnte, nicht aber zu einer Jungfer ihres Alters.
Trudi nahm weder das Misstrauen ihres Knechts wahr, noch störte sie sich an den schlechten Manieren ihrer Beschützer. Endlich ging es stramm vorwärts, und daher machte es sie nicht misstrauisch, dass Melchior von Hohenwiesen und Frodewin von Stammberg sich von allen größeren Siedlungen
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