Die Tochter der Wanderhure
kantiges, wenig anziehendes Gesicht mit einem kurz gehaltenen, aber unordentlich geschnittenen Bart.
Elisabeth, die Gemahlin des Grafen, musterte den Gast beinahe noch feindseliger als ihr Gemahl. Ihr behagte es gar nicht, dass Otto, ihr Schwager, so viel von diesem Kerl hielt, für den nichts sprach als sein Geschick auf dem Schlachtfeld.
Die beiden anderen Besucher waren schon mehr nach dem Geschmack des gräflichen Paares. Georg von Gressingen hatte zwar jüngst seine Heimatburg an den Fürstbischof von Würzburg verloren, achtete aber dennoch so auf sein Äußeres, wie es sich gehörte. Zudem war er ein angenehmer Gesprächspartner, der den Raum nicht bei jeder unpassenden Gelegenheit mit seinem Gelächter füllte. Neben Gressingen saß Hardwin von Steinsfeld. Er war im gleichen Alter wie Otto, nahm sich aber im Gegensatz zu diesem ein Beispiel an Gressingen und nicht an diesem Söldner. Graf Magnus hatte seinen Bruder schon bei der Ankunft getadelt, weil Otto nach seiner Rückkehr nicht mehr so sorgfältig gekleidet war, wie es einem Edelmann anstand. Ein Söldnerhauptmann bürgerlicher Herkunft mochte abgerissen herumlaufen, aber kein Angehöriger des gräflichen Hauses Henneberg.
Gräfin Elisabeth beugte sich ein wenig vor und sprach Steinsfeld an. »Ich hoffe, Eure Frau Mutter fühlt sich wohl.«
»Das tut sie«, versicherte Hardwin eilfertig.
Doch ehe er weitersprechen konnte, riss Peter von Eichenloh das Gespräch wieder an sich. »Das ist kein Wunder! Hat deine Mutter doch nach dem Tod deines Vaters auf Steinsfeld die Hosen angezogen und wird sie vor ihrem Tod nicht mehr hergeben. Wenn du ein Mann werden und dich bei ihr durchsetzen willst, solltest du eine Weile mit mir und meinen Leuten reiten. Wir machen einen richtigen Kerl aus dir!«
Für diesen Zwischenruf fing Eichenloh einige höchst missbilligende Blicke des Gastgeberpaares ein, während Otto von Henneberg sichtlich Mühe hatte, sich das Lachen zu verkneifen. Steinsfeld war in der ganzen Gegend als Muttersöhnchen verschrien, das ohne Erlaubnis Frau Herthas nicht einmal auf den Abtritt zu gehen wagte. Auch Gressingen lächelte amüsiert, während Hardwin beleidigt die Unterlippe vorschob.
Da seine Gedanken mehr der schönen Bona von Fuchsheim galten, die er seit jenem Nachmittag im Wald mehr vermisste, als er es sich hätte vorstellen können, hatte er an Krieg und Waffenehre kein Interesse. »Ich werde mich gewiss nicht Euren Totschlägern anschließen, Eichenloh.«
»Ich zwinge dich auch nicht dazu, Junge«, antwortete Junker Peter fröhlich grinsend.
»Könnt Ihr mich nicht so anreden, wie es sich gehört?«, biss Hardwin zurück.
Peter von Eichenloh zuckte mit den Schultern. »Vielleicht dann, wenn du deiner Mutter gezeigt hast, wer Herr auf eurer Burg ist. So lange aber bist du für mich nur ein Knäblein, und für ein solches verbiege ich mir nicht meinen Mund.«
»Das müsste schon ein anderer für dich tun!«, warf Gressingen ein.
»Was tun?«, fragte Hardwin verwirrt.
»Eichenloh den Mund oder noch besser den Kiefer verbiegen. Wenn du das schaffst, Steinsfeld, wird es keiner mehr wagen, dich einen Knaben zu heißen!« Gressingen brachte die Worte im vollen Ernst hervor, obwohl er sich innerlich vor Lachen krümmte. Er kannte niemanden, der sich freiwillig mit Eichenloh anlegte, und wartete gespannt, wie Hardwin sich aus dieser Klemme ziehen würde.
Bevor der Zwist ernstere Formen annehmen konnte, hob Graf Magnus gebieterisch die Hand. »Halt! Hier auf meiner Burg dulde ich weder eine Rauferei noch einen Kampf mit dem Schwert.«
Hardwin atmete erleichtert auf, während Eichenloh abwinkte.
»Glaubt Ihr wirklich, ich würde mich an einem halben Kind vergreifen?«
Sein verächtlicher Tonfall reizte Hardwin so sehr, dass er ihn am liebsten zum Zweikampf aufgefordert hätte. Aber er wusste, dass er gegen den erfahrenen Recken auf verlorenem Posten stünde. Eichenloh war noch keine sechsundzwanzig Jahre alt, hatte aber bereits in mehr Schlachten gefochten als alle anderen Ritter in diesem Raum zusammen. Im Grunde, sagte Hardwin sich, war der Mann nur ein wüster Schlagetot, den man aus Gnade und Barmherzigkeit bei den Edelleuten sitzen ließ.
»Gegen welchen Gegner werdet Ihr diesmal ziehen? Für oder gegen Würzburg, für oder gegen Hohenlohe oder für oder gegen Brandenburg-Ansbach?«, fragte Gressingen, dem es Freude machte, kleine Stiche gegen Eichenloh auszuteilen.
»Das würde mich auch interessieren«, erklärte Graf
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