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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Wagen voll ist! Dann jage ich dieses Gesindel zum Teufel, und wir schieben die Trauben in unsere Scheuer.«
    Gressingen nickte unwillkürlich. Auf diese Weise würde der Verlust Michel Adler noch stärker treffen. Aber seine Tochter würde die Ernte eines Tages gewiss nicht freiwillig hergeben, und der Weinberg lag in Sichtweite von Kibitzstein. Wenn es zu einem Streit kam und Henneberg zu zögerlich vorging, mochte es sein, dass Michel Adler genügend Männer zusammenrufen und den Streich verhindern konnte.
    »Dann solltest du jetzt handeln! Der Wagen ist beinahe voll, und Michel Adler wird gewiss ein paar Knechte schicken, um ihn abzuholen, denn die paar Weiber können den Karren nicht den steilen Hang zur Burg hinaufschieben. Übrigens befinden sich ein paar bildhübsche Dinger unter den Mägden, die es wert wären, auf den Rücken gelegt zu werden.«
    Graf Otto hob abwehrend die Hände. »Ich glaube nicht, dass es dem Kibitzsteiner gefallen würde, wenn seinen Mägden Gewalt angetan wird.«
    »Er hätte sie ja nicht auf fremdes Land schicken müssen. Auf diese Weise kannst du ihm gleich zeigen, wie kalt ihm der Wind aus Hilgertshausen um die Ohren bläst, und du hättest noch deinen Spaß dabei. Wann bist du zuletzt einem hübschen Mädchen zwischen die Beine gefahren?« Gressingen redete wie im Fieber. Wenn es ihm gelang, Graf Otto zu dieser Tat zu bewegen, war er jeder Verpflichtung ledig. Niemand würde von ihm verlangen können, ein Mädchen zu heiraten, das von einem anderen geschändet worden war.
    Seine Worte zeigten schnell Wirkung. Während seiner Zeit bei Eichenloh war es Otto nicht möglich gewesen, eine Magd gegen deren Willen ins Stroh zu ziehen, denn Junker Peter hatte auf strenge Manneszucht geachtet und sogar einen Mann als Abschreckung für die anderen am nächsten Baum aufgehängt. Daher hatte er nur gelegentlich in städtischen Hurenhäusern oder bei Wirtsmägden Entspannung gefunden.
    Wäre Otto von Henneberg nüchtern gewesen, hätte er Gressingens Vorschlag vehement abgelehnt. Aber der reichlich genossene Wein schwemmte seine Hemmungen hinweg, und er glaubte nun selbst, dass es sein Recht war, eine Magd, die sich verbotenerweise auf dem von ihm zu schützenden Land befand, auf diese Weise bestrafen zu dürfen.
    Daher nickte er und stieß Gressingen an. »Die Schönste gehört mir, verstanden! Du kannst dir eine von den anderen aussuchen.«
    Zu jeder anderen Zeit wäre Gressingen auf das Angebot eingegangen, doch wenn er seinen Zweck erreichen wollte, durfte er nicht gesehen werden. »Nein, danke! Du kennst ja meinen Standpunkt. Wenn ich mit dir käme, nähme man dich nicht ernst und würde behaupten, ich führte dich am Nasenring herum.«
    Henneberg verzog spöttisch den Mund. »Wenn du nicht dabei bist, bleiben mehr für uns übrig, nicht wahr, Urban?« Er stieß seinen Untergebenen auffordernd an und ging zur Tür.
    »Ich breche auf. Du kannst inzwischen hier sitzen bleiben und weitertrinken!« Mit diesen Worten verließ Otto den Raum, gefolgt von dem erwartungsvoll grinsenden Knecht.
    Gressingen blieb allein zurück und betete, dass sein Streich gelingen möge. Nach so einem Zwischenfall würde es ihm möglich sein, Kibitzstein wieder aufzusuchen und dort den Empörten zu spielen.

13.
    W ährend Gressingen Graf Otto aufhetzte, wurde Michels Aufmerksamkeit von seinem Gast abgelenkt. Ingobert von Dieboldsheim betrachtete den guten Zustand der Burg und den großen Saal, der mit seinen Wandteppichen, Wappen und allerlei Waffen eher der Halle eines Grafen oder Fürsten glich als dem Heim eines einfachen Reichsritters. Wie stets bei seinen Besuchen auf Kibitzstein konnte er den Neid kaum verhehlen, das Lob aus seinem Mund klang gepresst. Am meisten schien er den ausgestopften, weit über mannshohen Bären zu bewundern, den sein Gastgeber vor Jahren in Böhmen mit nicht mehr als dem Jagdmesser bewaffnet erlegt hatte. Obwohl er die Geschichte schon kannte, ließ er sie sich noch einmal erzählen. Das Fell hatte lange auf Burg Falkenheim zurückbleiben müssen und war nach dem Ende der böhmischen Wirren von Ottokar Sokolny nach Kibitzstein geschickt worden. Der Dieboldsheimer hörte zwar aufmerksam zu, aber seinem Gesichtsausdruck nach schien er Michels Ausführungen für Jägerlatein zu halten.
    Michel achtete nicht auf die Gefühle seines Gastes, die sich deutlich auf dem rundlichen Gesicht abzeichneten, sondern beantwortete dessen Fragen mit gleichmütiger Freundlichkeit und wartete, bis

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