Die Tochter der Wanderhure
Zukunft Vergeltung anzudrohen.
Er wartete, bis sich der Lärm in der Halle halbwegs gelegt hatte, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Söldnerführer grimmig an. »Ich werde mir deine frechen Worte merken, Bürschchen, und dir zu gegebener Zeit die rechte Antwort geben. Doch nun lasst uns weiterfeiern! Herr Moritz ist schon ganz begierig darauf, ins Brautbett zu kommen.«
Der Mertelsbacher warf seiner jungen Frau einen aufforderndenBlick zu. »Gelüsten würde es mich schon, die Festung bereits jetzt zu stürmen.«
»Bevor Ihr zu besoffen seid, um es noch tun zu können!«, rief einer seiner Freunde quer über die Tische herüber.
»Einen Ritter, den es zu seinem Weib drängt, sollte man ebenso wenig aufhalten wie einen, der mit dem Feind die Lanze brechen will. Es soll ja morgen ein Turnier abgehalten werden. Dabei findet Ihr gewiss die Möglichkeit, Herrn von Eichenloh zu beweisen, dass Ihr noch nicht eingerostet seid.« Der Brandenburger lächelte bei diesen Worten, denn diese Hochzeit versprach noch viel Spaß. Dabei war er eigentlich nur erschienen, um den Würzburgern jegliche Freude zu verderben.
Michel nickte erleichtert. An das Turnier hatte er nicht mehr gedacht. Nun sah er die Gelegenheit kommen, seine Ehre zu verteidigen und Eichenloh noch auf diesem Fest in seine Schranken zu verweisen. Dabei kümmerte es ihn nicht, dass sein Gegner jünger und wohl auch geübter war als er.
14.
A lbrecht Achilles’ Vorschlag, das Brautpaar gleich nach dem Mittagessen ins Brautgemach zu begleiten, fand allgemeinen Anklang, am meisten natürlich bei Moritz von Mertelsbach, den es drängte, seinen Witwerstand in den Armen seiner jungen Frau zu vergessen. Das aber brachte zwei Freundinnen in arge Verlegenheit. Bona versuchte, Zeit zu gewinnen, doch die anderen sahen darin nur jungfräuliche Angst und Scham und stachelten den Bräutigam mit deftigen Zoten an. Entsetzt sah sie sich nach Trudi um. Doch die war bereits aus der Halle geeilt und rannte in die Küche hinab, um zu dem alten Turm zu gelangen.
»Zum Abtritt geht es in die andere Richtung«, rief ihr eine Magd nach, die ihre Absichten missverstand. Trudi hatte kein Ohr fürdie Frau, sondern schlüpfte hinter dem Rücken ihrer Mutter vorbei, die gerade die Köchin schalt. Kurz darauf erreichte sie das versteckte Turmkämmerchen und öffnete mit bebenden Händen die kleine Truhe. Sie musste erst kramen, bis sie das Schächtelchen fand, das Bona ihr am Vortag gezeigt hatte. Nun lag der Gegenstand darin, den die Freundin so dringend benötigte. Es handelte sich um die Blase eines der vielen Hühner, die für dieses Fest geschlachtet worden waren.
Da Bona bei dieser Arbeit mitgeholfen hatte, war es ihr gelungen, das Ding ungesehen an sich zu nehmen und mit frischem Hühnerblut zu füllen. Sie hatte die Blase in aller Frühe hier versteckt, damit ihre Freundin sie später holen und ihr im Brautgemach heimlich zustecken konnte.
Trudi steckte das schwabbelnde Ding vorsichtig in ihre Ärmeltasche und eilte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinab. Als sie die Halle erreichte, hatten die weiblichen Gäste die junge Braut bereits nach oben geleitet, während die Herren vor der Treppe warteten und dem Bräutigam noch einen Becher Wein aufnötigten.
Hier kam sie nicht durch, stellte Trudi besorgt fest. Doch sie kannte Burg Fuchsheim gut und wusste, dass es noch einen anderen Weg gab. Auf diesem erreichte sie die Damen noch rechtzeitig und konnte sich ihnen unauffällig anschließen.
Mertelsbachs Verwandte Elgard von Rendisheim führte die Gruppe an, denn Fuchsheims vom Wein überwältigte Schwester schlief so fest in einer Ecke des großen Saales, dass man sie nicht hatte wachrütteln können. Statt ihrer überwachte Marie das Treiben und sorgte dafür, dass die Witze und Zoten nicht zu ausgelassen wurden. Sie hatte als Einzige Trudis Fehlen bemerkt und runzelte die Stirn, als ihre Tochter sich abgehetzt und doch irgendwie erleichtert wirkend unter die anderen Frauen mischte. Da Marie Bona von Fuchsheim für ein unbedachtes Ding hielt, begriff sie, was Trudi und die Braut planten.Ihr war der Bräutigam herzlich unsympathisch, und sie fürchtete ebenfalls, dass er Bona für ihre verlorene Jungfernschaft leiden lassen würde. Daher beschloss sie, nichts gegen den Streich zu unternehmen, sondern die Augen offen zu halten und dafür zu sorgen, dass er gelang. Sie warf Trudi einen mahnenden Blick zu und sah, dass ihre Tochter sich bemühte,
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