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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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war geschlossen. Er schaltete den Motor aus und saß eine Weile da, lauschte den Vögeln und dem fernen Geräusch der Rasenmäher.
    »A Tree in the Heart«. Sein Vater war nun zwei Jahre tot, und seine Mutter würde Frederic heiraten und für eine Weile nach Frankreich ziehen. Er kam nicht als Kind oder Besucher hierher, sondern als Verwahrer der Vergangenheit. Es war an ihm, auszusuchen, was behalten und was ausrangiert wurde. Er hatte versucht, mit Michelle über diese hohe Verantwortung zu sprechen, wie er die Dinge, die er nun aufheben würde, eines Tages wiederum an seine Kinder weitergeben würde. Er hatte sich Gedanken über seinen Vater gemacht, dessen Vergangenheit noch immer ein Rätsel war, doch Michelle hatte ihn mißverstanden. Als er beiläufig Kinder erwähnt hatte, war sie zusammengezuckt. »So habe ich das gar nicht gemeint«, hatte er verärgert protestiert, doch auch sie war verärgert gewesen. »Ob es dir bewußt war oder nicht – du hast es so gemeint.«
    Er lehnte sich zurück und suchte in der Hosentasche nach dem Haustürschlüssel. Seitdem seine Mutter begriffen hatte, daß die Arbeiten seines Vaters wertvoll waren, hatte sie damit begonnen, die Türen abzuschließen, obwohl die Kisten noch ungeöffnet im Studio standen.
    Er wollte sich den ganzen Kram eigentlich auch nicht ansehen.
    Nachdem er aus dem Wagen gestiegen war, stand er eine Weile auf dem Bürgersteig und sah sich um. Es war heiß; eine leichte Brise fuhr hoch über ihm durch die Baumkronen. Eichenblätter fielen über das Licht her und formten ein Schattenspiel auf der Erde. Sonderbarerweise schienen außerdem Schneeflocken zu fallen – eine fedrige grauweiße Substanz schwirrte durch den blauen Himmel herab. Paul streckte seine Hand nach der heißen und feuchten Luft aus, und es kam ihm vor, als sei er in einen Traum geraten, als stünde er |495| in einer der Fotografien seines Vaters, wo Bäume im Herzschlag erblühten, wo die Welt plötzlich nicht mehr das war, was sie zu sein schien. Eine Flocke fiel auf seine Hand; als er die zur Faust ballte und wieder öffnete, war seine Haut schwarz verschmiert. Es war Asche, die wie Schnee in der dichten Julihitze herabsegelte.
    Er hatte Fußabdrücke auf dem Bürgersteig hinterlassen, als er die Treppe hinaufging. Die Eingangstür war nicht verschlossen, doch das Haus war leer. »Hallo?« rief er und schritt durch die kahlen Räume. Seit Jahren wohnte er nun schon nicht mehr hier, doch er erwischte sich dabei, wie er im Wohnzimmer stehenblieb, dem alles genommen worden war, was ihm seinen Sinn gegeben hatte. Wie oft hatte seine Mutter diesen Raum neu gestaltet? Und doch war es letztlich nur ein Raum. »Mom?« rief er, doch er erhielt keine Antwort. Er ging die Treppe hoch und stand in der Tür seines eigenen Zimmers. Auch hier stapelten sich Kisten, voll von altem Kram, den er sortieren mußte. Sie hatte nichts weggeschmissen – selbst seine Poster waren sorgfältig zusammengerollt und wurden von einem Gummi gehalten. Dort, wo sie einst gehangen hatten, waren blasse Rechtecke an der Wand zu sehen.
    »Mom?« rief er erneut. Er ging nach unten auf die hintere Veranda. Dort saß sie auf den Stufen, in alten blauen Shorts und einem schlabberigen weißen T-Shirt. Er hielt inne, sprachlos, und ließ die seltsame Szene auf sich wirken. Ein Feuer glomm in einem Kreis von Steinen, und die Asche, die Fetzen verbrannten Papiers, die im Vorgarten auf ihn herabgerieselt waren, hatten sich hier in den Büschen verfangen, auch im Haar seiner Mutter. Papier lag über den ganzen Rasen verstreut, es hing zu Füßen der Bäume oder am rostigen Metallgestell der alten Schaukel. Schockartig wurde Paul bewußt, daß seine Mutter die Fotografien seines Vaters verbrannt hatte. Sie sah auf, und ihr Gesicht war mit Asche und Tränen verschmiert.
    |496| »Alles in Ordnung«, sagte sie mit monotoner Stimme. »Ich verbrenne nichts mehr. Ich war so sauer auf deinen Vater, Paul, doch dann durchfuhr es mich – es ist ja auch dein Erbe. Ich habe nur eine Kiste verbrannt. Es war die Kiste mit all den Mädchen, deswegen gehe ich davon aus, daß sie nicht sonderlich viel wert war.«
    »Wovon redest du?« fragte er und setzte sich neben sie.
    Sie reichte ihm ein Foto von ihm selbst, eines, das er nie gesehen hatte. Darauf war er vierzehn und saß, über seine Gitarre gebeugt, in der Schaukel, spielte konzentriert, von der Musik gefangen, und nahm alles um sich herum nicht mehr wahr.
    Es irritierte ihn, daß sein Vater

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