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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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hinzustellen.
    »Falls das Schlimmste eintritt, Francesca, so versteckt Euch irgendwo und wartet auf Vittoro. Er wird Euch aus dem Vatikan hinausbringen.«
    Ich starrte den Kardinal an.
    »Ihr habt auch dafür Sorge getragen?«
    Borgia lächelte.
    »Ich bin vielleicht kein guter Priester, aber auf jeden Fall ein guter Stratege. Ich versuche stets, mich für alle Möglichkeiten zu wappnen.«
    Er stand auf und ging hinaus, ohne sein Frühstück auch nur angerührt zu haben. Vermutlich war er doch nicht so abgeklärt, wie er es die anderen gern glauben machen wollte.
    »Denkt an die Handschuhe«, rief ich ihm nach. Ich hatte darauf bestanden, dass ein halbes Dutzend zur Verfügung stand, damit er die Wohnung nie ohne Handschuhe verließ. Außerdem hatte ich ihm befohlen – es gibt kein anderes Wort dafür –, dass er außerhalb der eigenen vier Wände nichts aus der Hand eines anderen entgegennehmen sollte, sondern dass mir die Sekretäre alles zur Prüfung vorlegten. Aus diesem Grund mussten auch sie ständig Handschuhe tragen.
    Die förmlichen Gewänder, die Borgia wie alle anderen Kardinäle außerhalb der Wohnung trug, bedeckten mit Ausnahme des Kopfes seinen ganzen Körper.
    Er sah über die Schulter zurück.
    »Glaubt mir, Francesca, ich habe keine Eile, diese Welt zu verlassen.«

    Inzwischen schrieben wir den 10. August Anno Domini 1492. Das Kollegium befand sich seit vier Tagen im Konklave. Allmählich wurden die Kardinäle unruhig, weil ihnen bewusst war, dass jedes weitere Zögern die Standfestigkeit der Kirche gefährdete, die sich gerade erst vom Großen Schisma erholt hatte. Je mehr Zeit sie benötigten, um den neuen Papst zu inthronisieren, desto rascher würde sich die Stimmung der Bevölkerung aus Angst vor neuen chaotischen Verhältnissen gegen sie wenden. Wenn Menschen verängstigt sind, lässt sich das Ausmaß ihrer Wut nicht einschätzen und ist deshalb umso gefährlicher.
    Demzufolge war ich nicht sonderlich überrascht, als sich nach dem dritten Wahlgang, der im Lauf des Tages stattfand, erstmals ein klarer Favorit abzeichnete.
    Borgia hatte vierzehn Stimmen erhalten, eine weniger als fünfzehn, die er zur Entscheidung benötigte.
    Morozzi hatte keine Zeit mehr zu verlieren.
    »Ich zähle auf Euch, dass Ihr ihn in Schach haltet, bis ich gewonnen habe«, sagte der Kardinal, als er nach der Abstimmung kurz in seine Räume zurückkehrte.
    Mit diesen Worten war er auch schon wieder verschwunden, um sich mit den wenigen Kardinälen zu treffen, die sich bisher noch für keinen der Kandidaten entschieden hatten.
    Auch die Sekretäre waren nicht da, sodass ich allein zurückblieb und mir überlegen konnte, was ich tun sollte.
    Oder besser, was Morozzi tun würde.
    Auch wenn ich mich nicht gern in ihn hineinversetzte, so war es doch unumgänglich. Ich lief ruhelos auf und ab, während ich mir den Kopf zermarterte, ich seufzte und stöhnte,
ich setzte mich hin und stand gleich darauf wieder auf – und irgendwann riss ich mir die Kappe, die ich inzwischen hasste, vom Kopf und zerrte so fest an meinen Haaren, dass mir die Tränen kamen.
    Schließlich verließ ich in großer Sorge um Borgia unser Quartier. Vielleicht konnte ich ja irgendwo in Erfahrung bringen, wie die Dinge standen. Auf dem Flur, der die Wohnquartiere der Kardinäle mit der Sixtinischen Kapelle verband, kamen mir vom anderen Ende mehrere Prälaten entgegen. Rasch drückte ich mich an die Wand und drehte den Kopf zur Seite, jedoch nicht ohne festzustellen, dass della Rovere die Gruppe anführte. Auf dem Porträt von Raffael ist ein gebrechlicher Mann mit weißem Bart und ernstem Gesicht zu sehen. Zur Zeit des Konklaves jedoch war della Rovere noch keine fünfzig und kräftig, worum ihn manch Gleichaltriger beneidete. Ohne Bart konnte man seine Gesichtszüge fast weichlich nennen, mit tiefliegenden Augen unter den buschigen Brauen und einem etwas verkniffenen, ja mürrischen Zug um den Mund.
    Als die Männer an mir vorübergingen, hatte ich nicht den Eindruck, als ob sie mich bemerkten. Erleichtert setzte ich meinen Weg fort und hoffte inständig, irgendwo auf Borgias Sekretäre zu treffen oder, falls das nicht gelang, wenigstens so viele Gerüchte wie möglich aufzuschnappen. Als es zur Vesper läutete, war der Tag fast vorüber. Nach allem, was ich gehört hatte, war vor dem kommenden Morgen keine neue Abstimmung mehr geplant.
    Da Borgia vermutlich nach den Mühen des Tages in sein Quartier zurückkehren würde, machte ich hastig kehrt, um

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