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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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Versteck auf die Spur zu kommen. Aber in diesem Fall war die Mühe umsonst, da meine Truhe einen genialen Mechanismus besaß, um das Geheimfach vor fremdem Zugriff zu schützen. Um es zu öffnen, musste man an den vier Außenseiten der Truhe jeweils bestimmte Holzstücke in einer festgelegten Reihenfolge so verschieben, dass sich der verborgene Mechanismus löste. Wenn man alles richtig machte, ließ sich der Boden bewegen und gab den Hohlraum frei. Eine einzige falsche Bewegung – und nichts rührte sich.
    Mein Vater hatte mich schon als Kind in das Geheimnis der Truhe eingeweiht. Seines Wissens stammte sie von einem Seemann aus dem Fernen Osten, mit dem er sich angefreundet hatte und in dessen Heimat solche Kisten üblich waren. Woher auch immer meine Truhe stammte, sie war jedenfalls sicherer als jede Kassette und hatte ihr Geheimnis viele Jahre über trefflich gehütet.
    Als sich der Boden gelöst hatte, nahm ich ihn vorsichtig heraus und legte ihn beiseite. Das Fach darunter war so
gestaltet, dass die versiegelten Glasröhrchen und Fläschchen sicher untergebracht waren. Mein Vater hatte jedes Einzelne sorgfältig beschriftet. Mindestens so wichtig aber waren die Aufzeichnungen unserer Experimente und Entdeckungen.
    Der Inhalt des Geheimfachs war alles, was ich in der kurzen Zeit nach dem Tod meines Vaters unbemerkt hatte zusammenraffen können, bevor die Wachen des Kardinals die Räume durchsuchten. In seinem kleinen Arbeitsraum hinter den schweren Vorhängen entdeckten sie Regale mit verschiedenen Chemikalien und einige Tische mit Gerätschaften – solche, wie Rocco sie fertigte, aber auch Skalen, Mörser, Steine zum Zermahlen und Ähnliches. Für ihre ungeübten Augen schien nichts zu fehlen. Also zogen sie sich eilig zurück, wobei sich einige von ihnen sogar bekreuzigten, und versiegelten die Tür.
    Hätte der Spanier lange genug gelebt, hätte er auf den ersten Blick gesehen, dass bestimmte Sachen fehlten. Es wäre unweigerlich zu Fragen gekommen. Wie dem auch sei, er hatte nicht genug Zeit gehabt, um diese Entdeckung zu machen. Und ich hatte mein Geheimnis gewahrt.
    Ich setzte mich auf den Boden und studierte sorgfältig die letzten Eintragungen meines Vaters, die allerdings Monate zurücklagen. Außer fehlenden neuen Einträgen konnte ich nichts Ungewöhnliches feststellen. Solange mein Vater seine Aufgaben im Haushalt des Kardinals pflichtgemäß erfüllte, durfte er in seiner freien Zeit auch eigene Forschungen betreiben. Dazu gehörte unter anderem die Suche nach alcahest , einer Flüssigkeit, in der alle Substanzen gelöst werden konnten und die, wie er glaubte, als Grundlage für Arzneien dienen könnte, die jede Krankheit besiegten.

    In meinen Augen war es nicht ungewöhnlich, wenn ein Giftkundiger wie mein Vater nach einem Schlüssel suchte, um Leben zu retten. Dazu kannte ich meinen Vater zu gut. Es beunruhigte mich höchstens, dass ihn seine Forschungen dazu veranlasst haben könnten, die Natur der Krankheit selbst zu hinterfragen, ein gefährliches Unterfangen in einer Welt, die das Leiden allein mit dem Willen Gottes erklärte. In den Aufzeichnungen fand ich jedoch keinerlei Hinweis darauf. Im Grunde fand ich überhaupt nichts.
    Entmutigt legte ich die Papiere in das Geheimfach zurück und schloss die Truhe. Zum Aufstehen musste ich all meinen Willen und meine Kräfte aufbieten. Während ich noch überlegte, doch ein Mittel einzunehmen, klopfte es an der Tür.
    Ich öffnete und sah mich Vittoro Romano gegenüber. Er verbeugte sich elegant, ohne dass seinen wachsamen Augen auch nur das Geringste entging.
    » Buonasera , Donna Francesca. Seine Eminenz verlangt nach Euch.«
    Borgia hatte ausgerechnet den Hauptmann der Wache als Boten geschickt? Höchst unwahrscheinlich – außer der Kardinal bereute seine Milde inzwischen. Aber dann hätte der Hauptmann wohl nicht gelächelt.
    »Wie nett, dass Ihr selbst gekommen seid, capitano .«
    Der Hauptmann verhehlte nicht, dass er es als ungewöhnlich ansah, dass in einer solch geringfügigen Sache seine Anwesenheit erforderlich war.
    »Vor ein paar Stunden hat es ganz in der Nähe einen Zwischenfall gegeben, und ich frage mich, ob Ihr etwas darüber wisst.«
    Während er das sagte, starrte er mir unverwandt ins Gesicht,
das mindestens genauso steif war und schmerzte wie mein übriger Körper. Ich hatte das Gefühl, als wäre es mit Blutergüssen übersät.
    »Einen Zwischenfall? Tatsächlich? Welcher Art denn?«
    »Das ist nicht bekannt. Es könnte

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