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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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Schwierigkeiten«, sagte eine andere Stimme, bevor mich der nächste Schlag traf und sich eine Stiefelspitze schmerzhaft in meine Rippen bohrte. »Oder du endest so wie dein Vater!«
    Ich bekam keine Luft mehr, und mein Herz hämmerte so wild, dass ich schon glaubte, es würde zerbrechen. Schmerz erfüllte mich und dazu panische Angst. Wie aus weiter Ferne hörte ich:
    »Für heute lassen wir es dabei bewenden. Lerne daraus, wenn du leben willst.«
    Ich krümmte mich zusammen, hasste die Männer, hasste mich selbst. Und vor allem hasste ich das Entsetzen, das mein Vater in seiner Todesstunde gefühlt haben musste.
    Dann war plötzlich alles vorbei. Die Angreifer waren fort. Nur die harten Kanten der Pflastersteine spürte ich noch, roch den üblen Gestank der Gosse und merkte, wie die kühle Luft über meine entblößte Haut strich.
    Eine alte Frau sah von dem flachen Dach über einem Laden auf mich herab. Die Kunden hatten sich beim ersten Anzeichen des Streits in Sicherheit gebracht. Und die Alte grinste mit zahnlosem Mund, weil die Prügelei im Dreck sie bestens unterhalten hatte.

4
    Ich schlüpfte durch eine wenig benutzte Seitentür zurück in den Palazzo und musste meine schmerzenden Rippen stützen, während ich über eine geheime Treppe innerhalb der Mauer nach oben stieg. Nachdem ich ungesehen meine Räume erreicht hatte, sank ich zitternd aufs Bett und überließ mich einige Augenblicke lang einem Sturm der Gefühle, der mich zu überwältigen drohte.
    Diese Männer hatten mir aufgelauert, oder sie waren mir unbemerkt gefolgt. In jedem Fall hatte man mich absichtlich überfallen, wie man zweifellos auch meinem Vater aufgelauert hatte. Aber warum nur? Was hatte er getan, dass man ihn dafür ermorden musste? Woran wollte man mich hindern?
    Auch wenn mich diese Fragen quälten, so war die Trauer um meinen Vater bei weitem stärker als die Angst um meine eigene Person. Bisher hatte ich mir vorzustellen versucht, was mit meinem Vater geschehen war. Doch jetzt wusste ich, wie schrecklich seine letzten Augenblicke waren. Dieses Wissen nährte den abgrundtiefen Hass, der in mir emporstieg und mit jedem schmerzenden Atemzug wuchs.
    Ich hasste die Männer, die mich misshandelt und zum
Weinen gebracht hatten. Ich hasste die Mörder meines Vaters – falls es nicht dieselben Männer waren, so machten sie mit Sicherheit gemeinsame Sache. Und vor allem hasste ich den Menschen, der den Befehl zu dieser Tat gegeben und sich nicht selbst die Hände schmutzig gemacht hatte und nun irgendwo an einem verschwiegenen Ort saß. Er würde mehr leiden als jeder andere. Dafür wollte ich sorgen.
    Irgendwann setzte ich mich mühsam auf und trocknete meine Tränen. Ich konnte niemanden zu Hilfe rufen, wollte ich keinen Mahlstrom an Gerüchten und Vermutungen in Gang setzen. Also musste ich mich selbst um meine Verletzungen kümmern. Unter Stöhnen entledigte ich mich meiner Kleider und musste mir mehrmals auf die Lippen beißen, um nicht laut aufzuschreien. Meine Rippen und mein Magen waren am schlimmsten betroffen, aber auch an Armen und Beinen bildeten sich große Blutergüsse. Als ich über die Schulter in den Spiegel sah, zeichneten sich auf meinem Rücken überall dunkle Blutergüsse in Form von Stiefelspitzen ab.
    Es kostete mich unendliche Mühe, eine heilende Salbe auf die am schlimmsten betroffenen Hautstellen aufzutragen und die Rippen, die sicher gebrochen waren, fest zu verbinden. Nachdem es geschafft war und ich wieder saubere Sachen trug, zitterten meine Hände, und ich war so erschöpft, dass ich mich aufs Bett zurückfallen ließ, mich auf ein Polster stützte und nur betete, dass mir der Schlaf Vergessen schenkte.
    So geschah es auch, nur nicht für lange. Viel zu früh weckte mich der Schmerz, der meinen Körper heimsuchte. Ich überlegte, ob ich ein Mittel einnehmen sollte, um meine
Qual zu betäuben, aber gleich darauf beschloss ich, es nicht zu tun. Je mehr man den Schmerz betäubte, desto mehr verlor man die Kontrolle. Und das konnte ich mir unmöglich leisten. Stattdessen zwang ich mich, vom Bett aufzustehen, und kniete neben meiner Truhe nieder. Es kostete mich alle meine Kraft, den Deckel zu öffnen, sodass ich immer wieder innehalten und wegen der stechenden Schmerzen langsam atmen musste. Stück für Stück nahm ich alle meine Kleidungsstücke heraus, bis ich, wie es schien, den Boden erreicht hatte.
    Wer in einer Truhe einen falschen Boden vermutet, sucht für gewöhnlich nach einem Riss im Holz, um dem

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