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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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den harten Boden eines Behältnisses geworfen. Ich hörte noch, wie ein hölzerner Deckel geschlossen wurde … und im nächsten Moment rollte man mich bereits davon.
    Einige Minuten lang tat ich nichts, als mich bei jeder Drehung möglichst geschickt an den Seiten abzustützen. Dem Geruch nach zu urteilen, befand ich mich in einem großen Gurkenfass. Offenbar hatte man es soeben erst geleert, denn das Holz war noch mit Lake vollgesogen, und der Gestank biss mir in der Nase. Ich konnte kaum atmen und musste alle meine Kräfte aufbieten, damit ich nicht ständig gegen das Holz geworfen wurde. Trotzdem versuchte ich, die
Kapuze herunterzuziehen, und musste feststellen, dass sie um den Hals herum verschnürt war.
    Die Wegstrecke, die wir zurücklegten, war vielleicht nicht sehr lang, aber mir kam sie unendlich vor. Zu meinen alten blauen Flecken kamen noch einige neue hinzu, als das Fass über eine Treppe abwärtspolterte, bis es endlich zum Stillstand kam. Vermutlich im Keller.
    Ob es Gottes Wille war, dass ich starb, bevor ich unverzeihliche Sünden auf mich laden konnte? Ich versuchte, mich für das zu stählen, was nun kam. Ich hörte, wie der Deckel aufgestemmt wurde, und dann zerrte man mich ebenso grob heraus, wie man mich zuvor hineingeworfen hatte. Harte Hände drückten mich auf einen Stuhl. Einen Moment lang geschah gar nichts. Dann hörte ich die Stimme eines Mannes.
    »Was wollt Ihr hier?«
    Was ich hier wollte? Hatte man mich nicht gegen meinen Willen hergebracht? Weshalb nahm er an, dass ich etwas wollte?
    Dabei hatte ich einen innigen Wunsch, für den ich als Preis sogar die ewige Verdammnis auf mich nahm. Wie gesagt, es war auf seltsame Weise befreiend.
    »Ich möchte meinen Vater rächen.« Ich selbst hörte meine Stimme nur undeutlich, aber ich sprach die Worte klar aus. Was der Mann wohl damit anfing?
    Einige Sekunden vergingen. Dann knotete man die Kapuze auf und zog sie mir vom Kopf. Ich blinzelte in das Dämmerlicht, das unterhalb der Decke durch kleine Schlitze auf Straßenhöhe in den Raum drang.
    »Zumindest ist sie ehrlich«, sagte ein anderer.

    Offensichtlich waren mehrere Personen anwesend, aber in dem Dämmerlicht konnte ich nur ihre Gestalten, aber keine Gesichter ausmachen.
    »Vielleicht sind wir es ja nicht einmal wert, angelogen zu werden«, entgegnete der Erste und lachte. »Ist es nicht so, Giftmischerin?«
    »Das kann ich nicht entscheiden«, gab ich zurück. »Ich weiß ja nicht einmal, wer ihr seid.«
    »Wir sind Juden«, antwortete der andere. »Reicht das nicht?«
    So unrecht hatte der Mann nicht. Mein Leben lang hatte ich Sprüche gehört wie, »Die Juden machen dies …« und »die Juden machen das …«. Man bezeichnete sie immer nur als Einheit, als ob sie alle denselben Makel hätten, in dieselben Verschwörungen verstrickt seien und dasselbe Schicksal verdienten. Sah ich sie jetzt anders, weil mein Vater vielleicht einer von ihnen war?
    »Und was wollt Ihr ?«, fragte ich zurück, um meine Unsicherheit zu verbergen.
    »Dasselbe wie Ihr«, sagte der erste Mann und trat ins Licht.
    Er war jung, vielleicht ein paar Jahre älter als ich. Außerdem groß und breitschultrig. Mit dem dunklen, lockigen Haar, seinen strengen Gesichtszügen und den stechend schwarzen Augen sah er aus wie ein Spanier. Aber er war ein Jude, ein gut aussehender Jude. Der Gedanke war so neu für mich, dass ich den Mann nur anstarren konnte.
    Er setzte sich mir gegenüber auf einen Hocker. Aus der Nähe hätte ich ihn wegen seiner schimmernden Augen eher für ein Modell von Botticelli gehalten. Botticelli teilte meine
Vorliebe für Dante und hatte vor einigen Jahren die erste Ausgabe der Divina Commedia illustriert, was für große Aufregung sorgte. Dabei glaubt doch niemand ernsthaft, dass der mechanische Druck jemals die Kunstfertigkeit und die Schönheit eines handgeschriebenen Manuskripts erreichen kann, sondern höchstens etwas Neues schafft. Aber ich schweife ab. Das mache ich gern, wenn ich nervös bin. So weit hatte mich dieser Mann immerhin gebracht.
    »Ich bin David ben Eliezer«, sagte der Mann, »und ich entschuldige mich ausdrücklich für die Art, wie wir Euch hierhergebracht haben, Signorina Giordano. Aber wir müssen vorsichtig sein.«
    »Ihr habt ein Kind benutzt, um mich herzulocken. Wo bleibt da Eure Moral?« Da meine Angst schwand, verfiel ich wieder in den schroffen Tonfall, der mir zugegebenermaßen eigen ist.
    Ben Eliezer schrak kurz zurück. Doch er erholte sich rasch, das muss

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