Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
den Gerüchten glauben konnte, so hatte sich sein Zustand sogar gebessert.
»Was macht Innozenz mit dem Blut?«, fragte ich.
»Er trinkt es«, sagte Ben Eliezer. »Vielleicht glaubt er ja, dass Gott es ihm zuliebe in Wein verwandelt.«
Er musste lachen, und einige der Umstehenden stimmten ein. Wenn ich nicht an das Schicksal der Jungen hätte denken müssen, hätte mich der Gedanke, dass der Heilige Vater, der Führer der Christenheit, auf diese Weise die heilige Messe verhöhnte, ebenfalls erheitert.
»Wer bereitet den Trank zu?«
»Wir vermuten, seine Ärzte«, sagte Sofia. »Bevor Ihr fragt: Nein, keiner von ihnen ist Jude. Innozenz duldet weder Juden noch Muslime in seiner Nähe.«
»Und wie steht es mit den conversi ?«, fragte ich.
»Das ist eine andere Sache«, meinte Ben Eliezer. »Es sind natürlich viele Gerüchte im Umlauf, aber soweit wir wissen, gibt es im Vatikan keine Konvertiten.«
»Ihr wärt der Letzte, der das erführe.« Aus Angst vor Entdeckung meidet jeder converso die Gesellschaft der Juden. Falls mein Vater zu ihnen gehörte, was ich immer noch nicht glaubte, so war er eine Ausnahme. Obwohl ich so weit gar nicht denken wollte, erklärte es vielleicht, was ihm widerfahren war.
Wir schwiegen einige Augenblicke. Ich überlegte, was ich Neues erfahren hatte und was ich damit anfangen konnte, als Sofia mich ansah.
»Werdet Ihr uns helfen?«
Ich zögerte keine Sekunde, und meine Antwort war klar und unwiderruflich.
»Nein, auf gar keinen Fall.«
11
Es waren die dreistesten oder gar dümmsten Worte, die ich jemals von mir gegeben habe. Vermutlich traf beides zu. Nicht einmal, als ich Borgia herausgefordert habe, um an die Stelle des Spaniers zu treten, war ich so weit gegangen.
Ben Eliezer, Sofia und alle anderen erstarrten, als sie der unvermeidlichen Katastrophe entgegensahen. Mit dem Wissen, das sie mir anvertraut hatten, war ich eine große Gefahr für sie, und sie würden erkennen, dass ich den Keller nicht lebend verlassen durfte.
Trotzdem … meiner Meinung nach blieb mir keine Wahl.
»Ich werde euch auf keinen Fall helfen«, bekräftigte ich meinen Standpunkt. »Die Sache ist viel zu gefährlich für euch.« Und bevor sie widersprechen konnten, fügte ich hinzu: »Ich erlaube euch allerdings, mir zu helfen.«
Unter anderen Umständen wäre Ben Eliezers Gesichtsausdruck mehr als komisch gewesen. In diesem Moment begriff ich, dass er etwas mit Cesare Borgia gemeinsam hatte: An ein Nein von einer Frau war er nicht gewöhnt.
Sofia dagegen schien sich zu freuen.
»Ihr denkt, dass Ihr die Verantwortung tragen solltet?«
»Meiner Meinung nach geht es nur so«, antwortete ich. »Weder kennt ihr jemanden innerhalb des Vatikans, noch könnt ihr irgendwelche Verbindungen dorthin knüpfen. Aber genau hier liegt der Schlüssel zu unserem Erfolg. Überdies habt ihr nicht einmal die Unterstützung eurer eigenen Leute.« Ich deutete in die Runde. »Sonst müsstet ihr euch nicht an einem solchen Ort treffen.«
»Die Rabbis hoffen immer noch, dass sie die Lage durch Beten ändern können, aber die Kaufleute unter uns möchten uns lieber freikaufen«, begann Ben Eliezer, aber Sofia fuhr ihm über den Mund.
»Sie hat recht, David. Ihr solltet ihr dankbar sein. Das spart eine Menge Zeit.« Sie wandte sich an mich. »Seid Ihr bereit, den Versuch zu wagen?«
»Nein, nicht sofort. Zuvor muss ich klären, ob mein Vater eine Verbindung zum Vatikan hatte. Außerdem muss ich mich vergewissern, dass derjenige erneut bereit ist, uns zu unterstützen.« Ich sagte allerdings nicht, dass ich noch keine Ahnung hatte, wie ich das bewerkstelligen sollte.
»Aber wir haben wenig Zeit«, warnte Ben Eliezer. »Das Edikt kann jederzeit erlassen werden.«
»Das ist richtig«, sagte ich. »Wir haben höchstens ein paar Tage. Das hat Borgia bereits klargestellt.«
Ich sah, wie Sofia und Ben Eliezer einen besorgten Blick wechselten.
»Der Kardinal weiß doch angeblich alles. Vielleicht weiß er ja auch etwas über die Verbindungen Eures Vaters«, schlug Ben Eliezer vor.
»Borgia weiht mich so weit wie möglich in die Sache ein«, entgegnete ich. Ich wusste, dass sich bei Borgia Skrupellosigkeit
und Klugheit in etwa die Waage hielten. Nur so war er so weit gekommen, dass er sich um das höchste Amt der Christenheit bewerben konnte.
»Er will mit der Sache nichts zu tun haben«, fuhr ich fort. »Falls wir scheitern, wird er uns den Wölfen zum Fraß vorwerfen. Darüber müsst ihr euch im Klaren
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